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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect
Autoren: Michael Robotham
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könnte warten, bis du schläfst und dann dein Bett aus dem Haus schieben.«
    »Die Treppe runter?«
    »Hmm. Könnte schwierig werden.«
    Sie legte einen Arm um meine Schulter. »Mach dir um mich keine Sorgen. Ich bin hier drinnen recht glücklich.«

    Von da an war es eine Art Dauerwitz zwischen uns beiden. Ich dachte mir ständig neue Methoden aus, sie aus dem Haus zu locken, und schlug ihr neue Hobbys wie Drachenfliegen oder Flugakrobatik vor. Gracie reagierte mit gespieltem Entsetzen und erklärte mir, dass ich der eigentlich Verrückte wäre.
     
    »Und was ist mit ihrem Geburtstag?«, fragt Charlie ungeduldig. Wir fahren durch St. John’s Wood und kommen gerade am Lord’s Kricketplatz vorbei. Vor den öden Mauern strahlen die Lichter der Verkehrsampeln besonders hell.
    »Ich dachte, du wolltest die ganze Geschichte hören?«
    »Ja, aber ich werde auch nicht jünger.«
    Julianne kriegt einen Kicheranfall. »Den Sarkasmus hat sie von dir.«
    »Okay«, sage ich seufzend, »ich erzähle dir von Tante Gracies Geburtstag. Sie hat ihr Alter nie zugegeben, aber ich wusste, dass sie fünfundsiebzig wurde, weil ich beim Ansehen ihrer Fotoalben auf ein paar Daten gestoßen war.«
    »Du hast gesagt, sie wäre schön gewesen.«
    »Ja. Auf den alten Fotos kann man das nur schwer erkennen, weil niemand je gelächelt hat und die Frauen schlicht Furcht einflößend aussahen. Gracie war anders. Sie hatte funkelnde Augen und sah immer so aus, als würde sie jeden Moment anfangen zu kichern. Und sie hat ihren Gürtel stets ein wenig enger gezogen und sich absichtlich so hingestellt, dass das Licht durch ihre Unterröcke fiel.«
    »Sie war eine Kokette«, sagt Julianne.
    »Was ist eine Kokette?«
    »Vergiss es.«
    Charlie runzelt die Stirn, schlingt die Arme um die Beine und legt ihr Kinn auf die Flicken auf den Knien ihrer Jeans.
    »Es war ziemlich schwierig, eine Überraschung für Gracie zu planen, weil sie das Haus natürlich nie verlassen hat«, erkläre ich. »Ich musste alles machen, während sie schlief – «

    »Wie alt warst du?«
    »Sechzehn. Ich war noch in Charterhouse.«
    Charlie nickt und fängt an, ihr Haar hochzustecken. Wenn sie das macht, sieht sie genau aus wie Julianne.
    »Gracie hat ihre Garage nicht benutzt. Sie brauchte kein Auto. Die Garage hatte große Holztüren zur Einfahrt sowie einen Durchgang zur Waschküche. Zuerst habe ich aufgeräumt, den ganzen Müll weggeschafft und die Wände getüncht.«
    »Da musst du aber ganz leise gewesen sein.«
    »War ich.«
    »Und dann hast du Lichterketten besorgt?«
    »Hunderte. Sie sahen aus wie funkelnde Sterne.«
    »Und dann hast du den großen Sack geholt.«
    »Genau. Ich habe vier Tage gebraucht. Ich habe ihn auf der Schulter auf meinem Fahrrad transportiert. Die Leute haben wahrscheinlich gedacht, ich wäre ein Straßenkehrer oder Parkwächter. «
    »Sie haben wahrscheinlich gedacht, du bist verrückt.«
    »Unbedingt.«
    »Genau so wie wir verrückt sind?«
    »Ja.« Ich riskiere einen Seitenblick zu Julianne, die aber nicht anbeißt.
    »Was ist als Nächstes passiert?«, fragt Charlie.
    »Nun, am Morgen ihres Geburtstags kam Gracie nach unten, ich habe ihr erklärt, dass sie die Augen zumachen müsse. Sie hat meinen Arm gefasst, und ich habe sie durch die Küche in die Waschküche und dann in die Garage geführt. Als sie die Tür öffnete, rollte ihr eine hüfthohe Laublawine entgegen. Ich sagte: ›Herzlichen Glückwunsch.‹ Du hättest ihr Gesicht sehen sollen. Sie sah von den Blättern wieder zu mir. Einen Moment lang dachte ich, sie wäre wütend, doch dann hat sie mich angestrahlt. «
    »Ich weiß, was als Nächstes passiert ist«, sagt Charlie.
    »Ja, weil ich es dir erzählt habe.«

    »Sie ist durch die ganzen Blätter gerannt.«
    »Ja, wir alle beide. Wir haben sie hoch geworfen und mit den Füßen aufgewirbelt. Wir haben uns mit Laub beschmissen und die Blätter zu Haufen aufgetürmt. Irgendwann waren wir beide so erschöpft, dass wir in ein Bett aus Laub gesunken sind und zu den Sternen aufgeschaut haben.«
    »Aber es waren keine echten Sterne, oder?«
    »Nein, aber wir konnten so tun als ob.«
    Der Eingang zum Kensal Green Cementary liegt in der Harrow Road und ist leicht zu übersehen. Julianne fährt die schmale Straße hinunter und parkt möglichst weit entfernt vom Häuschen des Friedhofswärters unter einer Gruppe von Bäumen. Ich schaue aus dem Fenster und sehe ordentliche Reihen von Grabsteinen, unterbrochen von Wegen und
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