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Admiral Bolithos Erbe

Admiral Bolithos Erbe

Titel: Admiral Bolithos Erbe
Autoren: Alexander Kent
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als er sich nicht einmal seines Leutnantsranges sicher gefühlt hatte. Dann kam der Schritt von der Offiziersmesse zum Achterdeck, und jetzt war er sogar Flaggkapitän des in seinen Augen besten Marineoffiziers, über den England verfügte; er konnte es immer noch nicht fassen.
    Mit seinem neuen Haus in Kent ging es ihm ähnlich. Das war keine Kate mehr, sondern ein stattliches Wohnhaus, sogar mit einem echten Admiral und einigen reichen Kaufleuten als Nachbarn. Dulcie hatte ihn beschwichtigt: »Für dich, mein Liebster, ist nichts zu schade. Das hier hast du dir hart erkämpfen müssen, und eigentlich gebührt dir viel mehr.«
    Herrick seufzte. Das meiste Geld war sowieso von ihr gekommen. Womit hatte er bloß das Glück verdient, so eine Frau wie seine Dulcie zu finden?
    Ein Wölkchen aus Pfeifentonstaub hing über den starren Gesichtern und schwarzen Hüten, als die Seesoldaten knallend die Musketen aufstampften, während Herrick unter dem Zwitschern der Bootsmannspfeifen grüßend seinen Hut zum Achterdeck hin lüftete und auch Wolfe, seinen überlangen Ersten Offizier, in den Gruß mit einbezog; Wolfe war für Herrick wohl der häßlichste, wahrscheinlich aber einer der besten Seeleute, die ihm je begegnet waren.
    Der Lärm verklang, und Herrick musterte die zum Seitepfeifen Angetretenen mit Wehmut. So viele neue Gesichter, die er sich einprägen mußte. Einstweilen sah er hinter ihnen immer noch die der anderen Männer, die in der Schlacht gefallen oder in irgendeinem Marinelazarett verschwunden waren.
    Aber Major Clinton von der Marineinfanterie war noch da. Und hinter seiner roten Uniformschulter sah der alte Ben Grubb hervor, der Sailing Master. Eigentlich konnte Herrick sich glücklich schätzen, daß ihm noch so viele erfahrene Leute geblieben waren, die nun Rekruten und Gepreßte zu einer Mannschaft zusammenschweißen mußten.
    »Also, Mr. Wolfe, vielleicht erklären Sie mir, warum da oben die Flagge des Admirals weht?«
    Er fiel neben dem Leutnant in Schritt, dessen grellrotes Haar wie zwei Leesegel zu beiden Seiten seines Huts hervorstand. Schon kam es ihm vor, als sei er nie von Bord gewesen. Das Schiff hatte ihn vereinnahmt, und das Land dort drüben, mit seinen schimmernden Häusern und gezackten Festungswällen, hatte jede Bedeutung für ihn verloren.
    Mit seiner rauhen, trockenen Stimme sagte Wolfe: »Der Admiral kam gestern nachmittag an Bord, Sir.« Seine Pranke schoß vor und deutete auf einen Bunsch soeben aufgeschossener Fallen.
    »Was soll das sein – ein verdammtes Storchennest?« Er wandte sich von dem versteinerten Matrosen ab und bellte: »Mr. Swale, notieren Sie den Namen dieses Idioten! Er ist ein vermaledeiter Weber, kein Seemann!«
    Schweratmend fuhr Wolfe fort, an Herrick gewandt: »Die meisten Ersatzleute sind solche Versager, Sir. Kehricht aus dem Karzer und nur ganz vereinzelt ein paar erfahrene Seeleute.« Er rieb sich die fleischige Nase. »Die hier habe ich von einem Indienfahrer. Behaupteten, sie seien vom Kriegsdienst freigestellt. Wollten angeblich auch Papiere besitzen, in denen das bestätigt wurde.«
    Herrick grinste schief. »Aber bis Sie die Angelegenheit geklärt hatten, war der Indienfahrer schon ohne die Leute ausgelaufen, nicht wahr, Mr. Wolfe?«
    Beide hegten keine sonderliche Sympathie für die vielen erstklassigen Matrosen, die vom Dienst bei der Kriegsmarine freigestellt blieben, bloß weil sie bei der Ostindischen Handeskompanie oder irgendeiner Hafenbehörde dienten. Schließlich befand sich England im Kriegszustand. Gebraucht wurden Seeleute, nicht Krüppel oder Kriminelle. Aber die Lage wurde von Tag zu Tag prekärer. Herrick hatte gehört, daß die Preßkommandos und Werber schon viele Meilen tief im Binnenland umherzogen.
    Er blickte zum turmhohen Großmast und dem imponierenden Dickicht der Taljen, Rahen und Taue hoch. Wieder drängte sich ihm die Erinnerung an den Pulverrauch und die zerschossenen Segel auf, an die Seesoldaten in den Marsen, die da oben brüllten und jubelten und ihre Musketen und Drehbassen auf das Tohuwabohu unten abfeuerten.
    Gemeinsam betraten sie den Schatten der Poop und beugten die Köpfe unter den schweren, niedrigen Decksbalken.
    Wolfe sprach als erster. »Der Admiral ist allein gekommen, Sir.« Er zögerte, als fürchte er, zu weit gegangen zu sein. »Ich dachte, er wollte seine Lady mitbringen?«
    Herrick wandte sich seinem Ersten prüfend zu. Wolfe war ein vierschrötiger, manchmal brutaler Mann und hatte auf den
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