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Agent der Sterne

Titel: Agent der Sterne
Autoren: John Scalzi
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implodiert war. Ich kann mir gut vorstellen, dass Tea eine Menge zu seinem Niedergang beigetragen hat, da sie ein schwieriger Mensch ist und zu Wutanfällen neigt, die in keinem Verhältnis zu ihren Erfolgen stehen (ein Album mit drei Singleauskopplungen, die in den Charts jeweils auf die Plätze 9, 13 und 24 kamen, eine weibliche Nebenrolle in einem Vince-Vaughn-Streifen und mehrere Werbespots für Mentos). Sie war knapp unter dreißig (sie bestand hartnäckig auf dem »unter«), was sie zur perfekten Moderatorin ihrer eigenen Talkshow oder eines Infomercials machte. Tea rief etwa einmal pro Woche an und drohte damit, sich einen anderen Agenten zu suchen. Ach, würde sie doch!
    Tony Baltz war ein Charakterdarsteller, der vor einem Jahrzehnt in der Kategorie Beste Nebenrolle für den Oscar nominiert worden war und seitdem alles ablehnte, was keine Hauptrolle war. Was schade war, weil Hauptrollen für untersetzte Glatzköpfe über fünfzig dünn gesät waren und dieses Marktsegment fast vollständig von James Gandolfini abgedeckt wurde. Wir konnten ihn nur gelegentlich für biografische Verfilmungen buchen.
    Der Rest meiner Klienten war eine Ansammlung von Akteuren, die einst etwas gewesen waren, nie etwas gewesen waren, fast etwas gewesen wären oder noch nichts waren, also die Leute, die sich auf der unteren Hälfte der Referenzliste jedes Junioragenten tummelten. Irgendwer muss schließlich den zweiten Speerträger von links spielen, und irgendwer muss so jemanden repräsentieren. Als ich nun mit Carl meine Liste durchging, wurde mir klar, dass ich es ausschließlich Michelle zu verdanken hatte, nicht zu den Agenten zu gehören, die niemals die Chance erhalten würden, über ihren Juniorstatus hinauszukommen. Aber ich beschloss, diesen Punkt nicht anzusprechen.
    »Ich fasse zusammen«, sagte Carl, nachdem ich fertig war. »Sie haben einen Superstar, zwei Mittelfeldspieler, zwei Randfiguren und einen Haufen Lückenfüller.«
    Ich überlegte, ob ich diese Einschätzung netter formulieren sollte, erkannte dann aber, dass es keinen Sinn hätte. Also zuckte ich nur mit den Schultern. »So scheint es, Carl. Meine Klientenliste sieht nicht schlechter aus als die aller anderen Junioragenten in unserer Firma.«
    »O nein, das sollte keine Kritik sein«, erwiderte Carl. »Sie sind ein guter Agent, Tom. Sie kümmern sich um Ihre Leute und verschaffen ihnen Arbeit – und wie Sie heute bewiesen haben, geben Sie sich alle Mühe, sie nicht unter Wert zu verkaufen. Sie sind ein kluger Bursche. In unserer Branche werden Sie es noch sehr weit bringen.«
    »Danke, Carl.«
    »Keine Ursache.« Er schob seinen Stuhl ein Stück zurück und legte die Füße auf den Tisch. »Tom, wie viele von Ihren Klienten könnten Sie problemlos verlieren?«
    »Wie bitte?«
    »Auf wie viele könnten Sie verzichten, ohne einen schlechteren Schnitt zu machen?« Carl wedelte mit der Hand. »Sie wissen schon – sie an andere Agenten abgeben, sie ganz fallenlassen oder was auch immer.«
    Der kleine Mann in meinem Hinterkopf sprang aus seinem Loch und rannte hektisch hin und her. »Keinen!«, entfuhr es mir. »Ich meine, bei allem gebührenden Respekt, Carl, ich kann keinen von ihnen abservieren. Zum einen wäre das nicht fair, und zum anderen brauche ich sie alle. Im Moment macht sich Michelle sehr gut, aber Sie können mir glauben, dass ihre Erfolgssträhne nicht ewig anhalten wird. Sie können nicht von mir verlangen, dass ich alles unterhalb meiner Knie wegschneide.«
    Ich schob mich ein Stückchen vom Tisch weg. »Was geht hier vor sich, Carl? Zuerst die Science-Fiction und nun meine Klienten. Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Langsam werde ich nervös. Wenn Sie mir etwas Schlimmes mitzuteilen haben, kommen Sie einfach auf den Punkt und hören Sie auf, mich zu quälen.«
    Carl starrte mich eine Weile nur an. Es waren die längsten fünfzehn Sekunden meines Lebens. Dann nahm er die Füße vom Tisch und rückte mit seinem Stuhl etwas näher an mich heran.
    »Sie haben Recht, Tom«, sagte er. »Ich habe die Sache nicht besonders geschickt eingeleitet. Dafür möchte ich mich entschuldigen. Ich will es noch einmal anders versuchen.« Er schloss die Augen, atmete einmal tief durch und sah mich dann direkt an. Ich hatte das Gefühl, dass sich meine Wirbelsäule verflüssigte.
    »Tom«, sagte er. »Ich habe einen Klienten. Es ist ein sehr wichtiger Klient, Tom, vielleicht sogar der wichtigste Klient, mit dem diese Agentur jemals zu tun hatte. Zumindest kann
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