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Agenten lieben gefährlichen

Agenten lieben gefährlichen

Titel: Agenten lieben gefährlichen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gebirge vom Herzen gefallen, als er in mir den Verrückten gefunden hatte, der Sie begleiten will. Ich brauche Ihnen ja nicht zu sagen, wie Ihr Vater über Ihre Pläne denkt.«
    »Nein, das weiß ich. Aber ich bin alt genug, und das Leben als reiche Tochter eines noch reicheren Vaters kotzt mich an. Ich bin nicht Ärztin und Bakteriologin geworden, um im Labor der väterlichen Fabrik Glaskolben und Reagenzgläser zu schwingen und Viren unter dem Mikroskop wimmeln zu sehen. Ich habe andere Pläne.«
    »Ich weiß.« Dr. Forster hatte dann Ellen untergefaßt, und sie waren zu dem Jeep gegangen, der auf dem Flugfeld wartete. Dort saß Alexander Jesus Guapa am Steuer und grinste breit.
    »Wer ist denn das?«
    »Meine erste Neuerwerbung. Treu wie ein Hund und geschickt wie ein Fuchs!« Sie war stehengeblieben und hatte die Hände in die Seiten gestemmt: »Ich habe Sie also auf dem Hals?«
    »Ja. Der Finanzier will es so. Väterchen ist glücklich, daß ich aufpasse.«
    »Das wird eine Mordsarbeit werden, Rudolf.«
    »Darüber bin ich mir im klaren. Einen schwarzen Panther zu dressieren ist wahrscheinlich wesentlich leichter. Aber Sie müssen doch einsehen, daß es für ein Mädchen einfach zu schwer ist, in den unbekannten Urwald zu ziehen, bis zu unerforschten Indianern vorzudringen und deren Pfeilgifte zu analysieren!«
    »Warum? Sind Frauen etwa weniger mutig als Männer? Genau das Gegenteil will ich beweisen. Ihr Männer regt mich auf mit eurer antiquierten Fürsorge für das ›schwache Geschlecht‹! Wir sind nicht schwach – wir sind genauso zäh und widerstandsfähig wie ihr. Außerdem lassen sich aus diesen noch unbekannten Pfeilgiften bestimmt neue Medikamente destillieren, die vielleicht zu einer Revolution auf dem Gebiet der Arzneimittel führen könnten. Denken Sie nur an das Kurare – auch das war und ist schließlich ein indianisches Pfeilgift. Was aber wäre die heutige Anästhesie ohne dieses Kurare!«
    Dr. Forster hatte es damals aufgegeben, Ellen zu widersprechen. Er dachte an die monatelangen Diskussionen in Stuttgart in der Villa des Millionärs Dr. Donhoven, dessen Arzneimittelwerke ›Don-Medical‹ zu den führenden Herstellern von Heilmitteln in Deutschland zählten, an die langen Abende in Ellens Zimmer und schließlich den Ausbruch des alten Donhoven: »Gut, dann fahr zu deinen Indianern! Laß aus dir einen Schrumpfkopf machen! Sie werden ihre Mühe haben bei solch einem Dickschädel! Du bist alt genug … und ich bin ja nur ein verkalkter Greis!« Es waren schreckliche Stunden gewesen, aber Ellen hatte sich durchgesetzt. Das war ihre stärkste Charaktereigenschaft: Was sie wollte, das boxte sie durch.
    Nun saßen sie also auf der Veranda der Bruchbude am Ufer des Tefé-Sees, das Expeditionsboot, ein flaches, breites Motorboot, das auch im seichten und versumpften Urwaldwasser fahren konnte, war beladen, die Mannschaft war vollzählig, und nur Alexander Jesus rannte jammernd umher und klagte dem sonnenheißen, dampfenden Himmel sein Leid über die Schlechtigkeit der Menschen.
    Die Kiste fehlte wirklich. Er hatte viermal gezählt – das Küchenzelt war gestohlen worden – samt den Töpfen und Pfannen.
    ***
    Am Bootssteg und auf dem Boot war die gesamte Expeditionsmannschaft versammelt.
    Da kontrollierte Fernando Paz, ein Brasilianer spanischer Abstammung, noch einmal seine Kisten. Er reiste als Laborant mit, war verantwortlich für die Mikroskope und den ganzen chemischen Betrieb, der mit hinaus in den Urwald schwamm. Ellen hatte Fernando Paz in Rio de Janeiro angeworben aus einem Labor für Arzneimittelforschung. Er war ein kleiner, wieselflinker Mensch mit tiefbraunen Kinderaugen, ein wenig dick, immer lustig und ein gewaltiger Raucher. Man sah ihn nie ohne Zigarette, und es wurde behauptet, daß er sich nachts den Wecker stelle und viermal für eine Zigarettenlänge Pause vom Schlaf mache.
    Am Ufer saß auf einem Seesack Pietro Campofolio. Auch er war in Rio geboren, aber seine Urgroßeltern waren Italiener gewesen, die Großeltern hatten einen Schuß Indianerblut mitbekommen, seine Eltern wiederum waren italienisch-spanischer Mischung, er selbst dagegen fühlte sich ganz als Italiener, las italienische Zeitungen, schimpfte über die Politik seines Heimatlandes und sang Arien aus Opern von Puccini und Verdi. Er besaß eine gute Stimme, einen Heldentenor, aber er war Anthropologe geworden. Die Geschichte des Menschengeschlechtes hatte ihn von jeher fasziniert – kein Wunder, war er doch in
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