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Ach waer ich nur zu Hause geblieben

Ach waer ich nur zu Hause geblieben

Titel: Ach waer ich nur zu Hause geblieben
Autoren: Kerstin Gier
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schade.
    Als er versuchte, sie mit einem Kleiderbügel wieder hinauszulocken, bekamen wir das erste Mal in unserer noch frischen Beziehung Streit. Während die Spinne den Kleiderbügel angriff und Frank begeistert rief: »Hast du diese Beißwerkzeuge gesehen?«, bekam ich hysterische Schreianfälle, aus denen man die Worte »Rezeption!«, »Zoo!« und »sofort!« heraushören konnte, wenn man sich Mühe gab.
    Dann sprang ich vom Balkon.
    Frank beugte sich über das Geländer und fragte, ob ich mir was gebrochen hätte.
    Ich war unverletzt. Das einzig Dumme war, dass ich nur eine Unterhose und ein T-Shirt anhatte und die Leute mich etwas befremdet anschauten.
    »Ich rufe bei der Rezeption an, damit sie jemanden für die Spinne schicken«, sagte Frank.
    »Ich warte so lange hier«, sagte ich und stellte mich hinter einen kleinen Busch.
    »Ich weiß nicht«, sagte Frank. »Vielleicht gibt es da unten Schlangen. Mir ist vor zwei Jahren in Südafrika mal eine Schlange in die Boxershorts gekrochen, und das war kein wirklich tolles Gefühl.«
    Dass einem so etwas widerfahren und man danach noch ein normales Leben führen konnte, war mir ein absolutes Rätsel. »Es würde mich auch nicht wundern, wenn du am Ende noch der Typ mit dem Spinnenbiss im Gesicht wärst«, sagte ich.
    »Du meinst den, der in den Spiegel guckte und sah, wie Hunderte von Spinnen aus ihm herauskrabbelten?« Frank schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, das war ein Bekannter von einem Bekannten von der Schwester eines Freundes von mir.« Ein bisschen widerwillig warf er eine Jeans zu mir hinunter, dann telefonierte er.
    Die Hotelleitung schickte sofort ein Spinnen- und Kokonentfernerteam in unser Zimmer, und als sie weg waren, wagte ich mich wieder hinein.
    »Und sie hat dich auch wirklich nicht gebissen und ihre Eier in dir abgelegt?«, fragte ich.
    »Nein, aber sieh mal!« Frank zeigte mir die tiefen Kerben,die die Spinne in den Kleiderbügel gebissen hatte. Er sagte, dass er den Kleiderbügel als Andenken mit nach Hause nehmen wolle. Wir haben ihn heute noch und zeigen ihn immer gern vor, wenn wir Besuch bekommen.
    Da hatte ich wohl endlich mal einen richtigen Mann an Land gezogen. Einen Mann, der mich vor Spinnen, Käfern und Schlangen beschützen konnte. Ich würde ihn fragen, ob er mich heiraten wollte. Morgen, vielleicht.
    Vorerst kuschelte ich mich nur an ihn. »Woher hast du diese Narbe?«, fragte ich schläfrig.
    »Oh, das war die Geschichte mit dem Krokodil in Australien«, sagte Frank und fing an zu lachen, als ich erschrocken die Augen aufriss. »Nein, da bin ich auf der Kellertreppe mit einem Kasten Sprudelwasser gestolpert.«
    Er kraulte meinen Nacken. »Hast du denn noch mehr Phobien, von denen ich wissen müsste?«
    »Nur eine sporadisch auftretende Glucodermaphobie«, sagte ich.
    »Ach, damit kann ich leben«, sagte Frank. Was für ein mutiger Mann!
    Glücklicherweise hat sich meine Glucodermaphobie inzwischen ganz gegeben: Vor der Haut, die sich auf warmer, zu lange stehen gelassener Milch bildet, muss man mich gar nicht mehr beschützen. Mit dem Älterwerden wird eben doch nicht alles schlimmer.

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oder die Angst, unterwegs stecken zu bleiben
    Der Weg ist das Ziel. Reisen ist schöner als ankommen. Sicher, ja.
    Eine solch alte Weisheit kann man nicht infrage stellen, nur weil man selber lange Autofahrten hasst, Zugfahren furchtbar findet und im Flugzeug vor lauter Angst hyperventiliert.
    Es ist eben alles eine Frage der Einstellung, und mit etwas gutem Willen kann man jeder Situation etwas Positives abgewinnen. Selber schuld, wenn man es nicht genießt, auf der Fähre von Genua nach Sardinien in einer Kabine zehn Meter unter dem Meeresspiegel in einem versifften Etagenbett zu liegen und dem Rauschen diverser Rohre zu lauschen, während sich draußen auf dem Gang eine Klasse italienischer Spätpubertierender besäuft. Und je länger und anstrengender eine Autofahrt ist, umso mehr hat man sich den Urlaub doch verdient, oder nicht? Man kann doch auch hinterher herzlich darüber lachen, dass das Kind sich in jeder Serpentine zwischen Frutigen und Kandersteg übergeben musste, nicht wahr? Auch, wenn es nicht weniger als zwölf Serpentinen sind und einem in der fünften Kurve die Butterbrottüten ausgehen. (Und dabei habe ich schon so schnell gegessen, wie ich konnte!)
    Und was nutzen einem Schneeketten, wenn man sienicht ausprobieren kann? Nichts! Sie nehmen nur unnütz Platz weg. Also freut man sich doch
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