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Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 3

Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 3

Titel: Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 3
Autoren: Kerstin Gier
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auch nicht angeschlagen habe und das Baby sich bester Gesundheit erfreue.
    »Du klugös Mödchön!«, sagte Frau Kahl und streichelte Sabine. »Meun schwongörös Dornröschen!«
    Dr. Kahls Kopf lag immer noch auf der Tischplatte.
    »Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst«, sagte Sabine. »Wo du doch schon so große Sorgen wegen der Firma hast.«
    »Schäm dich«, sagte mein Vater zu meiner Mutter.
    »Früher oder später hätten sie es sowieso gemerkt«, sagte meine Mutter. »Und ich habe es nur wegen der Leoparden getan.«
    Frau Kahl sagte, dass meine Mutter unter diesen Umständen ihre Vereinbarung, die Enthaltsamkeit von Pelzen jeglicher Art betreffend, vergessen könne. Schließlich sei die Tatsache, dass Sabine von ganz allein wieder schlank würde, kein umwälzender Diätgeheimtipp. Und eine Garantie gebe es schon gar nicht.
    Im Klartext hieß das wohl, dass sie sich ihren Traum vom Leopardenmantel mit passender Kappe erfüllen würde.
    »Wenn das so ist, müssen wir leider abreisen«, sagte meine Mutter. »So leid mir das auch tut, aber unter diesenBedingungen kann ich nicht länger eure Gastfreundschaft in Anspruch nehmen.«
    »Bitte nicht«, röchelte Dr. Kahl auf der Tischplatte. »Unsere Freundschaft darf doch nicht wegen eines Leopardenmantels in die Brüche gehen.«
    »Ich bin sicher, dass die Leoparden dazu eine andere Meinung haben«, sagte meine Mutter. »Kommt, Kinder, wir müssen Koffer packen.«
    Da startete mein Vater ein allerletztes Ablenkungsmanöver. Er sagte: »Ich habe mir überlegt, zum 1.10. bei ACTI als Vertriebsleiter anzufangen.«
    Dr. Kahl hob ungläubig den Kopf. »Was? So plötzlich?«
    »Wenn du das tust …«, sagte meine Mutter.
    »Ich tu’s«, sagte mein Vater. »Aber nur unter zwei Bedingungen.«
    »Alles, was du willst, mein Freund«, sagte Dr. Kahl und richtete sich, erfüllt mit neuem Lebensmut, wieder auf.
    »Erstens: Deine Frau muss einen Vertrag unterschreiben, in welchem sie sich verpflichtet, nie mehr einen Pelz zu kaufen«, sagte mein Vater. »Und zweitens muss mein Firmenwagen genau so eine Hupe haben wie der jetzige.«
    Dr. Kahl sah seine Frau an. Sie seufzte, aber sie nickte.
    »Einverstanden«, sagte Dr. Kahl und strahlte wieder über das ganze Gesicht. »Was für ein Tag! Ich werde Opa, und meine Firma bekommt den besten Vertriebsleiter! Das müssen wir feiern.«
    Meine Mutter gab meinem Vater einen Kuss. »Damit hast du mindestens drei Leoparden das Leben gerettet«, sagte sie.
    »Fünf«, sagte Frau Kahl.
    Mit meinem Vater als Vertriebsleiter wurde ACTI ein Jahr später tatsächlich Marktführer. Und Frau Kahl hielt ihr Versprechen und kaufte nie wieder einen Pelz. Dafür ging sie ganz in der Rolle der liebevollen Oma auf.
    Den Ozelot verkaufte sie übrigens ein paar Jahre später an einen Secondhandladen, und den Gewinn spendete sie dem World Wildlife Fund.
    Seit neustem haben Kahls sogar eine Perserkatze namens Miffy, und sie fanden es gar nicht lustig, als meine Mutter sagte: »Miffy gibt bestimmt mal einen prima Muff ab.«

Gebratenes Affenhirn
oder wovon man seinen Enkeln noch berichten kann
    In einer Familie gibt es neben Mürren, Riva und Tante Sannchens Bademantel immer auch spannende und kuriose Geschichten, die mit jedem Mal, wenn man sie erzählt, spannender und kurioser werden. Ich, zum Beispiel, hing in den Alpen bei Sturm mal in einer Gondelbahn fest, ein Sturm, der mit den Jahren immer heftiger und schließlich zum Orkan wurde. Es ist wohl wahr, dass wir einen Tag lang in der heftig schaukelnden Gondel gesessen und um unser Leben gebangt haben, aber es stimmt nicht, dass eine andere Gondel, die vor uns, am Pfeiler zerschmettert wurde. Trotzdem gibt es der Geschichte eine gewisse Würze. Wahr ist auch, dass ein Mitfahrer versuchte, aus dem Fenster zu pinkeln und der Sturm ihm das ganze Pipi ins Gesicht blies, unwahr ist, dass wir bereits angefangen hatten zu losen, wen von uns wir als Erstes schlachten und aufessen würden. Aber meine Version der Geschichte ist natürlich ungleich spannender. Eine solche Geschichte erzählt man dann auch gern mal öfter.
    Ich finde, man hat seinen Kindern und Kindeskindern gegenüber geradezu die Verpflichtung, für das Vorhandensein solcher Urlaubsmythen zu sorgen. Dieses familieninterne Seemannsgarn gehört nämlich genau so zu einerFamilie wie die gemeinsamen Gene, Weihnachtsfeiern und Fotoalben.
    Also scheuen Sie sich nicht, ihre Urlaubserlebnisse ein wenig aufzupeppen.
    Schon mein Großvater wusste uns
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