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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut
Autoren: P. D. James
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bezahlt, als nun mit so was konfrontiert zu sein. Ich weiß, ich sollte Mitleid mit ihr haben. Und das werde ich wohl auch, sobald ich den Schock überwunden habe. Aber im Moment tue ich mich noch schwer.«
    »Claudia, es ist sinnlos, diese alte Diskussion noch mal zu führen. Ich mußte sie entlassen, und genau das hab’ ich getan. Mit ihrem Tod hat das nichts zu schaffen. Ich habe nur getan, was im Interesse des Verlages getan werden mußte, und seinerzeit warst du ja auch mit mir einig. Für ihren Selbstmord kann man weder dich noch mich verantwortlich machen, genausowenig wie ihr Tod etwas mit dem anderen Unfug hier im Haus zu tun hat.« Er hielt inne und setzte dann hinzu: »Es sei denn, sie hätte selbst dahintergesteckt.«
    Sein plötzlich so hoffnungsvoller Tonfall war Claudia nicht entgangen. Die Sache beunruhigte ihn also mehr, als er zugeben wollte. Erbittert sagte sie: »Dann wären wir fein raus, was? Aber wie könnte sie’s denn gewesen sein, Gerard? Als an den Stilgoe-Druckfahnen rumgepfuscht wurde, war sie krank, falls du dich erinnerst, und als die Illustrationen für das Guy-Fawkes-Buch abhanden kamen, da besuchte sie einen unserer Autoren in Brighton. Nein, nein, sie kann’s nicht gewesen sein.«
    »Ja, natürlich, das hatte ich tatsächlich vergessen. Hör zu, ich werde jetzt die Polizei verständigen, und du kannst unterdessen die Runde machen und den Leuten erklären, was passiert ist. Das ist weniger dramatisch, als alle zu einer großangelegten Erklärung zusammenzutrommeln. Und sag ihnen, sie sollen in ihren Büros bleiben, bis die Leiche fortgeschafft ist.«
    Sie entgegnete zögernd: »Da wäre noch was. Ich glaube, ich war die letzte, die sie lebend gesehen hat.«
    »Na und, einer muß das schließlich gewesen sein.«
    »Es war gestern abend, kurz nach sieben. Ich hatte etwas länger gearbeitet, und als ich im ersten Stock aus der Garderobe kam, da sah ich sie die Treppe raufgehen. Sie hatte eine Weinflasche und ein Glas in der Hand.«
    »Und du hast sie nicht gefragt, was sie damit will?«
    »Natürlich nicht. Sie war schließlich keine kleine Tippse. Ich dachte mir halt, sie würde den Wein mit rauf ins Archiv nehmen, um sich heimlich einen anzududeln. Und wenn sie das vorhatte, dann ging mich das ja kaum was an. Ich fand’s zwar komisch, daß sie so lange Überstunden machte, aber das ist auch alles.«
    »Hat sie dich gesehen?«
    »Das glaub’ ich nicht. Sie hat sich jedenfalls nicht umgeschaut.«
    »Und sonst war niemand mehr da?«
    »Nicht um diese Zeit, nein. Ich war die letzte.«
    »Dann behalt’s für dich. Es tut nichts zur Sache, und wenn du’s erzählst, wäre damit keinem geholfen.«
    »Ich hatte allerdings das Gefühl, daß sie sich irgendwie merkwürdig benahm. Sie hatte so was – na ja, Heimlichtuerisches. Und es schien mir fast, als ob sie’s eilig hätte.«
    »Das kommt dir bloß im nachhinein so vor. Du hast nicht vor dem Abschließen noch einen Rundgang durchs Haus gemacht?«
    »Ich hab’ einen Blick in ihr Büro geworfen. Aber da brannte kein Licht mehr. Und es lag auch nichts da, weder Mantel noch Tasche. Wahrscheinlich hatte sie die in den Schrank geräumt. Ich dachte natürlich, sie habe inzwischen Feierabend gemacht und sei heimgegangen.«
    »Das kannst du bei der gerichtlichen Untersuchung erwähnen, aber mehr nicht. Sag nichts davon, daß du sie vorher auf der Treppe gesehen hast. Sonst kommt der Coroner womöglich noch auf die Idee, dich zu fragen, warum du nicht im Obergeschoß nachgesehen hast.«
    »Aber warum hätte ich das tun sollen?«
    »Eben.«
    »Aber Gerard, wenn man mich nun fragt, wann ich sie zuletzt gesehen habe…«
    »Dann denk dir halt was aus. Nur lüg um Gottes willen überzeugend, und bleib vor allem auch dabei.« Er trat an den Schreibtisch und nahm den Telefonhörer ab. »Das beste wird sein, ich wähle 999. Sonderbar, aber soweit ich mich entsinnen kann, ist dies das erstemal, daß die Polizei nach Innocent House gerufen wird.«
    Sie wandte sich vom Fenster ab und sah ihn offen an. »Wollen wir hoffen, daß es auch das letztemal ist.«

3
    Im Vorzimmer saßen Mandy und Miss Blackett jede an ihrem PC und tippten, den Blick starr auf den Bildschirm gerichtet. Keine von beiden sprach. Anfangs hatten Mandys Finger sich der Arbeit verweigert und flatterten so unsicher über die Tasten, als wären die Buchstaben unerklärlicherweise vertauscht worden und hätten sich in einen Wirrwarr sinnentleerter Symbole verwandelt. Aber dann hielt sie
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