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Akasha 03 - Das Exil der Messianer

Akasha 03 - Das Exil der Messianer

Titel: Akasha 03 - Das Exil der Messianer
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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Art. Neue Abhängigkeit: diesmal von den automatischen Distributoren, den Sozialrestaurants und anderen Einrichtungen, die nicht auf der Grundlage elaborierter Gewinn-und-Verlust-Kalkulationen betrieben werden (es sind nur wenige) ...
    »Und welchen Sinn hat körperliche Unsterblichkeit, wenn die Seele immortal ist?« fragte der Präzeptor. Djamenah schwieg zunächst, wartete ab. Als der Messianer sie weiterhin wortlos ansah, gab sie Antwort.
    »Meine körperliche Unsterblichkeit ist relativ. Der Alterungsprozeß des Gewebes ist angehalten, aber ich kann verletzt werden. Und sind die Verletzungen ernst genug, sterbe ich. Echte Unsterblichkeit gibt es in Form von Erinnerungen, in Kindern und Freunden.« Sie zögerte. »Darüber haben wir schon vor langer Zeit gesprochen«, fügte sie hinzu.
    Wieder nickte der Präzeptor, wandte den Blick nicht von ihr.
    Die Agonie wühlt in ihrem Leib, zerreißt die Doppelhelix ihres genetischen Codes, stimuliert die Zellen zu wucherndem Wachstum. Sie taumelt, hält sich an etwas fest. Irgendwo auf ihrer Haut, nun gleich an mehreren Stellen, bewegt sich etwas, wächst und sticht, teilt sich und gedeiht, nährt sich an ihr. Die Autogene Biokontrolle funktioniert nicht mehr ...
    Die Kristalle klirrten, bewegten sich in einem Wind, der nur für sie zu existieren schien. Er war wie eine Melodie, die das Schwarze Zimmer durchflüsterte, sanft und zugleich disharmonisch.
    »In Form von Erinnerungen, ja«, bestätigte der Präzeptor. Djamenah wußte noch immer nicht, auf was der Messianer hinauswollte. Ihr war kalt, und ein diffuses Unbehagen. Eine Prüfung, ein letzter Test. Von welcher Art?
    »Was aber, wenn Erinnerungen nicht an Gehirnzellen gebunden sind, wenn sie sich der atomaren Struktur des betreffenden Individuums einprägen, wenn sie ihren Niederschlag finden in der Struktur der Elektronenschalen, in der Beschaffenheit der Nukleonen? Und was wäre, wenn diese Erinnerungsprägungen auch nach dem individuellen Tod erhalten blieben, nach dem Zerfall der Moleküle in ihre einzelnen Bestandteile, nach der Metamorphose des Organischen?«
    Djamenah hatte längst gelernt, daß es in den Worten eines Präzeptors keine Beiläufigkeiten gab, und sie dachte über die Fragen ihres Lehrers nach.
    »In einem solchen Fall«, erwiderte sie vorsichtig, »wäre tatsächlich jeder Geist unsterblich, denn Intelligenz bildet sich auf der Grundlage von Erinnerungen und ihren Verknüpfungen, aus denen Erwartungen und Assoziationen entstehen. Gleichzeitig muß eine solche Prämisse zu der Schlußfolgerung führen, daß wir selbst ein Konglomerat aus fremden Erinnerungen darstellen, denn unsere Körpermasse besteht zumindest zum Teil aus Atomen, die vorher Molekülverbände in anderen Individuen formten. Es würde ferner bedeuten, daß alles um uns herum belebt ist, jeder Stein, jedes Staubkorn, selbst die Photonen des Lichts. Es würde bedeuten, daß sich unser Geist zusammensetzt aus Myriaden von fremden Erinnerungen.«
    »Das Urgedächtnis«, sagte der Präzeptor und lächelte zufrieden. »Und gleichzeitig die elementarste aller Evolutionen: die des Bewußtseins.«
    »Ich verstehe«, antwortete Djamenah, war sich aber nicht ganz sicher, ob es der Wahrheit entsprach. Die Implikationen dessen, was der Messianer andeutete, drohten zunächst über die Grenzen ihrer Vorstellungskraft hinauszugehen. Nach und nach jedoch setzte ein Erkenntnisprozeß ein, und sie begann damit, die einzelnen Mosaiksteine der Begriffsanalyse zu einem einheitlichen Bild zusammenzufügen.
    Der Schmerz wird immer heftiger, und erneut wankt Djamenah. Die mobile Insel bewegt sich über eine weite Wasserfläche, die sich zum Horizont hin nach oben wölbt, und die Wogen schäumen auch über ihr, in einer Entfernung von knapp hundert Normkilometern. In ihrer Nähe vernimmt sie Stimmen, dann und wann richten sich die neugierigen Blicke der anderen Reisenden auf sie. In dem grünblauen Wasser schwimmen Gebilde, die aussehen wie große Algenteppiche mit pseudopodienartigen Fortsätzen. Sie weiß, daß es sich auch dabei um Gagòsch handelt, die Informatiker dieses Habitats. Jedes Molekül im türkisfarbenen Ozean entspricht einem Datenkomplex.
    Erinnerungen.
    »Der Verstand eines jeden intelligenten Wesens funktioniert auf der Basis des Urgedächtnisses, und dieses Urgedächtnis ist universal. Die meisten Individuen jedoch sind nicht dazu in der Lage, die Informationen dieser Basis für sich selbst zu verwerten. Sie sind nichts als Schatten,
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