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Admiral Bolithos Erbe

Admiral Bolithos Erbe

Titel: Admiral Bolithos Erbe
Autoren: Alexander Kent
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unterschiedlichsten Schiffen gedient, von der Kohlenbrigg bis zum Sklaventransporter. Er hatte keine Geduld mit Faulpelzen und kein Verständnis für menschliche Schwächen. Aber er war auch kein Schwatzmaul.
    Deshalb sagte Herrick, was er dachte. »Das hatte ich ebenfalls gehofft. Weiß Gott, der Mann hätte es verdient…«
    Der Rest des Satzes wurde übertönt vom Ruf des Wachtpostens vor der Kajüte, der mit seiner Muskete auf den Boden stampfte und ankündigte: »Der Flaggkapitän, Sir!«
    Wolfe wandte sich grinsend ab. »Verdammte Holzköpfe!«
    Die Tür wurde ihnen von Ozzard, Bolithos Steward, geöffnet. Ozzard war ein seltsamer Kauz. Jetzt galt er als tüchtiger Steward, aber man munkelte, daß er früher ein noch besserer Anwaltsgehilfe gewesen sei, der vor einer langen Kerkerstrafe oder dem Galgen mit knapper Not zur Marine entkommen war.
    Die große Achterkajüte, von weißen Lamellentüren in einen Schlaf- und einen Speiseraum unterteilt, war frisch gestrichen, und den Boden bedeckte wieder eine schwarz-weiß gewürfelte Persenning, welche die Narben der Schlacht den Blicken entzog. Bolitho hatte sich aus einem Heckfenster gebeugt, wandte sich aber jetzt um, seinen Freund zu begrüßen. Erleichtert stellte Herrick fest, daß er sich äußerlich nicht verändert hatte. Sein goldbetreßter Admiralsrock lag achtlos über einen Stuhl geworfen, er trug nur Hemd und Kniehose. Mit dem schwarzen Haar, von dem eine Strähne übers rechte Auge fiel, und mit seinem raschen, warmherzigen Lächeln wirkte Bolitho eher wie ein Leutnant als wie ein Flaggoffizier.
    Ihr Händedruck war kurz, enthielt für beide aber eine ganze Welt gemeinsamer Erinnerungen. Dann sagte Bolitho: »Bring uns Wein, Ozzard.« Er zog einen Stuhl für Herrick heran. »Setzen Sie sich, Thomas. Es tut gut, Sie wiederzusehen.«
    Bolithos graue Augen ruhten etwas länger als sonst auf seinem Freund; Herrick wirkte breiter, sein Gesicht etwas voller, aber das lag wohl an den Kochkünsten seiner fürsorglichen jungen Frau. Sein braunes Haar hatte hier und da hellgraue Lichter, wie Reif auf einem struppigen Busch. Aber die klaren blauen Augen, die so trotzig, aber auch so verletzt blicken konnten, waren noch dieselben.
    Sie stießen an, und Bolitho fragte: »Wie steht’s mit Ihrer Einsatzbereitschaft, Thomas?«
    Herrick verschluckte sich fast am Wein. Einsatzbereitschaft? Sie lagen erst seit einem Monat im Hafen, und zwei Schiffe des Geschwaders waren während der Schlacht verlorengegangen! Sogar ihr leichtester Zweidecker, die mit 64 Kanonen bestückte
Odin
unter dem Kommando von Kapitän Inch, hatte nur mit knapper Not bis zur Nore hinken können, so tief war sie schon weggesackt. Und hier in Plymouth lagen die
Indomitabl
e
und die
Ni
c
a
tor
,
beides 74er wie die
Benbow
,
im Reparaturdock fest.
    Deshalb sagte Herrick vorsichtig: »Die
Nicato
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wird als erste fertig, Sir. Der Rest des Geschwaders sollte bis September einsatzbereit sein, wenn diese Räuber in der Werft ein Einsehen haben.«
    »Und was ist mit der
Styx
? «
    Bei der Frage nach der einzigen Fregatte des Geschwaders, die das Gefecht überlebt hatte, trat ein geistesabwesender Blick in Herricks Augen. Sie hatten damals ihre zweite Fregatte und eine Korvette verloren – ausgelöscht mit allen Menschen, als hätte es sie nie gegeben.
    Herrick wartete, bis Ozzard ihre Weingläser wieder gefüllt hatte, dann antwortete er: »Auf
Sty
x
wird Tag und Nacht gearbeitet, Sir. Kapitän Neale bringt seine Leute dazu, ein Wunder nach dem anderen zu wirken.« Entschuldigend fügte er hinzu: »Ich selbst bin gerade erst aus Kent zurückgekehrt, Sir, kann Ihnen aber bis heute abend einen vollständigen Bericht über die
Benbo
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geben.«
    Bolitho war aufgesprungen, als hielte es ihn nicht länger auf seinem Stuhl.
    »Aus Kent?« Er lächelte. »Vergeben Sie mir, Thomas, ich vergaß. Ich hatte zu viele eigene Sorgen im Kopf, um mich zu erkundigen: Wie war die Hochzeit?«
    Aber als Herrick den Ablauf der Ereignisse zu schildern begann, der schließlich in der Hochzeit seiner Schwester mit seinem ehemaligen Ersten Offizier den Höhepunkt erreichte, schweiften Bolithos Gedanken schon wieder ab.
    Als er nach der Schlacht von Kopenhagen nach Falmouth zurückgekehrt war, hatte er sich gefühlt wie der glücklichste und zufriedenste Mensch. Denn erstens hatte er überlebt; zweitens konnte er mit seinem Neffen Adam Pascoe und seinem Bootsmann und Freund John Allday ins Haus der Bolithos zurückkehren. Vor allem
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