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Adler schießen nicht

Adler schießen nicht

Titel: Adler schießen nicht
Autoren: Carter Brown
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Möglichkeit nicht zu
viele Skrupel hat .«
    »Man hat über mich gequatscht«,
murmelte ich. »Also schön, schießen Sie los. Ich höre. Aber ob ich auch handle,
kann ich nicht versprechen .«
    »Danke«, hauchte sie. »Ich weiß
nicht, wo ich anfangen soll. Die Geschichte ist nicht leicht zu erzählen .«
    »Weshalb versuchen Sie’s nicht
mit dem Anfang ?« schlug ich vor. »So geht’s meist am
leichtesten .«
    »Ja«, erwiderte sie ernsthaft.
»Ja, da haben Sie recht. Also: Ich stamme von einer sehr guten spanischen
Familie ab, Señor. Leider ist unsere Linie — es leben nur noch mein Vater und
ich — verarmt. Nun ist ein Umstand eingetreten, der schlagartig alles ändern
könnte. Der Bruder meines Vaters, mit dem er sich vor zwanzig Jahren überworfen
hat und von dem wir seither nichts mehr hörten — dieser Bruder also starb als
Millionär und hinterließ meinem Vater sein gesamtes Vermögen .«
    »Also können Sie gar keine
Sorgen haben«, konstatierte ich.
    »Das Vermögen wurde meinem
Vater unter der Bedingung vermacht«, fuhr sie fort, »daß er den Rechtsanwälten
den Beweis seiner Erbberechtigung vorlegt .«
    »Den — was?«
    »Seit Jahrhunderten ist das
Wappenschild der Diaz ein Adler«, berichtete sie. »Der erste Diaz wurde bereits
unter Raphael de Vastóle in Peru geadelt. Das war
dreißig Jahre nach Kolumbus, verstehen Sie ?«
    »Nein, das war vor meiner
Zeit«, mußte ich zugeben. »Erzählen Sie weiter .«
    »Nun ja, für seine Tapferkeit
und Treue wurde er zum Ritter geschlagen, und als Wappentier erhielt er einen
Adler. Er war aus purem Gold geschnitzt und stammte aus einem Inkaschatz .«
    »Und irgendwann in der Erbfolge
ist dieser Adler dann abhanden gekommen ?«
    »Mein Vater hat ihn vor
fünfzehn Jahren verkauft«, antwortete sie. »Man hat ihn betrogen und ihm nur
ein Zwanzigstel des wahren Wertes gegeben, aber mein Vater mußte sich von dem
Stück trennen, wenn seine Familie nicht verhungern sollte .«
    »Ich soll doch nicht etwa
diesen Adler suchen ?«
    »Gar nicht nötig«, erklärte sie
mir. »Ich weiß, wo er ist, deshalb bin ich hier. Als Rarität ist er nicht zu
bezahlen, verstehen Sie? Sein augenblicklicher Besitzer zahlte zehntausend
Pfund Sterling, damit er...«
    »Das ist eben das Gesunde am
Sterling«, fiel ich ihr ins Wort.
    »...damit er gestohlen wurde«,
beendete sie ihren Satz. »Kein Sammler der Welt würde sich freiwillig von dem
Adler trennen. Das Stück ist, wie ich schon sagte, unbezahlbar. Der momentane
Besitzer lebt in Hongkong .«
    »Möchten Sie, daß ich das Vieh
zurückkaufe ?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Dazu
fehlt mir das Geld, Señor. Und außerdem würde er nicht verkaufen. Nein, die
einzige Chance, den >Adler der Sonne< wiederzubekommen, ist...«
    »Adler der Sonne?«
    »Ja, so heißt das Stück«,
erklärte sie. »Sie wissen doch, Señor, daß die Inkas die Sonnengötter verehrten.
Sie hatten so viel Gold, daß es für alles und jedes benutzt wurde. Sie legten
praktisch ihre Tempelböden damit aus. Wenn Sie sehen, wie der Adler das Licht
reflektiert, werden Sie seinen Beinamen verstehen .«
    »Sicher«, nickte ich. »Aber ich
habe Sie unterbrochen .«
    »Die einzige Chance, den Adler
zurückzubekommen, ist, ihn demjenigen zu stehlen, der ihn selbst unrechtmäßig
erworben hat .«
    »Und Sie wissen, wer das ist ?«
    »Er wohnt in Hongkong«,
wiederholte sie. »Ein Mann namens Mao, Nga Mao.«
    »Wenn Sie einen zehn Meter
langen Tigerhai in ein Bassin sperren«, sagte ich langsam, »ihn eine Woche lang
hungern lassen und dann ein saftiges Stück Fleisch in sein Maul schieben — dann
haben Sie immer noch eine größere Chance, das Fleisch zurückzukriegen, als irgend etwas von Mao zu stehlen .«
    »Kennen Sie ihn ?« erkundigte sie sich.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nur
dem Namen nach. Er ist Millionär und hat einen eigenen Palast, oben auf dem
Peak. Niemand kommt ohne seine Erlaubnis durch die Sperren, und er hat einen
Haufen Schergen um sich herum .«
    Sie nippte an ihrem Champagner,
dann stellte sie langsam das Glas auf den Tisch. »Mein Vater hat sich im
Hinblick auf die Erbschaft so viel Geld geborgt, wie er auftreiben konnte. Er
verläßt sich darauf, daß ich den Adler auftreibe. Wenn Sie ihn für mich holen,
Señor Kane, zahle ich Ihnen zwanzigtausend Dollar. Amerikanische,
selbstverständlich.«
    »Weshalb versuchen Sie es nicht
selbst ?«
    »Ich würde mich doch sofort
verdächtig machen. Mao kennt die Geschichte des Adlers. Wenn er erfährt,
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