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Agenten lieben gefährlichen

Agenten lieben gefährlichen

Titel: Agenten lieben gefährlichen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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oben mindestens ein Weißer sein, vielleicht waren es sogar mehrere. Wo aber kamen sie her? In Tefé war nichts davon bekannt gewesen, daß etwa ein Boot den Fluß hinaufgefahren war. Die Expedition Ellens war absolut die erste, die in den Urwald hinter dem See eindrang.
    Moco schwieg, als der Regenguß vorüber war und Palma Flaschen mit Tee anbot, die er im Wasser gekühlt hatte. Aber als sie weiterfuhren, sah er sich genau das Ufer an.
    Nach acht Stunden Flußfahrt schlug José Cascal vor, für heute Schluß zu machen. Die feuchtheiße Hitze laugte sie alle aus, legte sich auf die Lungen, ließ das Herz flattern, umklammerte die Schläfen wie Eisen. Sie saßen zwischen den Kisten herum, schweißnaß, schlaff wie Fieberkranke. Und sie waren doch erst acht Stunden gefahren.
    »Jetzt ein kühles Bad«, meinte Dr. Forster und sah verlangend in den Rio Tefé. »Ein Kopfsprung …«
    »Dann würde das Wasser kurz kochen, und Sie wären in zehn Minuten ein Skelett«, lachte Cascal. »Piranhas – die fragen nicht danach, ob Sie Deutscher sind. Ihr Hunger ist international.«
    Gaio Moco steuerte eine Sandbank im Fluß an und ließ das Boot langsam und vorsichtig mit dem Kiel auf den Sand gleiten. Vier Alligatoren kamen sofort herangeschwommen – es war offensichtlich, daß das ihre Sandbank war. Cascal löste die Auseinandersetzung auf Urwaldart. Er legte sein Gewehr an und traf zwei der häßlichen Echsen ins Auge. Sie drehten sich, peitschten mit den langen, hornigen Schwänzen das Wasser, Blut färbte den Fluß … und dann begann der Rio Tefé wirklich zu kochen, eine Flut von kleinen, blitzenden Leibern fiel über die sterbenden Alligatoren her, zerrissen sie, zerrten mit Mäulern, die nur aus spitzen Zahnreihen bestanden, ganze Fleischbrocken aus den zuckenden Körpern und verwandelten die Echsen in Sekundenschnelle in abgenagte Knochen und wegtreibende Hornschalen.
    Mit aufgerissenen Augen starrte Ellen auf dieses grausame Schauspiel vom Sterben und Überleben in der Natur.
    »So grausam ist alles um uns herum«, sagte Cascal finster. »Señorita – noch können wir umdrehen …«
    »Warum?« Ellen sprang auf die Sandbank. Der Schock war bereits überwunden. »Weil zwei Krokodile gefressen wurden? Meine Herren …« Sie blickte die Männer an, die einzeln aus dem Boot auf die Sandbank kletterten. »Ich will von Ihnen nichts mehr darüber hören, wie gefährlich diese Reise ist. Wer Angst hat, kann umkehren. Ich jedenfalls fahre weiter, das steht fest.«
    »Eine solche Frau zu heiraten, bedeutet Heldenmut«, sagte Fernando Paz, der Laborant, zu Campofolio und schleppte seinen Seesack an Land. »Und dabei sieht sie aus wie ein Engel auf dem Altarbild der Kirche von Santa Barbara.«
    Auf der Sandbank bauten sie ihr erstes Lager auf. Da der Boden zu weich war, um den Zeltpflöcken Halt zu geben, verzichtete man auf die Zelte, baute aus Kisten kleine Zimmerchen, spannte die Zeltleinwand darüber und verkroch sich in sein Häuschen. Campofolio und Paz schliefen sofort ein, als die Abenddämmerung über Fluß und Urwald fiel, Palma kochte noch Tee für den nächsten Morgen und legte seine Flaschen wie Reusen in den Fluß, um sie zu kühlen. Alexander Jesus Guapa rannte von Kistenstapel zu Kistenstapel und fragte, ob alles in Ordnung sei – dann verdrückte er sich auf das Boot und rollte sich zwischen zwei Säcken zum Schlafen zusammen. Auch Cascal zog sich zurück. Beim Schein einer kleinen Taschenlampe maß er die Strecke auf der Karte nach, die sie heute gefahren waren. Die Geschwindigkeit, die das Boot gemacht hatte, ließ ihn leicht die Kilometer errechnen.
    Die Müdigkeit, die alle überfallen hatte, war bleiern. Palmas saftige Schweinelendchen waren köstlich, wurden aber nicht gelobt – man war einfach zu müde dazu.
    Dann war die Nacht da – eine zauberhafte Tropennacht mit einem Sternenhimmel wie im Märchen. Der Urwald roch jetzt nach Verführung, selbst das Wasser des Rio Tefé duftete stark nach Gewürzen. In der hohen, schwarzgrünen Wand raschelte und wisperte es, schossen Vögel mit langen Federschwänzen aus dem Dunkel und jagten über den Fluß. Irgendwo sang ein unbekannter Nachtvogel, schöner als die Nachtigall, langgezogen, süß, mit einer schwebenden Melodie.
    Am nächsten Morgen, nach einem Frühstück, für das Palma wieder gelobt wurde, denn einen Koch muß man bei Laune halten, sonst hat der Magen darunter zu leiden, setzten sie die Flußfahrt fort. Cascal errechnete ungefähr siebzig
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