Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adler schießen nicht

Adler schießen nicht

Titel: Adler schießen nicht
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
haben. In der Zwischenzeit möchte ich mich ein wenig mit Mr.
Kane unterhalten .«
    Tess sah mich für den Bruchteil
einer Sekunde fragend an. Als ich nickte, wandte sie sich lächelnd an Standish:
»Aber sicher«, beteuerte sie enthusiastisch, »es ist mir sogar sehr recht so.
Vielen herzlichen Dank für Ihre Mühe, Mr. Standish.«
    »Keine Ursache«, erwiderte er.
»Ich hoffe, ich habe damit die richtige Eröffnung für Sie gewählt, Miss
Donovan. Es gibt unschätzbare Werte darunter. Nicht nur die Qualität des
Materials zählt ja, sondern auch die Handarbeit. Einige Schnitzereien aus dem
siebten Jahrhundert sind wirklich prachtvoll .«
    Tess folgte Huong, der
vorausschlurfte. Ich sah noch, wie er eine Seitentür öffnete, dann waren beide
verschwunden.
    Standish grinste mich an. »Wir
unterhalten uns am besten dort drüben, alter Junge, erste Tür rechts. Dort
steht nämlich der Scotch .«
    »Gute Idee«, lobte ich.
    Das Zimmer war ein Büro. Es
hatte einen antiken Schreibtisch, eine Bar, die eine ganze Wand einnahm, und
vier sehr bequeme Polstersessel.
    »Mein Arbeitsraum«, erklärte
Standish und ging hinter die Bar. »Sie trinken doch Scotch, alter Junge, wie?
Oder möchten Sie lieber etwas anderes ?«
    »Nein, danke, Scotch ist genau
richtig .«
    Er reichte mir ein Glas. »Ich
wollte mich gern in Ruhe mit Ihnen unterhalten«, meinte er. »Die Jadesammlung
interessiert Sie ja sowiewo nicht, stimmt’s ?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Der alte Knabe hat mir ganz
spezielle Instruktionen gegeben«, murmelte er. »Also wieviel ?«
    »Wie bitte?« Ich starrte ihn
an.
    »Für das Mädchen«, erklärte er
ganz selbstverständlich. »Mao war schon immer besonders hinter Blondinen her,
und er weiß, daß außer Ihnen niemand in der Kolonie ihr Verschwinden bemerken
würde. Also, wieviel glauben Sie, wäre eine
akzeptable Summe ?«
    »Sie gehört mir nicht«, sagte
ich leise. »Darum kann ich sie auch nicht verkaufen .«
    »Nein, so etwas!« Er lachte
dröhnend. » Wieviel wollen Sie, damit Sie den Mund
halten, meine ich. Sie brauchen sich auch keine Gedanken zu machen. Nach
spätestens drei Monaten wird der Meister ihrer überdrüssig und läßt sie gehen.
Sie bekommt sogar noch ein schönes Abschiedsgeschenk, genug jedenfalls, damit
sie die nächsten Jahre in Luxus leben kann. Das macht er immer so. Nein, Sie
brauchen sich wirklich keine Sorgen um sie zu machen .«
    »Verstehe .«
    »Vielleicht kann ich Ihnen
helfen«, schlug er vor. »Angenommen, ich nenne Ihnen eine Summe. Wie wäre es
mit zehntausend Dollar? Hongkong-Dollar allerdings.«
    Ich machte ihm einen
Gegenvorschlag: »Wie wär’s, wenn Sie Mr. Mao sagen, er soll sich gefälligst zum
Teufel scheren ?«
    Er tat schockiert. »Nein,
wirklich, Kane, so etwas sollten Sie nicht sagen. Nicht einmal im Spaß.«
    »Wenn das Mädchen nicht mit mir
das Haus verläßt«, drohte ich, »ist der Teufel los. Ich hetze ihm die Polizei
auf den Hals. Ich renne zum amerikanischen Konsulat. Ich werde...«
    Er hob protestierend die Hand.
»Schon gut, alter Freund, schon gut. Kein Grund, wütend zu werden.
Wahrscheinlich kann ich den alten Knaben überreden, auf zwanzigtausend
hinaufzugehen .«
    »Kommt nicht in Frage«,
erklärte ich strikt.
    Er zuckte mit den Schultern.
»Ich glaube. Sie benehmen sich sehr unklug, Kane. Ich verstehe gar nicht,
weshalb Sie sich so moralisch aufführen. Das ist doch sonst nicht Ihre Art .«
    »Ich kann Ihnen nicht ganz
folgen«, hielt ich ihm vor.
    »Ihr Ruf ist doch bekannt,
alter Freund«, meinte er spöttisch. »Sehen Sie, es gehört zu meinem Job, mich
darum zu kümmern, was in der Kolonie vorgeht. Zu schade, daß Sie sich so
bockbeinig stellen. Mao wird das gar nicht mögen .«
    »Allein der Gedanke daran
bricht mir das Herz«, versicherte ich ihm.
    Er hob sein Glas. »Na, deshalb
keine Feindschaft, he, Kane? Prosit!«
    Ich hörte ein leises Quietschen
und wirbelte herum. Wahrscheinlich vergaß ich den Mund zuzumachen, als ich
zusah, wie sich ein Teil der Wand verschob und schließlich ein dunkles Rechteck
freigab. Wie gebannt starrte ich auf die Geheimtür, aus der plötzlich ein Mann
ins Zimmer trat.
    Er war groß und breitschultrig,
ein Chinese von etwa fünfzig Jahren, und auch er hatte denselben erstklassigen
Londoner Schneider. Seine wäßrigblauen Augen
lächelten mich milde an, während Standish wie zu einer Statue erstarrt stand.
    »Hoffentlich habe ich Sie nicht
erschreckt«, meinte der Eindringling mit weicher Stimme. »Ich habe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher