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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
Autoren: Michael Robotham
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hinab. »Ich hab den Spuckwettbewerb gewonnen.«
    »Ja, hast du.«
    »Und Sie reden mit Mum und Dad?«
    »Auf jeden Fall.«
    Er versucht aufzustehen, doch seine Beine sind kalt und steif. Wegen seiner linksseitigen Lähmung kann er seinen Arm nicht benutzen. Um sich nach oben zu hangeln, braucht er aber beide Arme.
    »Bleib einfach, wo du bist. Ich sag denen, dass sie eine Leiter hochfahren sollen.«
    »Nein!«, erwidert er drängend, und ich sehe seinen Gesichtsausdruck. Er will nicht im Scheinwerferlicht der Fernsehkameras und unter den Fragen der Reporter heruntergeholt werden.

    »Okay, dann komme ich zu dir.« Ich bin erstaunt, wie mutig das klingt. Ich rutsche vorsichtig auf dem Hintern seitwärts, weil ich zu viel Angst habe aufzustehen. Ich habe meinen Sicherheitsgurt nicht vergessen, bin jedoch nach wie vor nicht überzeugt, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, ihn zu befestigen.
    Während ich mich auf der Regenrinne vortaste, schießen mir lauter Bilder durch den Kopf, was alles schief gehen könnte. Wenn dies ein Hollywoodfilm wäre, würde Malcolm im letzten Moment ausrutschen und ich würde ihn mit einem Hechtsprung auffangen. Entweder das oder ich würde fallen und er würde mich retten.
    Andererseits könnten wir – weil dies das wirkliche Leben ist – beide umkommen oder Malcolm könnte überleben, und ich könnte als rettender Fänger selbst in den Tod stürzen.
    Obwohl er sich nicht bewegt hat, sehe ich in Malcolms Blick ein neues Gefühl. Vor ein paar Minuten war er, ohne einen Moment zu zögern, bereit, von diesem Dach zu springen. Jetzt will er leben, und das Nichts unter seinen Füßen ist zum Abgrund geworden.
    Der amerikanische Philosoph William James (ein heimlicher Phobiker) hat 1884 einen Artikel geschrieben, in dem er über das Wesen der Angst sinniert. Als Beispiel wählte er einen Menschen, der einem Bären begegnet. Ergreift der Mensch die Flucht, weil er Angst hat, oder bekommt er erst Angst, nachdem er bereits zu rennen begonnen hat? Mit anderen Worten, hat ein Mensch Zeit genug zu denken, dass irgendetwas beängstigend ist, oder geht die Reaktion dem Gedanken voraus?
    Seither drehen sich Wissenschaftler und Psychologen in einer Art Huhn-oder-Ei-Kontroverse im Kreis. Was kommt zuerst – das bewusste Empfinden von Angst oder das pochende Herz und das ausgeschüttete Adrenalin, das uns motiviert, zu kämpfen oder zu fliehen?
    Jetzt weiß ich die Antwort, aber vor lauter Angst habe ich die Frage vergessen.

    Ich bin nur noch ein paar Schritte von Malcolm entfernt. Seine Wangen sind blau angelaufen, und er hat aufgehört zu zittern. Ich drücke meinen Rücken an die Mauer, schiebe ein Bein unter meinen Hintern und drücke meinen Oberkörper nach oben, bis ich aufrecht stehe.
    Für einen Moment betrachtet Malcolm meine ausgestreckte Hand und greift dann langsam danach. Ich packe sein Handgelenk und ziehe ihn nach oben, bis ich meinen Arm um seine schlanke Hüfte legen kann. Seine Haut fühlt sich an wie Eis.
    Man kann den Sicherheitsgurt vorne aufschnallen und die Riemen verlängern. Ich ziehe sie um seine Hüfte und wieder durch die Schnalle, sodass wir jetzt aneinander gebunden sind. Seine Wollmütze schabt rau an meiner Wange.
    »Was soll ich machen?«, fragt er mit brüchiger Stimme.
    »Du kannst beten, dass das andere Ende irgendwo festgebunden ist.«

2
    Auf dem Dach des Marsden Hospital war ich wahrscheinlich sicherer als zu Hause mit Julianne. Ich weiß nicht mehr genau, wie sie mich genannt hat, aber ich glaube, dass sie die Worte unverantwortlich, fahrlässig, achtlos, unreif und als Vater unfähig benutzt hat. Das war, nachdem sie mit einer Ausgabe der Marie Claire auf mich eingeschlagen und mir das Versprechen abgerungen hat, nie wieder etwas derart Dummes zu tun.
    Charlie hingegen gibt keine Ruhe. Sie hüpft in ihrem Schlafanzug auf dem Bett auf und ab und bedrängt mich mit Fragen, wie hoch es war, ob ich Angst hatte und ob die Feuerwehrleute ein großes Netz bereithatten, um mich aufzufangen.
    »Endlich kann ich mal was Aufregendes erzählen«, sagt sie und boxt mich auf den Arm. Zum Glück hört Julianne sie nicht.

    Jeden Morgen wenn ich mich aus dem Bett gekämpft habe, vollführe ich ein kleines Ritual. Wenn ich mich bücke, um die Schuhe zuzubinden, bekomme ich eine ziemlich gute Vorstellung davon, was für eine Art von Tag vor mir liegt. Anfang der Woche, wenn ich ausgeruht bin, habe ich kaum Probleme, die Finger meiner linken Hand zu bewegen. Knöpfe finden in
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