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Admiral Bolithos Erbe

Admiral Bolithos Erbe

Titel: Admiral Bolithos Erbe
Autoren: Alexander Kent
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einzuschüchtern, daß wir Vertragsbedingungen akzeptieren, die nur für ihn von Vorteil sind. Später, wenn die Wunden der Franzosen verheilt, ihre Schiffe ersetzt und ihre Regimenter aufgefüllt sind, wird er den Vertrag zerreißen und uns angreifen. Wenn es erst so weit kommt, haben wir keine zweite Chance.«
    Wieder eine Pause, dann murmelte Beauchamp fast tonlos: »Wir müssen England sein Selbstvertrauen zurückgeben. Müssen beweisen, daß wir immer noch angreifen können, nicht nur verteidigen. Einzig auf diese Weise erringen wir eine gleichberechtigte Verhandlungsposition. Jahrelang haben wir die Franzosen zurück in ihre Häfen gescheucht oder sie gestellt und bekämpft, bis sie sich ergeben mußten. Blockade und Patrouille, die KiellinienFormation oder Einzelaktionen – das hat die englische Kriegsmarine mächtig gemacht. Aber Bonaparte ist Infanterist, vom Seekrieg versteht er nichts, und Gott sei Dank hört er nicht auf den Rat von Leuten, die sich auskennen.«
    Die Stimme war immer schwächer geworden, und Bolitho hatte schon überlegt, ob er Hilfe herbeirufen sollte.
    Doch dann hatte Beauchamp sich ruckartig aufgerichtet und hervorgestoßen: »Wir brauchen eine Geste! Eine Demonstration unserer Stärke. Und unter all den jungen Offizieren, die ich im Laufe der Zeit beobachtete und förderte, haben nur Sie mich nie enttäuscht.« Eine Fingerklaue hob sich und winkte wie eine Karikatur des Mannes, den Bolitho einmal gekannt hatte. »Na ja, jedenfalls nicht in dienstlichen Angelegenheiten.«
    »Besten Dank, Sir.«
    Beauchamp hörte ihn gar nicht. »Machen Sie möglichst viele Ihrer Schiffe möglichst schnell klar zum Auslaufen. Ich habe Instruktionen ausgefertigt, wonach Ihnen das Oberkommando über ein Blockade-Geschwader vor Belle Ile übertragen wird. Weitere Schiffe werden zu Ihrer Verstärkung abgestellt, sobald meine Depeschen den Hafenadmirälen ausgehändigt sind.« Er hatte Bolitho starr angeblickt. »Ich brauche Sie draußen auf See. In der Biskaya. Ich weiß, ich verlange viel von Ihnen, aber schließlich habe auch ich mein Letztes gegeben.«
    Das Bild des hohen Dienstzimmers in der Admiralität, der Blick auf die belebte Straße, die eleganten Kutschen, vielfarbigen Damenroben und scharlachroten Uniformen verschwamm vor Bolithos Augen und wich wieder dem Anblick der Kapitänskajüte auf der
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bow.
Er sagte: »Admiral Sir George Beauchamp hat mir befohlen auszulaufen, Thomas. Es darf keine Widerrede und nur die geringstmögliche Verzögerung geben. Unvollendete Reparaturen, Unterbemannung, noch nicht gelieferte Munition, fehlendes Pulver – ich brauche alle Angaben bis ins letzte Detail. Deshalb schlage ich ein Treffen aller Kommandanten meines Geschwaders vor. Gleich anschließend lasse ich einen Brief an Kapitän Inch aufsetzen, der sofort mit Kurier nach Chatham auf sein Schiff gebracht werden muß.«
    Herrick konnte Bolitho nur anstarren. »Das klingt nach Zeitdruck, Sir.«
    »Kann sein.« Bolitho dachte wieder an Beauchamps Worte:
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See.

Mit einem Blick in Herricks besorgtes Gesicht sagte er: »Tut mir leid, daß ich Ihr junges Glück stören muß.« Er zuckte die Schultern. »Ausgerechnet in die Biskaya segeln wir.«
    Vorsichtig erkundigte sich Herrick: »Als Sie nochmals kurz nach Falmouth zurückkehrten, Sir…«
    Bolithos Blick fiel durch die Heckfenster auf ein Proviantboot, das sich der
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näherte. Er antwortete: »Als ich zurückkam, stand das Haus leer. Zum großen Teil war das meine eigene Schuld. Belinda ist mit meiner Schwester und deren Mann nach Wales gereist, wo sie sich ein von meinem Schwager erworbenes Gut ansehen wollen.«
    Er wandte sich ab, um seine Verbitterung, seine Verzweiflung zu verbergen.
    »Wer hätte auch vermutet, daß ich nach dem Dienst in der Ostsee und nach dieser Hölle von Kopenhagen schon so bald wieder auslaufen muß?« Er blickte sich um, wie nach den Toten und Verwundeten, welche diese Kajüte schon gesehen hatte. »Wie wird sie es aufnehmen, Thomas? Was bedeuten Worte wie ›Pflicht‹ und ›Ehre‹ für eine Frau, die schon so viel verloren hat?«
    Herrick beobachtete Bolitho und scheute sich fast zu atmen. Er konnte es sich so gut vorstellen: Bolithos hastige Rückkehr nach Falmouth, die vorher zurechtgelegten Erklärungen – unter anderem, wie sehr er Beauchamp verpflichtet war, auch wenn die geforderte Geste sich als f ruchtlos erweisen sollte. Beauchamp hatte im Krieg gegen Frankreich seine
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