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Agent der Sterne

Titel: Agent der Sterne
Autoren: John Scalzi
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Gehry, Le Corbusier, Jay Ward und einer Salmonelle«. Das finde ich unfair gegenüber der Salmonelle. Mein Büro ist ins dickere Ende des Eis im ersten Stock gequetscht, zwischen den Büros all der anderen Junioragenten. Nach dem heutigen Tag kam mir ein Büro am schmaleren Ende im zweiten Stock schon erheblich wahrscheinlicher vor, was die nächste Zukunft betraf. Ich summte gerade die Titelmelodie von Die Jeffersons, als Miranda und ich die Tür zum Besprechungszimmer erreichten und hindurchtraten.
    Darin befanden sich Carl, ein Aquarium und eine Menge leerer Stühle.
    »Tom«, sagte Carl. »Schön, dass Sie gekommen sind.«
    »Danke, Carl«, sagte ich. »Gut, dass Sie diese Besprechung angesetzt haben.« Dann wandte ich mich dem Tisch zu, um die vielleicht wichtigste Entscheidung dieser Zusammenkunft zu treffen: wohin ich mich setzen sollte.
    Wenn man Carl zu nahe ist, wird man als unterwürfiger Speichellecker abgestempelt. Was gar nicht so schlecht ist. Aber damit geht man gleichzeitig das Risiko ein, einen dienstälteren Agenten von seinem rechtmäßigen Platz am Tisch zu verdrängen. Was wiederum sehr schlecht ist. Immer wieder finden vielversprechende Karrieren ein jähes Ende, weil jemand seine eigene Stellung falsch einschätzt.
    Wenn man sich dagegen zu weit weg hinsetzt, ist das ein Zeichen, dass man sich verstecken will, dass man seinen Klienten keine guten Rollen und kein gutes Geld verschafft hat. So jemand wird zu einem Bremsklotz für die Agentur. Agenten wittern Angst, wie Haie ein verwundetes Seeotterjunges im Meer aufspüren. Bald werden einem die Klienten abspenstig gemacht. Dann bleibt einem nichts mehr übrig, als auf die Bürowände zu starren und Frostschutzmittel zu trinken, bis man blind wird.
    Ich entschied mich für einen mittleren Abstand, eher etwas näher an Carl dran als sonst. Verdammt, ich hatte es mir verdient.
    »Warum sitzen Sie so weit weg?«, fragte Carl.
    Ich blinzelte. »Ich wollte nur genug Platz für die anderen Leute lassen, die zu dieser Besprechung kommen.«
    Hatte er schon vom Deal gehört, den ich für Michelle Beck abgeschlossen hatte? Wie macht er so was? Hört er mein Telefon ab? Ich starrte intensiv Miranda an, die hinter mir stand und den Notizblock bereithielt. Sie warf mir einen Blick zu, der besagte: Fragen Sie nicht mich. Ich bin nur hier, um Notizen zu machen.
    »Das ist sehr rücksichtsvoll von Ihnen, Tom«, sagte Carl. »Aber es kommen keine anderen. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, wäre es mir sogar lieber, wenn auch Mrs. Escalon uns entschuldigen würde.«
    Das wäre der Moment gewesen, in dem ich beiläufig meine Assistentin entlassen hätte, um mich weltmännisch Carl zuzuwenden und mit unserem Businesstalk loszulegen. Mir fiel allerdings nichts Besseres ein, als dumpf ins Leere zu starren. Zum Glück war Miranda auf Zack. »Meine Herren«, sagte sie und entfernte sich. Auf dem Weg nach draußen bohrte sie ihren spitzen Absatz in meinen großen Zeh, was mich schlagartig in die Realität zurückkehren ließ. Ich stand auf und schaute mich nach einem angemessenen Sitzplatz um.
    »Warum setzen Sie sich nicht hierher?«, sagte Carl und zeigte auf einen Stuhl ihm gegenüber, gleich neben dem Aquarium.
    »Großartig. Danke.« Ich ging auf die andere Seite des Tisches und setzte mich. Dann starrte ich Carl an. Er starrte zurück. Der Anflug eines Lächelns umspielte seine Mundwinkel.
    Es gibt Legenden in der Welt der Agenten. Zum Beispiel Lew Wasserman, der zu Carls Zeit einer der ganz Großen gewesen war. Schließlich war er auf die andere Seite der Filmindustrie gewechselt und hatte bei Universal Karriere gemacht. Oder Mike Ovitz, der ebenfalls die Seite gewechselt hatte und peinlicherweise bei Disney auf die Schnauze gefallen war.
    Und dann gab es Carl Lupo, meinen Chef, der auf die andere Seite gewechselt und Century Pictures übernommen hatte, um in weniger als zehn Jahren aus einem schäbigen Horrorfilmladen das größte Studio von Hollywood zu machen. Und auf dem Höhepunkt seiner Ägide war er ins Agentengeschäft zurückgekehrt. Niemand weiß, warum er das getan hat. Das jagt allen Leuten, die ihn kennen, eine Heidenangst ein.
    »Tut mir leid«, sagte ich.
    »Was?«, fragte Carl. Doch schon im nächsten Moment lachte er. »Entspannen Sie sich, Tom. Ich möchte nur ein bisschen mit Ihnen plaudern. Es ist schon lange her, seit wir uns unterhalten haben.«
    Das letzte Mal, als Carl und ich ohne offiziellen Rahmen direkt miteinander gesprochen hatten, lag
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