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Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten
Autoren: Kenneth Oppel
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ich die Kante des Kartentischs. Die Mannschaft suchte taumelnd nach Halt. Mr Schultz wurde vom Höhenruder weggeschleudert, und einen Moment lang wirbelte es unkontrolliert herum, bis er und Mr Curtis sich auf das Ruder warfen und darum kämpften, das Schiff wieder abzufangen. Wir steckten in den mächtigen Abwinden des Sturms.
    »Sechshundert Fuß, Sir«, meldete Mr Curtis.
    Sechshundert Fuß! Das hieß, wir waren schon dreihundert Fuß gefallen!
    »Höhenruder hart nach oben«, befahl der Kapitän.
    »Es steht schon maximal hoch«, gab Mr Schultz zur Antwort.
    »Fünfhundert Fuß, Sir«, meldete Mr Curtis.
    Ich konnte den Höhenmesser nicht sehen, aber hören. Er stieß regelmäßige Schallimpulse in Richtung Boden aus, und an der Geschwindigkeit, mit der das Echo eintraf, konnte der Höhenmesser unsere Höhe berechnen. Jedes Mal ließ er dabei ein lautes Biep hören und dann ein leiseres Biep, wenn das Echo kam. Bei normaler Flughöhe von achthundert Fuß lagen rund zwei Sekunden zwischen den beiden Geräuschen und man nahm sie nicht stärker wahr als den eigenen Herzschlag.
    Mr Curtis hatte offenbar den Ton anders eingestellt, denn nun dröhnten die Signaltöne durch die ganze Gondel.
    BIEP … biep … BIEP … biep …
    Ich blickte durch die Glasplatten im Boden nach unten, sah aber nur Wolken. Mein Magen sagte mir allerdings, dass wir immer noch fielen, doch nicht mehr ganz so schnell.
    »Abgefangen bei vierhundertfünfundzwanzig Fuß, Sir«, meldete Mr Curtis erleichtert.
    Ich holte tief Luft, doch dann sackte das Schiff wieder ab. Erneut stieg die Schwerelosigkeit in mir auf. Ich hatte keine Angst vor dem Fallen, sondern vor dem Aufschlag auf dem Wasser.
    »Dreihundertundfünfzig Fuß!«
    BIEP, biep, BIEP, biep …
    »Ballasttanks zu einem Drittel ablassen!«, brüllte der Kapitän.
    Ich hörte ein metallisches Klicken, als die Luken geöffnet wurden, und dann das Wasser Richtung See herausschießen.
    »Dreihundert!«
    »Windstärke zwölf aus Südwest!«
    Es war wie Wellenreiten: Man konnte spüren, wie das Schiff kämpfte, um die Höhe zu halten, und dann mit einem gewaltigen Schlag, der das gesamte Gerüst beben ließ, nach unten ruckte. Die Maschinisten in den Motorgondeln mussten um ihr Leben fürchten und darum beten, dass die Verbindungsträger nicht brachen.
    Dass wir nun leichter waren, schien das Absacken nicht zu bremsen. Ich blickte Mr Domville an. Er hatte die Augen auf die Karte gerichtet, die er selbst jetzt auf den neuesten Stand brachte. Seine Hand zitterte nicht.
    »Zweihundertfünfzig!«
    BIEP biep, BIEP biep …
    »Ballasttanks zur Hälfte!«, schrie der Kapitän.
    »Zweihundert!«
    »Geh hoch, du altes Wrack!«, fluchte Kapitän Tritus.
    Das Brüllen der Motoren, verstärkt durch die kompakten Wolken, ließ jeden Träger und jede Niete vibrieren. Es tat mir weh, wenn ich an die Belastung der Höhenruderflossen dachte.
    »Hundertfünfzig, Sir!«
    Bi-bi-bi-bi …
    »Ballast aus allen Tanks!«, bellte Tritus. »Bis zum letzten Tropfen!«
    Nur wenn ein Desaster drohte, würde ein Kapitän etwas Derartiges befehlen. Ich blickte durch das Bodenfenster nach unten, sah aber nur Grau. Dann plötzlich sackten wir durch und ich schrie auf. Keine fünfzig Fuß unter uns war die See, die aussah wie zerbrochenes Glas. Windgepeitschte Gischt jagte über die tief aufgewühlte Wasseroberfläche. Ich wollte die Augen schließen, konnte es aber nicht.
    Biiiiiiiiiii …
    Der Höhenmesser gab nur noch einen Dauerton von sich. Die Leute suchten Halt an dem, was sie gerade erwischen konnten. Die See würde uns bekommen. Ich dachte weder an meine Mutter oder meinen Vater noch an meine Schwestern oder Kate. Mein Kopf war völlig leer.
    Dann plötzlich fühlte ich mich schwerer.
    Wir stiegen!
    »Fünfundsiebzig Fuß!«, rief Mr Curtis.
    »Verschließt die Ballasttanks!«, bellte der Kapitän. »Rettet, was möglich ist. Das brauchen wir noch!«
    »Wir sind aus dem Abwind raus, Sir«, sagte Mr Curtis und sah dabei verdrießlicher aus denn je.
    »Das ist noch nicht vorbei«, murmelte Kapitän Tritus düster.
    Er hatte Recht. Nur Sekunden später war ich plötzlich schwer wie ein Elefant und in meinen Ohren schrillte es wegen der plötzlichen Höhenänderung. Neben mir gaben Mr Domvilles Knie nach, und hätte ich ihn nicht schnell gepackt, wäre er zusammengebrochen. Nachdem wir den Abwind des Sturms durchbrochen hatten, steckten wir nun in seinen Aufwinden. Ohne Fracht und nahezu ohne Ballast waren wir schon
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