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Agenten lieben gefährlichen

Agenten lieben gefährlichen

Titel: Agenten lieben gefährlichen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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lebte er am Amazonas, aber die Schwüle nach dem täglichen Regen warf ihn jedesmal wieder um. Der Schweiß lief ihm aus den Poren wie Wasser aus einem Sieb. Mit trüben Augen blickte er José an, ohne auf das zu achten, was dieser ins Telefon schrie.
    Von allen Expeditionsteilnehmern war José Cascal die merkwürdigste und geheimnisvollste Gestalt. Er war ein mittelgroßer, schlanker, drahtiger Mann mit jener gelblich-braunen Gesichtsfarbe, die man in Brasilien oft bei Mischlingen findet. Es ist eine Hautfarbe, gemischt aus vielen Völkern, ein Erbe, so bunt wie die Sumpfblumen im Dschungel. Auf der Oberlippe trug José Cascal ein kleines schwarzes Bärtchen, das er sehr pflegte. Die Haare lagen glatt, pomadisiert, um den schmalen Raubvogelkopf. In den braunen Augen lag ein ständiges Lauern und aufsaugendes Beobachten.
    Ellen hatte ihn nicht angeheuert. Er war von allein gekommen; in amtlicher Eigenschaft. Der Gouverneur in Manaus hatte ihn geschickt. Ausweis, Befehl und ein Schreiben an Dr. Donhoven hatte Cascal mit unbewegter Miene vorgelegt. »Ich weiß, Señorita«, hatte er mit der Höflichkeit eines spanischen Granden gesagt, »daß meine Gegenwart nicht erwünscht ist, und ich bliebe auch lieber in Manaus bei den hübschen Mädchen – aber Befehl ist Befehl! Eine Expedition in den unbekannten Urwald muß von einem Regierungsbeamten begleitet werden.«
    »Wozu? Das war bisher nicht üblich. Oh, ich ahne es – dahinter steckt mein Vater!« Sie stampfte mit dem Fuß auf, und Cascal, ein Kenner der Frauenschönheit, bewunderte die temperamentvolle deutsche Ärztin. Dann aber schüttelte er den Kopf:
    »Ihr Vater hat gar nichts damit zu tun. Die Regierung kommandiert mich ab zu Ihrem Schutz.«
    »Ein Mann soll mich vor den Wilden schützen? Das ist doch lächerlich! Glauben Sie, wenn Sie die Regierungsfahne wehen lassen, stehen alle Indianer stramm?«
    »Bestimmt nicht, Señorita. Aber die Regierung ist dazu eingesetzt, überall, wo es möglich ist, ein Auge zu haben.«
    »Aha, ich verstehe.« Ellen lächelte böse. »Ich könnte zum Beispiel den Häuptling der Jumas verführen und damit die Rasse zerstören. Oder ich könnte Goldadern finden und sie selbst ausbeuten. Oder man könnte mich zur weißen Göttin im Urwald machen, fruchtbar wie eine Bienenkönigin!« Sie lachte hart, und Cascal bewunderte wieder ihren herben Charme. »Keine Angst. Ich räume mir die Hindernisse allein weg!«
    Aber die Diskussion war umsonst gewesen. José Cascal blieb als Regierungsbeobachter in Tefé, besorgte – und das war ein Vorteil – neben Jagdgewehren auch zwei Maschinenpistolen aus Militärbeständen und eine Kiste mit in Rollen verpacktem Sprengstoff.
    »Eine solche Krachzigarre wirkt Wunder«, war sein Kommentar gewesen, als Ellen den Sprengstoff abweisend gemustert hatte. »Sie können unser Lebensretter sein. Für die Indios ist dieser Feuerball gleichbedeutend mit einem Herunterfallen der Sonne – das macht uns immer den Weg frei, wenn's nötig ist.«
    José Cascal schielte zu dem schwitzenden Posthalter hinüber und beugte sich tiefer über die Sprechmuschel: »Es steht jetzt fest«, sagte er und betonte jedes Wort. Die Verständigung mit Manaus war saumäßig. Die Telefonleitungen hingen frei in den Bäumen entlang des Amazonasstromes; nur vor den einzelnen Poststationen gab es Maste. »Die Deutsche will in das Gebiet zwischen Rio Repartimento – Rio Juma und Rio Itanhaua. Es ist das Dreieck. Genau das! Ich habe versucht, die Expedition umzulenken zum Rio Coari. Ich habe ihr von den Indios erzählt, die dort wie im Paradies leben, von ihren Pfeilgiften, der Teufel hole sie … sie gibt ihren Plan nicht auf, diese Deutsche!«
    Der Gesprächspartner in Manaus schien zu überlegen. Dann sagte er mit dunkler, harter Stimme: »José, Sie sind mir dafür verantwortlich, daß Dr. Donhoven nicht in das Flußdreieck kommt. Himmel noch mal – es gibt tausend Zuflüsse zum Amazonas, Millionen Quadratmeter unerforschten Urwaldes – warum muß es gerade dieses Eck sein?«
    »Sie hat es sich in den Kopf gesetzt, General.«
    »Dann treiben Sie es ihr wieder aus!«
    »Das geht nicht. Sie kennen die Deutsche nicht, General.«
    »Ein Weib!«
    »Ich würde das nicht so abfällig sagen.« Cascal ärgerte sich. Aus der Ferne, vom weichen Sessel aus, sieht alles anders und leichter aus. Komm hierher, General, dachte er. Beiß dir an Ellen die Zähne aus. Am Telefon brüllen kann jeder. »Ellen Donhoven ist ein Roboter voll
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