Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie
Autoren: Helmut Barz
Vom Netzwerk:
wichtigen Mord in den Händen? War dies das Abschiedsgeschenk? Dass sie noch einen Fall aufklären konnte?
    Sie ließ die Kugeln in den kleinen Beutel gleiten. Auf jeden Fall würde sie sie aufheben und in Frankfurt ballistisch untersuchen lassen. Wenn es auch sonst nichts brachte, so waren sie doch der einzige Hinweis auf die Existenz eines Profi-Killers namens Ministro.
    Ihr wurde bewusst, dass Ministro ein großes Risiko eingegangen war: Sie wusste jetzt, wie er aussah und wie er vorging. Und er konnte nicht erwarten, dass sie diese Informationen nicht weitergab. Sie war Polizistin. – Wollte er vielleicht gefasst werden? Von Serienmördern hatte man das schon gehört. Oder konnte er sich das leisten? Hielt jemand die Hand schützend über ihn? Wer? Natürlich! Der Mann mit den Eukalyptuspastillen! Er hatte sicher schon Geschäfte mit Killern gemacht. Andererseits hatte Ministro sie vor ihm gewarnt. Vorsicht Tiger, sagte der Löwe.
    Andreas Amendt kam aus dem Bad. Zwischen seinen Händen hielt er einen Briefumschlag, und zwar ganz behutsam, nur an den Kanten, als handelte es sich um eine Bombe. Er legte ihn auf dem Bett ab. »Der war an den Spiegel geklemmt.«
    Katharina betrachtete den Umschlag. Er hatte einen Aufdruck von Golden Rock. Mit der Pinzette aus ihrem Taschenmesser drehte sie ihn um. Die Lasche war nicht zugeklebt. Sie ließ die große Klinge des Taschenmessers behutsam über den Umschlag gleiten. Nichts zu spüren, was auf einen Bombenmechanismus schließen ließ.
    Vorsichtig klappte sie die Lasche zurück. Der Umschlag schien nur ein paar gefaltete Blätter zu enthalten. Sie zog sie ganz langsam heraus, Millimeter für Millimeter. Nichts passierte.
    Mit ausgestreckten Armen faltete sie die Blätter auf. Es war ein Brief, in einer sauberen, geschwungenen Handschrift geschrieben:
    Liebe Katharina,
    Sie gestatten doch, dass ich Sie so nenne? Wie dem auch sei, wenn Sie das hier lesen, dann ist unser Gespräch so ausgegangen, wie ich es gedacht und, das gestehe ich ehrlich, mir erhofft hatte.
    Bitte erlauben Sie mir, dass ich wiederhole, was ich gestern Abend in meiner kleinen Predigt so unbeholfen versucht habe zum Ausdruck zu bringen: Ich danke Ihnen. Sie haben dreizehn Menschen, und vielleicht vielen mehr, das Leben gerettet. Wenn Sie nur halbwegs so denken wie ich, dann sind Ihre Gedanken und Ihre Seele bei den Toten und ihren Angehörigen. Doch manchmal muss man Verluste akzeptieren. Und man darf darüber nicht vergessen, welches Unheil man vermieden hat.
    »Amen« höre ich jetzt im Geiste Doktor Amendt sagen. Und vielleicht hat er in seinem Sarkasmus recht. Bitte richten Sie auch ihm meinen Dank aus. Ich habe selten einen selbstloseren und, auch wenn ihn das vielleicht wütend macht, christlicheren Menschen erlebt als ihn. Und ich bin froh, dass Sie das bestätigt haben, was ich in meinem Herzen schon wusste: dass er unschuldig ist. Bitte geben Sie ihm Zeit. Er wird die Wahrheit akzeptieren. Eines Tages.
    Nachdem all dies geschrieben ist, noch ein paar Bitten. Zum einen: Passen Sie besser auf sich auf! Ich weiß, Ihr Beruf bringt ein gewisses Risiko mit sich, doch überreizen Sie es nicht!
    Darum auch meine zweite Bitte: Ich bin ein Killer, Sie sind Polizistin. Das macht uns zu natürlichen Feinden. Dennoch flehe ich Sie an, um Ihrer selbst willen, nicht zu versuchen, mich zu finden. Sie haben gesehen, wie leicht es mir gefallen ist, Sie aufzuspüren. Glauben Sie mir, dass ich Ihnen auch weiterhin stets einen Schritt voraus sein werde? Ich möchte nicht doch noch gezwungen sein, Sie zu töten.
    Und zuletzt, ganz praktisch: Ich bitte Sie, untergetaucht zu bleiben, bis de Vega seine Jagd aufgibt. Ich kenne ihn und bin deshalb ziemlich sicher, dass er weitere Häscher ausgesandt hat, und zwar solche, die meine moralischen Grundsätze nicht unbedingt teilen. Ich werde aber versuchen, das meinige dazu beizutragen, dass dieses Damoklesschwert über Ihrem Haupt für immer verschwindet.
    Ich höre gerade, wie Sie sich hinter mir bewegen. Bald werden Sie aufwachen. Daher komme ich zum Schluss, auch wenn es vielleicht noch einiges zu sagen gäbe. Ich möchte, dass Sie wissen, dass Sie stets einen Platz in meinen Gebeten haben werden – wenn das etwas zählt.
    Von Herzen,
    Ihr Javier (oder Ministro, was Ihnen lieber ist)
    PS: Noch ein Gedanke zum Schluss: Wenn Sie Doktor Amendt wirklich helfen wollen, gehen Sie mit ihm auf den Schießstand. Ich bin mir sicher, dass Sie aus dem, was Sie dort beobachten, die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher