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Afrika Quer (German Edition)

Afrika Quer (German Edition)

Titel: Afrika Quer (German Edition)
Autoren: Peter Boehm
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Wilson-Flughafen, ging in die Abflughalle, sprach einfach jemanden an, der wie ein Somali aussah – dann musste er mit dem Khat-Transport zu tun haben – und hatte Erfolg. Der Mann stellte sich als Lulu vor und sagte, ich solle ihn am Nachmittag anrufen.
    Bis dahin war meine Abgebrühtheit aber schon wieder dahingeschmolzen wie Schokoladeneis in der Julisonne. Ich akzeptierte Lulus Preis von $460 sofort. Hatte ich mir nicht fest vorgenommen, ihn herunterzuhandeln?
    Natürlich habe ich den üblichen Preisaufschlag für Weiße bezahlt. Das somalische Mädchen, das später mit mir flog, bezahlte $300. Und Mohammed, der allerdings irgendwie mit den Frauen verwandt war, die das Flugzeug füllten, nur $50. Und es war das Flugzeug der beiden Frauen. Das war klar. Täglich gab es nur eines nach Bosasso.
    Als ich am nächsten Morgen um 5 Uhr 45 zum Wilson-Flughafen kam, löste sich der kleine Khatmarkt auf dem Vorplatz schon wieder auf. Ob Sonn-, ob Feiertag, ob es stürmt oder hagelt, jeden Morgen, kurz nachdem es hell geworden ist, spielt sich vor dem Wilson-Flughafen dasselbe Schauspiel ab. Hochlandbauern und Khat-Speditionäre reden sich über den Preis der in Kartoffelsäcke verpackten Ernte in Rage.
    Der größte Teil des Khats, der am Vortag im kenianischen Hochland geerntet wurde, wird nach Somalia geflogen. Die jungen Triebe des Khat-Busches werden am Morgen in der Region von Meru, am Osthang des Mount Kenya, gepflückt, mit Palmenfasern in „Kilos“ gebunden und, damit sie frisch und geschmacklich mild bleiben, in Bananenblätter gewickelt.
    Ein „Kilo“ wiegt kein Kilogramm, sondern nicht einmal die Hälfte. Aber dieser Name hat sich in Kenia und Somalia für das kinderarmdicke Bündel eingebürgert.
    Am Nachmittag wird die Ernte die 300 km nach Nairobi gebracht, und am frühen Abend kann sie jeder an Kiosken in der Stadt kaufen. Als Erkennungszeichen haben die Khathändler ein Bananenblatt aufgehängt.
    Jetzt schoben ein paar Männer noch einige mit den grünen Zweigen gefüllte Jutesäcke hin und her, aber die meisten Säcke hatten sie schon in mehr als drei Meter hohen Pyramiden auf eine Schlange von Kastenwagen gestapelt.
    Ungeduldig warteten die Fahrer vor dem Tor, um endlich zu den Flugzeugen vorgelassen zu werden. Auf dem Boden vor dem Fenster des ersten Autos lag schon ein kleines Häufchen mit Stängeln. Der Fahrer hatte um diese Zeit schon zu kauen angefangen.
    Ich stellte mich neben drei Frauen vor der Abflughalle, die so aussahen, als ob sie auch nach Somalia flogen. Sie saßen auf Waschpulvertrommeln und Koffern, und dass sie Somalis sein mussten, erkannte man an ihrer schwarzen Tracht.
    Wenn ich somalische Frauen sehe, muss ich immer an Rüben denken, die auf dem Grünzeug wandeln. Der Hijab an der Spitze umrandet streng ihr Gesicht, zieht sich über den Kopf und weitet sich konisch bis zu den Knöcheln. Die bevorzugten Farben des Hijab sind schwarz, rehbraun oder blasses leichengrau, und darunter tragen die Frauen oft noch einen Umhang in derselben Farbe.
    Von allen Ländern, durch die ich bei Durchquerung reiste, gilt in Somalia die strengste Kleiderordnung für Frauen. Selbst im islamistischen Sudan und in den nord-nigerianischen Bundesländern, in denen die Scharia gilt, sind die Gepflogenheiten dagegen lax.
    Vor allem im Norden Somalias hat der Islam nach dem Bürgerkrieg Anfang der 90er Jahre eine rasante Renaissance erlebt. In Bosasso habe ich Mütter gesehen, die ihre vier- oder fünfjährigen Töchter unter dem Hijab versteckt an ihrer Hand durch die Straßen führten. In Karthum wäre das undenkbar.
    Lulu kam tatsächlich um 6 Uhr und führte mich an den Zaun zum Flugfeld. Meine Dollars musste ich seinem Kontaktmann durch den Zaun stecken. Allerdings bekam ich eine Quittung dafür. Und als die Wachmänner am Tor einen Tankwagen auf das Flugfeld ließen, fuhren die Kastenwagen mit den Khat-Säcken gleich hinterher.
    Das war das Startzeichen. Wie auf Knopfdruck kam nun Leben in den Flughafen. Alle, die mit dem Khat-Transport zu tun hatten, vergeudeten jetzt keine Sekunde mehr, bis die Droge auf den somalischen Märkten angeboten wurde.
    Lulu drängelte mich durch die Kasse für die Flughafensteuer und gleich danach durch die Passkontrolle. Als ich für einen Moment meine Tasche abstellte, um meinen Reisepass zu verstauen, sagte er vorwurfsvoll: „Warum trödelst du?“
    Dann rannten wir aufs Flugfeld, wo Pilot und Ko-Pilot schon mit dem Wiegen der Khat-Säcke begonnen hatten. Auch wir
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