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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie
Autoren: Helmut Barz
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ihre Tat anerkennen oder missbilligen sollte: »Sie lieben das Risiko wirklich, oder? Sie müssen aufpassen, sonst bricht Ihnen das eines Tages das Genick.«
    »Sagte der professionelle Killer. Soll das ein dummer Witz sein? Mir ist nicht nach Lachen zumute.«
    Ministro sah sie einen Augenblick irritiert an. Dann verstand er: »Oh, richtig. Ja. Stimmt. Das können Sie noch nicht wissen. – Ich werde Sie nicht töten.«
    Jetzt war es an Katharina verwirrt zu sein: »Was? Aber –«
    Ministro unterbrach sie: »Wissen Sie eigentlich, wer Miguel de Vega ist?« Er korrigierte sich genussvoll. »Wer er war?«
    Katharina antwortete nicht. Irgendetwas lief gerade ganz schwer an ihr vorbei. Entweder war ihr gerade ihr Leben geschenkt worden, oder Ministro ging mit seinem Psychospiel in eine neue Runde; gab ihr Hoffnung, um sie dann umso mehr leiden zu lassen.
    Er fuhr fort: »Miguel de Vega war ein Psychopath, dem nichts so viel Spaß gemacht hat wie zu foltern und zu töten. – Ich habe das Dorf gesehen, dass er mit seinem ersten Todesschwadron überfallen hat. Fast fünfhundert Menschen, vor allem Frauen und Kinder. Einfach dahingemetzelt. Den Frauen hat er eine Baumsäge in die Scheide gerammt und sie bis zum Hals aufgesägt. Da war er zwölf.«
    Zwölf, zwölf, zwölf. Die Zahl hallte in Katharinas Kopf wie ein Echo. Sie sah einen dunkelhaarigen, hübschen Jungen vor sich, höflich lächelnd, in der Hand eine blutverschmierte Säge. Das Bild schnürte ihr fast den Atem ab.
    »Kurzum«, fuhr Ministro fort, »Sie haben der Menschheit einen Gefallen getan.«
    Er schob seine Pistole mitsamt ihrem Schalldämpfer in die speziell dafür vorgesehene Innentasche seines Jacketts.
    »Und jetzt?«, fragte Katharina.
    »Kein ›Und jetzt‹. Ich werde Sie nicht töten. Wie ich schon sagte. Ich töte keine Unschuldigen.«
    »Ein Killer mit Moral?«
    Ministros Augen funkelten wütend auf. Katharina befürchtete schon, er würde seine Entscheidung rückgängig machen. Doch dann riss er sich zusammen: »Ja. In der Tat. Ich töte keine Unschuldigen. Punkt. Das habe ich nur einmal in meinem Leben getan. Und allein dafür werde ich eines Tages in der Hölle brennen.«
    Er sah weg, während er um seine Fassung rang. Katharina fragte in seinen Rücken: »Das ist nicht die ganze Wahrheit, oder?«
    Er drehte sich überrascht um. Dann wurde sein Blick plötzlich weich, seine Stimme wieder sanft: »Wie kommen Sie darauf?«
    »Keine Unschuldigen. Das ist zu abstrakt. Wenn es nur darum ginge … Wozu dann dieser ganze theatralische Auftritt hier? Hätten Sie mich als Javier nach Miguel de Vega gefragt, dann hätten Sie einfach verschwinden können.«
    »Ich habe Sie gefragt! Und nie eine Antwort bekommen. Vielleicht …« Er hielt inne, als ob ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss, der ihn erschreckte. Dann setzte er erneut an. »Ich habe Sie beobachtet in den letzten Tagen. Die Welt ist mit Ihnen besser dran als ohne Sie. Fast, als wollte Gott ein Zeichen setzen, als er Sie auf diese Insel geschickt hat.«
    »Ein Zeichen?«
    »Sie müssen doch auch zugeben, dass alles zu gut passt: Von allen Zielen auf der Welt landen Sie ausgerechnet hier. Auf Golden Rock. Sie legen einem Mörder das Handwerk. Und gleichzeitig treffen Sie auf den Mann, den Sie für den Mörder Ihrer Familie halten; Sie finden alles, was Sie brauchen, um seine Unschuld zu beweisen.«
    Katharina schüttelte unwillig den Kopf: »Ich habe neun Morde nicht verhindern können. Und was Doktor Amendt angeht … Sie haben es ja gesehen. Er glaubt mir nicht.«
    »Das war vielleicht der für Sie bestimmte Teil des Zeichens.«
    »Für mich bestimmt?«
    »Eine Lektion in Demut und Vorsicht. Dass Sie manchmal machtlos sind. Und dass Sie vielleicht in eine Situation geraten könnten, aus der es keinen Ausweg gibt. Keinen Freund, der Sie rettet.«
    »Wie im Moment?«
    Ministro sah sie verärgert an. Dann zog er plötzlich seine Pistole hervor. Verdammt, sie hatte etwas Falsches gesagt! Doch er richtete die Waffe auf das Bett und drückte dreimal ab. Die Pistole bellte laut, trotz des Schalldämpfers. Das Kissen spie Federn. Dann richtete er die Pistole auf Katharina. Okay, das war es jetzt. Sie schloss die Augen. Doch kein Schuss fiel.
    Als sie die Augen wieder öffnete, hatte Ministro die Waffe weggesteckt und sich auf das Bett gesetzt. »Die waren für Sie bestimmt. Schon immer.« Er deutete auf das zerschossene Kissen. »Vielleicht nehmen Sie die Kugeln mit. Als Memento Mori.«
    »Als
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