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Aengste verstehen und hinter sich lassen

Aengste verstehen und hinter sich lassen

Titel: Aengste verstehen und hinter sich lassen
Autoren: Cornelia Dehner-Rau , Harald Rau
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verantwortlich, dass eine Therapie eben nicht vorrangig an der Vernunft ansetzt, die Wissensvermittlung zwar hilfreich, aber in den allermeisten Fällen nicht ausreichend ist.
    Ich hatte schlagartig große Angst
    Ulrich M., 52 Jahre
    Ich lag auf dem Sofa im Wohnzimmer meines Hauses und las eine Wochenzeitung. An diesem Tag war ich alleine zu Hause. Plötzlich hatte ich ein unheimliches Gefühl, das aus dem Bauch herkam und sich langsam über meinen ganzen Körper ausbreitete, über den Brustkorb und dann weiter in die Arme. Ich fühlte mich unheimlich schwer und absolut unfähig, irgendetwas dagegen zu unternehmen. Schlagartig war da eine ganz große Angst, jetzt sterben zu müssen. Ich hatte keine richtigen Schmerzen, aber diese Schwere und Enge, die ich verspürte, waren unheimlich. Das Atmen fiel mir schwer und ich fürchtete, zu ersticken. In dieser Situation habe ich gar nicht an mögliche Hilfen gedacht – das war alles ganz weit weg. Alles hat sich nur auf das Ende hin konzentriert.
    Jetzt, im Nachhinein, weiß ich gar nicht mehr, wie lange dieser Anfall gedauert hat. Es kam mir jedenfalls endlos vor, wahrscheinlich waren es aber nur einige Minuten. Irgendwie wurden die Schwere und die Atemnot nämlich wieder schwächer und verschwanden schließlich ganz. Ich war danach völlig durcheinander und hatte keinerlei Erklärung für das, was ich erlebt hatte. Schon nach diesem einen Anfall dachte ich, dass ich so etwas nie wieder erleben wollte und es ein zweites Mal ganz sicher nicht durchstehen würde.
    Doch einige Wochen später erlebte ich auf einer Geschäftsreise abends in meinem Hotelzimmer das Gleiche wieder. Es war der identische Ablauf.
    Ich war wieder total überwältigt und war mir sicher, dass dies das Ende bedeuten würde. Auch dieser Anfall ging von alleine wieder vorüber, hat mich aber so sehr verunsichert, dass ich seither ständig Angst davor habe, dass es wiederkommt. Der Anfall hat sich ja nicht angekündigt, sodass ich mich gar nicht darauf vorbereiten und es anscheinend in jeder Situation passieren kann.
    Die erste Erfahrung, dass ich so etwas überleben konnte, hat überhaupt nicht geholfen.
    Durch diese Anfälle habe ich mein ganzes Selbstbewusstsein verloren und bekomme den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf, dass das ganz schrecklich ist und mich dauernd bedroht. Ich habe mich seither von über zehn renommierten Ärzten untersuchen lassen. Dabei gab es keinerlei Hinweise auf eine körperliche Ursache. Das beruhigt mich allerdings nur für kurze Zeit, weil ich die Todesangst ja tatsächlich spüre und jedes Mal glaube, dass meine letzte Stunde geschlagen hat.
    Ängste können in ganz unterschiedlichen Situationen vorkommen. Sie treten in der Regel dann auf, wenn wir uns von einer Situation überfordert fühlen. Je bedeutsamer die gefürchtete Situation ist, desto größer werden die Ängste. Eine immerwieder gemachte Erfahrung der Überforderung führt dazu, dass das Versagen erwartet und vorweggenommen wird.
    Hier beschreibt ein Mann seine erste Panikattacke , die sich später in weiteren Situationen wiederholt. Er kann zunächst keine Auslöser für diese Panikattacken nennen und hat kein Vermeidungsverhalten entwickelt. Durch die ständige Angst vor der Angst fühlt er sich in seiner Lebensqualität sehr beeinträchtigt und psychisch immer mehr geschwächt. Die Angst vor der Angst nimmt in seinem weiteren Krankheitsverlauf eine immer größere Rolle ein: Er berichtet, dass es bei ihm wohl keine einzige Stunde außerhalb des immer mehr gestörten Schlafes gebe, in der er nicht an die Anfälle denke und besorgt sei, dass sich ein neuer Anfall ereigne.
    Alle sehen mir an, dass etwas nicht stimmt
    Isabell S., 17 Jahre
    Vor zwei Monaten habe ich im Schulunterricht eine Übelkeit verspürt und bin daraufhin nach Hause gegangen. Einige Tage später ist mir das Gleiche wieder passiert, und jetzt schäme ich mich fürchterlich, sodass ich seither auch gar nicht mehr zur Schule gehen kann. Ich mag an diese Situation in der Schule gar nicht denken. Wer weiß, was die Lehrer und die anderen Schüler jetzt von mir halten. Sie halten mich bestimmt für verrückt, wenn ich wiederkomme und dann sofort wieder gehen muss, weil es mir so schlecht geht. Ich bringe auch den Mut überhaupt nicht auf, noch einen Anlauf zu machen und den anderen vielleicht sogar zu erzählen, was mit mir los war. Als ich vor drei Wochen zu einer Party eingeladen wurde, ging es mir genauso. Ich kam dort hin und hatte gleich die
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