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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin
Autoren: Manfred Böckl
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andere Erbinnen – und möglicherweise solche, die nicht bloß ein Grafenkrönlein tragen! Sobald erst ein bisschen Gras über die vermaledeite Sache gewachsen ist, werden wir uns nach einer neuen Braut für dich umtun …“
    „Am besten gleich nach einer Hur’, dann gibt’s nachher kein böses Erwachen!“, hatte Albrecht gebrüllt, war dann zu den Ställen gerannt, hatte aufsatteln lassen und hatte sich den Rest der Woche im Münchner Umland ausgetobt; rauschig und händelsüchtig die ganze Zeit über. Und dann war endlich der Tag gekommen, da er zum Turnier nach Augsburg aufbrechen konnte. Er hatte gewusst, dass er dort wiederum auf einen Gräflichen treffen würde, und heute war er mit gesenkter Lanze angeritten gegen den Feind und gegen seine eigene Verwirrung und Kotzübelkeit dazu. Über den Stechhof und gleichzeitig durch eine zersplitterte Welt war er geprescht auf dem Rappen; zuletzt hatte der Greifenschild zerdellt im Dreck gelegen, und dieser Anblick hatte so etwas wie eine Erlösung nach einem langen, wüsten Albtraum für ihn, Albrecht, bedeutet.
*
    Nun, da der sechsundzwanzigjährige Herzog von Bayern-München nach seinem quälenden Erinnern wieder zu sich kam, spürte er plötzlich, dass auch die wochenlange Taubheit aus seinen Lenden gewichen war. Sein Blut schien wieder schneller zu kreisen, das Leben endlich wieder handfest zu werden, und dann, während er in das samtene Wams schlüpfte, beschloss der Wittelsbacher, dass der Augsburger Stechtag im Badhaus enden sollte.

GASSE ZWISCHEN DEN SCHLACHTEN IN AUGSBURG
Fasching 1428

Man sagt, das sy so hubsch gewesen sey,
wann sy roten wein getrunken hett,
so hett man ir den wein in der kel
hinab sechen gen.
Veit Arnpeck

    Ein Schluck Wein! Ein bisschen Ausruhen! – Danach verlangte es die siebzehnjährige Tochter des Baders nun schon seit Stunden.
    Der Tag war anstrengend gewesen wie schon lange keiner mehr. Tausende hatten sich vom Turnier in die Stadt locken lassen, und die Vergnügungssüchtigen hatten sich im verrufenen Bernauer-Haus die Klinke förmlich gegenseitig in die Hand gegeben. Von der Frühmesse an bis jetzt, da draußen bereits die Vesperglocken läuteten, war Agnes ständig auf dem Sprung gewesen. Sie hatte die Zecher bedient, hatte zwischendurch Wasserkübel und Feuerholz geschleppt, hatte die Näpfe und Platten mit den Speisen aus der Küche herangebracht. Dann und wann, so einer in den Zubern mehr als die üblichen vier Pfennige für das bloße Baden hatte springen lassen, hatte Agnes auch zum Rutenbüschel gegriffen und hatte damit dem Vorwitzigen das Blut in Wallung gebracht. Dass sie freilich direkt in eine der Wannen steigen solle, bloß mit dem dünnen Hemd bekleidet, hatte der Vater an diesem Tag nicht von ihr verlangt. Dies, obwohl die anderen Reiberinnen 12 heute gerade beim Sündigen mehr als sonst hatten leisten müssen. Agnes hatte den Alten allerdings in Verdacht, dass er sie nicht aus christlicher Nächstenliebe heraus geschont hatte. Eher schien er sie aufsparen zu wollen für die Nacht, wo ihr verlockendes Fleisch ihm dann möglicherweise den höheren Profit eintragen konnte …
    Die Siebzehnjährige seufzte; einmal mehr wünschte sie sich, dass sie in einem anständigen Haus hätte aufwachsen dürfen, nicht in dem gotteslästerlichen in der Gasse Zwischen den Schlachten am Lechufer. Entsetzlich eingezwängt kam sie sich hier manchmal vor; ganz so wie der Fluss, dem draußen die Beschlächtmauern 13 seine Freiheit nahmen. Doch dann sagte sich die Blonde, wie so oft schon, dass das Auflehnen wohl keinen Sinn habe. Immerhin schien es jetzt, mit dem Vesperläuten, vorübergehend ruhiger zu werden in der Badstube, und wenig später nutzte Agnes Bernauer die Gelegenheit, auf die sie den ganzen Tag über gewartet hatte. Mit einem Becher Wein und einem Kanten Brot zog sie sich in eine stille Ecke zurück; während sie aß und trank, erschien ihr der Raum, der doch trotz allem so etwas wie Heimat und Lebensmittelpunkt für sie war, zunehmend wie etwas völlig Fremdes.
    Da standen die Zuber an den Längswänden; dazwischen plätscherte das dampfende Wasser im großen Bassin. Das war jetzt gerade leer, aber in etlichen der Bottiche suhlten sich noch immer Halbbetrunkene; ehrsame Bürger und Handwerker draußen, umso Liederlichere hier drinnen. Die Blonde sah, wie gerade jetzt einer von denen seinen Wanst herumwälzte, sodass Urschel, die dralle Erfahrene, neben ihm im Zuber Platz finden konnte. Und dann hörte Agnes den
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