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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
Autoren: Michael Robotham
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sage ich in einem weiteren Versuch, ihn zu erreichen. »Ich habe auch eine Krankheit. Ich behaupte nicht, dass es Krebs wäre. Das ist es nicht. Und solche Vergleiche sind so, als würde man Äpfel und Birnen durcheinander schmeißen, aber es ist immerhin beides Obst, oder?«
    Der Empfänger in meinem rechten Ohr fängt an zu knacken. »Was in Gottes Namen machen Sie da?«, fragt eine Stimme. »Hören Sie auf über Obstsalat zu quatschen, und holen Sie ihn rein!«
    Ich nehme den Ohrhörer heraus und lasse ihn über meine Schulter baumeln.
    »Die Leute sagen immer: ›Es wird gut. Es kommt schon alles wieder in Ordnung‹, du kennst das ja. Das sagen sie, weil ihnen nichts Besseres einfällt. Ich weiß auch nicht, was ich sagen soll, Malcolm. Ich weiß nicht mal, welche Fragen ich stellen soll.
    Die meisten Menschen wissen nicht, wie sie mit der Krankheit
eines anderen umgehen sollen. Leider gibt es kein Benimmbuch oder eine Liste von Dingen, die man tun und lassen soll. Entweder kriegt man diesen wässrigen ›Ich ertrag das nicht, ich fang gleich an zu heulen‹-Blick oder krampfhafte Fröhlichkeit und Kopf-hoch-Reden. Die andere Möglichkeit ist komplette Verdrängung.«
    Malcolm hat nicht geantwortet. Er starrt über die Dächer, als würde er aus einem winzigen Fenster hoch oben im grauen Himmel schauen. Sein Pyjama ist dünn und weiß mit einer gestickten blauen Borte an Kragen und Ärmeln.
    Zwischen meinen Knien sehe ich drei Feuerwehrautos und ein halbes Dutzend Streifenwagen. Eines der Feuerwehrautos hat eine ausfahrbare Leiter auf einer Drehscheibe. Ich habe sie bis jetzt nicht groß beachtet, aber nun sehe ich, wie sie sich langsam dreht und nach oben ausgefahren wird. Warum tun sie das? Im selben Moment strafft Malcolm die Schulter gegen das Schrägdach und erhebt sich. Er hockt auf der Dachkante, die Zehen über der Regenrinne, wie ein Vogel auf einem Zweig.
    Ich höre jemanden schreien und merke, dass ich es selber bin. Wild gestikulierend bedeute ich ihnen, die Leiter herunterzufahren. Ich sehe aus wie der Selbstmordspringer, während Malcolm vollkommen ruhig wirkt.
    Ich taste nach meinem Ohrhörer und höre das Getöse drinnen. Der Krisenstab brüllt den leitenden Feuerwehrmann an, der seinen Stellvertreter anbrüllt, der irgendjemand anderen anbrüllt.
    »Tu’s nicht, Malcom! Warte!« Ich klinge verzweifelt. »Siehst du die Leiter? Sie wird heruntergefahren. Siehst du? Sie wird heruntergefahren.« In meinen Ohren rauscht das Blut. Er bleibt am Rand des Daches hocken, krallt seine Zehen fest und entspannt sie wieder. Im Profil erkenne ich, wie seine langen dunklen Wimpern langsam blinzeln. In seiner schmalen Brust pocht sein Herz wie das eines Vogels.
    »Siehst du den Feuerwehrmann mit dem roten Helm?«, frage
ich, um in seine Gedanken zu dringen. »Den mit all den Messingknöpfen auf den Schultern. Was meinst du, wie stehen meine Chancen, ihm von hier aus auf den Helm zu spucken?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde blickt Malcolm nach unten. Es ist das erste Mal, dass er irgendetwas zur Kenntnis nimmt, was ich gesagt oder getan habe. Die Tür ist einen Spalt weit aufgegangen.
    »Manche Leute spucken gern Kirsch- oder Wassermelonenkerne. In Afrika spucken sie mit Dung, was ziemlich eklig ist. Ich habe irgendwo gelesen, dass der Weltrekord in Kudu-Dung-Spucken bei etwa zehn Meter liegt. Ich glaube, Kudus sind eine Antilopenart, aber die Hand ins Feuer legen würde ich dafür nicht. Mir ist gute altmodische Spucke lieber, und es geht nicht um Weite, sondern um Zielgenauigkeit.«
    Er sieht mich jetzt an. Mit einem Zucken meines Kopfes schicke ich einen schaumigen weißen Knubbel im hohen Bogen auf den Weg nach unten. Er wird vom Wind erfasst, nach rechts abgetrieben und landet auf der Windschutzscheibe eines Streifenwagens. Schweigend sehe ich ihm nach und frage mich, was ich falsch gemacht habe.
    »Sie haben den Wind nicht einkalkuliert«, sagt Malcolm.
    Ich nicke weise und beachte ihn kaum, aber dort, wo ich noch nicht erfroren bin, spüre ich ein warmes Glühen in mir. »Stimmt. Zwischen diesen Gebäuden entsteht ein ziemlicher Windkanal.«
    »Billige Ausreden.«
    »Na, du hast es bisher ja noch gar nicht versucht.«
    Er blickt nach unten und denkt darüber nach. Er schlingt seine Arme um die Knie, als wollte er sich warm halten. Das ist ein gutes Zeichen.
    Einen Moment später segelt ein Spuckekügelchen in einem weiten Bogen nach unten. Gemeinsam sehen wir ihm nach, als wollten wir es mit schierer
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