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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin
Autoren: Manfred Böckl
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immer bloß kaltes Metall vor die Füße geworfen worden. – Agnes Bernauer, geduckt, krümmte wie ein verbiestertes Kind jetzt auch noch die Zehen ein, dann verschlang sie hastig den letzten Brocken Brot und verschluckte sich an dem Rest dünnen Weins, der sich noch im Becher befunden hatte. Hustend, stolpernd lief sie sodann hinauf in ihre Kammer, um dem Befehl des Alten nachzukommen, ehe der böse werden konnte.
*
    „Die Badhur’, die Bernauerin – eine solche Schönheit wie die dürft Ihr Euch nicht durch die Lappen gehen lassen, Euer Liebden!“ Angestochen, ziemlich kräftig schon, war der Patrizier, der dem jungen Herzog von Bayern-München diese Worte ins geneigte Ohr raunte, kaum dass Albrecht die Rede auf die einschlägigen Augsburger Etablissements gebracht hatte. „Goldblondes Haar gleich einer Madonna hat sie; man sagt, dass es ihr bis zu den Kniekehlen reicht, so sie es für einen Galan auflöst. Dazu die braunen Augen; fast möchte man meinen, die gehörten zu einer Welschen oder gar einer Zigeunerin – Ihr versteht mich, nicht wahr? Was aber ihren Leib angeht, so fehlen mir einfach die Worte; nur so viel: Denkt Euch eine keusche Jungfer und eine verführerische biblische Salome dazu, und Ihr habt ungefähr das Bild, das ich meine …“ Der Ratsherr brach ab, leckte sich die Lippen, griff schwimmenden Auges nach seinem silbernen Pokal. In sein hastiges Schlürfen hinein drang scharf und spöttisch zugleich die Frage des Wittelsbachers: „Ihr hört Euch an, als hättet Ihr sie nicht nur gesehen, sondern auch gestochen?“
    „Darüber“, der Patrizier rülpste, „schweigt des Sängers Höflichkeit!“
    Albrecht lachte auf; bitter: „Als ob es mir was ausmachen würde! Eine Zubermetze! Eine solche ist für alle da! Ganz wie gewisse hochwohlgeborene Dirnen! Bloß dass es mit den einen Sperenzchen geben kann und mit den anderen nicht! Aber das versteht Ihr nicht, Peutinger! Braucht’s auch nicht! Ich wollte sowieso nur wissen, ob es sich wirklich lohnt mit der … wie hieß sie? … der Bernauerin?“
    „Wenn mit der nicht – dann mit keiner!“, erwiderte der Ratsherr. „In der Gasse Zwischen den Schlachten findet Ihr das Haus, direkt am Lech liegt’s. Wenn Ihr wollt, befehle ich einem Diener, dass er’s Euch zeigt. Oder besser noch: Ich komme selbst mit. Wird mir eh schon fad, das Bankett hier im Bischofspalast. Kein einziges lockeres Weib hier, bloß langweilige Adelswachteln …“ Peutinger besann sich, schluckste erneut, setzte erschrocken hinzu: „Vergebt mir, Euer Liebden! War nicht so gemeint! Ging nicht gegen Euch!“
    „Von mir aus dürft Ihr sie noch ganz anders titulieren“, grinste der Wittelsbacher. „Direkt aus dem Herzen gesprochen habt Ihr mir! Also gut, mein Freund, dann lasst uns aufbrechen, ehe mir noch ein anderer mit seiner Turnierlanze über die schöne Bernauerin kommt. Glaubt Ihr, wir können uns französisch empfehlen aus der illustren Runde hier?“
    „Dass wir zum Brunzen hinaus müssen, kann uns keiner verbieten!“, wieherte derb und verschwörerisch der Patrizier. Der Wittelsbacher stimmte in sein Lachen ein, gleich darauf schritten die beiden Herren untergehakt davon. Im Hof des kirchenfürstlichen Palais standen die Kutschen, Peutinger nannte das Ziel, und wenig später erreichte die Kalesche das verrufene Gebäude, dessen Tor von einer einzelnen blakenden Fackel erleuchtet wurde.
    Der Lärm eines Dudelsacks, untermischt mit quiekenden und trillernden Flötentönen, drang heraus; Weiberkreischen war zu hören und Männerbrüllen dazu – ganz wie der alte Bernauer vermutet hatte, war das Geschäft in der Nacht noch kräftiger aufgeblüht als am Turniertag selbst.
    „Ihr geht vor mir hinein und sorgt dafür, dass es nicht mehr Aufsehen als nötig um meine Person gibt!“, wies Albrecht von Bayern-München den Ratsherrn an. „Ihr könnt Euch denken, dass ich keine Lust verspüre, vom Pöbel begafft zu werden. Regelt das mit dem Bader, ich warte solange hier draußen.“
    „Ihr sollt mit mir zufrieden sein“, versicherte Peutinger. Seine Stimme klang jetzt wieder klarer; die Nachtluft hatte ihn leidlich ernüchtert. Im nächsten Augenblick war er im Badhaus verschwunden; Albrecht, stärker jetzt noch als nach dem Turnier das Ziehen in den Lenden, musste sich eine Weile gedulden, bis der Patrizier in Begleitung des Ehrlosen zurückkehrte. Kaspar Bernauer katzbuckelte vor der Kutsche; Peutinger hatte ihn offenbar restlos eingeweiht. Immer noch in
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