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Adler schießen nicht

Adler schießen nicht

Titel: Adler schießen nicht
Autoren: Carter Brown
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eine
kindische Freude an Melodramatik, wissen Sie .«
    »Dann müssen Sie Mao sein«,
entfuhr es mir.
    »Selbstverständlich.« Er
nickte, nahm ein Päckchen amerikanische Zigaretten aus der Jackentasche, bot
mir eine an und hielt mir ein Platinfeuerzeug unter die Nase. »Zwei Produkte
Ihres Landes bewundere ich besonders, Mr. Kane«, fuhr er in leichtem
Unterhaltungston fort, »und das sind Ihre phantastischen Zigaretten und Ihre
noch phantastischeren Frauen. Sie haben sehr oft eine sexuelle Aggressivität,
die man leider bei den Einheimischen hier vermißt .
Aber ich verliere mich in Träumereien. Wie ich selbst hören mußte, haben Sie
mein großzügiges Angebot bereits abgelehnt ?«
    »Richtig.«
    Er zuckte mit den Schultern.
»Wie schade. Ihre Miss Donovan ist nämlich nicht nur schön, sondern darüber
hinaus anscheinend auch noch intelligent. Meine Vorfahren haben Nachtigallen in
Käfige gesperrt, nur um sie singen zu hören. Wußten Sie das? Ich träume davon,
andere Vöglein einzusperren, sie all ihrer Federn zu berauben, so daß ihre
intime Schönheit nur für meine Augen sichtbar wird. Und dann spiele ich mit ihnen
Schach. Ein esoterischer Gedanke, finden Sie nicht auch, Mr. Kane ?«
    »Das dürfte wohl der schnellste
Weg zu einem Patt sein .«
    Ich zuckte bei meinem eigenen
Gedankenblitz zusammen.
    »Möchten Sie Ihre Ablehnung
nicht doch noch einmal überlegen ?« Ein geduldiger
Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit.
    »Nein.«
    »Ist es eine Geldfrage ?«
    »Nein.«
    »Wie? Etwas anderes als Geld?«
Er lächelte selbstgefällig. »Vielleicht sind Sie selbst eine Art Sammler, Mr.
Kane? Könnte ich Sie überzeugen, wenn ich Ihnen etwas aus meiner Sammlung zum
Tausch anbiete? Einen goldenen Adler vielleicht?«
    Ich starrte ihn schweigend und
stoisch an.
    Er schüttelte sich vor Lachen.
»Wie ich sehe, überrasche ich Sie, Mr. Kane. Aber habe ich nicht eben mit eigenen
Ohren gehört, wie Standish Ihnen verriet, daß es zu seinen Pflichten gehört,
sich über die interessanten Leute der Kolonie und ihre jeweiligen Interessen zu
informieren ?«
    Er warf Standish einen Blick
zu. »Peter, bringen Sie den goldenen Adler. Ich bin überzeugt, Mr. Kane möchte
ihn gern einmal sehen .«
    »Jawohl, Sir«, antwortete
Standish steif und marschierte aus dem Zimmer.
    Mao hatte sich in einen
Ledersessel gesetzt. »Dieser Peter ist ein konservativer Typ«, meinte er. »Aber
seltsam tüchtig in seinem Fach.«
    »Als Militarist, natürlich?«
    »Das will ich nicht einmal
sagen«, antwortete Mao. »Er wurde aus einem der besten englischen Regimenter
ausgestoßen .«
    »Weil er die Messe plünderte ?«
    »Nein, interessanter als das«,
antwortete Mao lächelnd. »Aber bitte, nehmen Sie sich doch etwas zu trinken,
Mr. Kane, ich würde gern mit Ihnen anstoßen, aber Alkohol gehört nicht zu
meinen Schwächen .«
    Ich ging zur Bar hinüber und
mixte mir einen Drink. Meiner Meinung nach konnte ich tatsächlich noch einen
vertragen.
    »Haben Sie sich in Ihrem Urlaub
in Makao amüsiert ?« erkundigte sich Mao höflich. »Im Grunde hätten Sie ihn wirklich nicht zu nehmen
brauchen, wissen Sie? Dieses andere Geschäft, in dem Sie seinerzeit verwickelt
waren, ist doch inzwischen längst vergessen .«
    »Schönen Dank für die
Auskunft«, grunzte ich.
    Standish kam ins Zimmer zurück.
    »Geben Sie ihn Kane«, befahl
Mao. »Ich möchte gern, daß er ihn sich aus der Nähe ansieht .«
    Wortlos drückte mir Standish
den Adler in die Hand. Mir blieb die Luft weg. Das war Meisterarbeit bis ins
kleinste Detail, ein grausam aussehender Vogel, in dessen leuchtenden Augen die
Majestät, aber auch das Böse seiner Brut funkelten .
Hingerissen drehte ich ihn langsam in den Händen.
    » Wieviel hat Ihnen Señorita Diaz für diesen Adler geboten ?« fragte Mao. »Ich spreche von dem Abend, als sie in Makao für Sie tanzte .«
    Ich zuckte mit den Schultern.
»Zwanzigtausend Dollar. Amerikanische.«
    »Das finde ich höchst
eigenartig«, sagte er. »Sie müssen wissen, Mr. Kane, dieser Adler ist nicht soviel wert. Ein Prachtstück, stimmt, aber der Goldwert
beträgt höchstens ein Drittel dieser Summe. Die Arbeit ist hervorragend,
typisches neunzehntes Jahrhundert. In Wien gemacht, würde ich sagen .«
    Ich blickte von ihm zurück auf
den Adler.
    »Sie hat Ihnen zweifellos etwas
viel Aufregenderes erzählt, nicht wahr ?« Er kicherte,
und das hörte sich an, als werde Sandpapier zwischen zwei Fingern gerieben.
    »Familienerbstück«, gab
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