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Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY!
Autoren: Michael Mittermeier
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heißt ja, dass Selbsterkenntnis der erste Schritt zur Adoptionsfreigabe ist. Im Folgenden möchte ich noch mal für alle Eltern und Kinderlosen darlegen, was es mit Arschlochkindern so auf sich hat:
    Vor vielen Jahren, als ich ein aufstrebender junger Mensch war, der sich noch gar nicht vorstellen konnte, ein Kind zu bekommen, saß ich in meinem unterirdischen Labor. Über Jahre hinweg hatte ich geforscht, aber Hunderte von Feldversuchen an Mäusen und Ratten hatten mich nicht weitergebracht. Auch meine Berechnungenanhand astrologischer Karten und biologischer Gegebenheiten führten ins Nichts. So begann ich meine Beobachtungsstudien am lebenden Zielobjekt: Kinder, die man nicht mag. Die gibt es. Oder ich muss es anders formulieren: Es gibt Kinder, die sind einem auf den ersten Blick unsympathisch. Warum soll es bei Kindern anders sein als bei erwachsenen Menschen? Sie sind ja die Vorstufe späterer Vollidioten. Wie wird aus einem Menschen eigentlich ein geistiger Discofoxtänzer? Ich glaube ja, die werden schon so geboren. Nicht, dass die bei der Geburt rausploppen und sofort auf der Kreißsaalfläche im Dreiviertelschritt »Born to be alive« anstimmen. Meine Theorie: Es gibt auf dieser Welt ein duales Natal-System. Alle Menschen sind gleich, von Feuerland bis Bayern. Aber Gott hat damals am achten Tag der Schöpfung, nachdem er gerade Jamaika geschaffen hatte und sehr entspannt war, zu sich gesagt, »a bissel Spaß muass sein.«
    Und er hat die Kinder und ihre Kindeskinder in zwei Gruppen unterteilt. Die einen Kinder kommen auf die Welt, die sind lieb, sympathisch, olé olé, super Kind. Die anderen Kinder werden geboren, schauen dich an, der erste Blick, und du kannst nicht anders: »Du unsympathischer Sack, geh weg, mit dir will ich nicht spielen!«
    Ich meine das nicht böse. Aber ich kann die Fakten nicht ändern. Wie oft kommen Freunde zu einem nach Hause, Eltern mit ihren Kindern, so miesen, unsympathischen Drecksschratzen. Motzende Zerstörungsmaschinen ohne Beschränkungsmodus, die einem zeigen, was ein Zeigefinger mit dem Hochtöner einer Stereobox anrichten kann. Und dann musst du immer lügen: »Mei, der wird ja immer netter!«
    Innerlich windet sich alles, und der blinde Passagier in deinem Bauch schreit nach Kotztüten. Denn wie gerne würde man mal ehrlich sein zu den Eltern und sagen: »Ich mag dich, aber dein Kind ist ein Arschloch!«
    »Hallo, das Kind ist erst zwei!«
    »Ja, was meinst du, was das erst für ein Arschloch in 20 Jahren ist!«
    Die unerschütterlichen Grundfesten der Theorie lassen sich auf eine Formel bringen: Man wird als Arschlochkind geboren – einmal AK, immer AK! Der amerikanische Ethnologe R. B. W. McCormack hat mal gesagt: »Manche Menschen sehen von Weitem furchtbar dumm aus, aber beim Näherkommen merkt man, dass man sich nicht getäuscht hat.« Gott sei Dank erkennt man ehemalige Arschlochkinder auf den ersten Blick. Das deutsche Fernsehen spiegelt auch sehr gut die AK-Bandbreite der Menschheit wider. Als mir damals die Auswirkungen meiner eigenen Theorie bewusst wurden, bekam ich es mit der Angst zu tun. Wenn ich in der Zukunft doch mal Kinder haben werde, was wird es dann? Drei Geschlechter – Junge, Mädchen, Arschlochkind? Ich erlitt ein theoretisches Vorgeburtstrauma. In schlaflosen Nächten hatte ich oft denselben Albtraum: Die Geburt ist in vollem Gang – ich bin mit dabei im Entbindungsraum –, das Baby kommt raus, die Hebamme gibt den ersten Klaps, es lächelt mich an, aber ich erkenne: »Ein Arschlochkind. Scheiße!«
    Und Panik packte mich, weil es dann ja für etwaige Änderungen zu spät wäre. Dann kannst du nichts mehr machen. Du kannst ja nicht zur Hebamme sagen: »Kann man es nicht vielleicht noch mal ein bisschen zurückschieben? Vielleicht war es ja noch nicht ganz durch?«
    Viele fragen sich, was machen Arschlochkinder beruflich? Sie können ja nicht alle Immobilienmakler werden. Ich weiß nicht von allen, was sie machen, aber ich weiß, dass ein paar von ihnen regelmäßig am Samstagmorgen als Zeugen Jehovas verkleidet an meiner Türe läuten. Und auf Klassentreffen bekommt man den Eindruck, dass sich die Arschlochkinder von damals am schnellsten vermehrt haben.
    Die mir am meisten gestellte Frage der vergangenen zwei Jahre ist wohl nicht schwer zu erraten: »Michl, ist deine Tochter nun ein Arschlochkind?«
    »Natürlich nicht! Nein! No! Nada! Non! Bist du deppert?«
    Und da bin ich mir hundertprozentig sicher. So sicher, wie sichEltern nur sein
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