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Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 3

Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 3

Titel: Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 3
Autoren: Kerstin Gier
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wünschte sich im Leben nichts sehnlicher als einen Leopardenmantel mit passender Kappe.
    Obwohl mein Vater sofort ein Ablenkungsmanöver startete, indem er sein Weinglas umkippte, war die verträumte Sternschnuppen-Stimmung dahin. Zornig funkelten die Augen meiner Mutter im Kerzenlicht.
    »Leoparden?«, rief sie aus. »Ausgerechnet Leoparden!«
    »Ös göbt nöchts Schönörös«, versicherte Frau Kahl.
    »Ja, wenn sie noch leben!«, rief meine Mutter. »Aber doch nicht am Mantel!«
    Frau Kahl sagte, Geschmäcker seien eben verschieden.
    »Ich glaube, da hinten habe ich eine Eule gesehen«, sagte mein Vater.
    »Ich glaube, deine Mutter ist gerade schwer krank geworden«, sagte meine Mutter und kniff ihre Lippen zusammen. »Ich gehe und packe schon mal die Sachen.«
    »Ohne Zweifel ist das die größte Eule, die ich je gesehen habe«, sagte mein Vater.
    Dr. Kahl sagte, Pelze seien nun mal eine Leidenschaft seiner Frau.
    »Nur meune Tochtör öst mör wöchtöger«, stimmte Frau Kahl zu.
    Da ließ meine Mutter ihren Hintern, den sie bereits vom Stuhl gelüftet hatte, wieder zurücksinken. Ihr war offenbar eine Idee gekommen, wie sie die Leoparden vor Frau Kahl beschützen konnte.
    Sie beugte sich zu ihr herüber.
    »Was würdest du dafür geben, wenn ich dir sagte, wie deine Tochter ihr Idealgewicht wieder erreichen kann?«, fragte sie.
    »Dö meunst Göld?«
    »Nein«, sagte meine Mutter. »Ich meine, zu welchem Opfer wärst du bereit, wenn ich dir verriete, wie deine Tochter garantiert wieder schlank wird?«
    »Gorontört?« Frau Kahl warf einen Blick auf ihre dicke Tochter. »Zu jödöm Opför«, versicherte sie leidenschaftlich.
    »Würdest du dafür auch auf den Leopardenmantel verzichten?«, fragte meine Mutter.
    »Um Gottös Wöllön, jo«, sagte Frau Kahl.
    »Dann mache ich dir einen Vorschlag«, sagte meine Mutter.
    »Kann es sein, dass wir heute eine Mondfinsternis haben?«, startete mein Vater einen neuen Ablenkungsversuch.
    Aber meine Mutter sprach unbeirrt weiter. »Ich verrate dir, wie deine Tochter ihr altes Gewicht wieder zurückbekommt, und du versprichst mir im Gegenzug, keinen Pelzmantel mehr zu kaufen.«
    »Nö möhr?«, fragte Frau Kahl.
    »Nie mehr«, sagte meine Mutter. »Dieses Opfer musst du schon bringen. Und zwar schriftlich. Beim Leben deines Mannes.«
    »Na, na, na«, sagte Dr. Kahl. »Jetzt gehst du aber ein bisschen weit.«
    »Eine Mondfinsternis kommt nur alle sechzig Jahre mal vor«, sagte mein Vater. »Es wäre doch dumm, sie einfach zu verpassen.«
    »Nöcht mol eunön Rotfuchs?«, fragte Frau Kahl.
    »Kein Fuchs, kein Nerz, keine Robbe, kein Kaninchen«, sagte meine Mutter.
    »Olso gut«, sagte Frau Kahl. Sie wollte unbedingt hinter das Geheimnis der Wunderdiät kommen. Meine Mutter ließ sie feierlich schwören, niemals wieder einen Modeartikel aus Pelz oder mit Pelz zu erwerben.
    »Öch schwörö«, sagte Frau Kahl und seufzte dabei schwer. »Und wö wörd meune Söbönö jötzt wödör schlonk?«
    »Ganz einfach«, sagte meine Mutter. »Sie muss nur erst dieses Baby bekommen.«
    Am Tisch hätte man eine Stecknadel fallen gehört, so still war es plötzlich. Ein Blick auf Sabine genügte, um zu sehen, dass meine Mutter ins Schwarze getroffen hatte. Sabine war nicht dick, sondern einfach nur schwanger.
    »Ich schätze, in acht bis zehn Wochen ist es soweit«, fuhr meine Mutter fort. »Und wenn sie stillt, wird sich ihr Gewicht ganz automatisch reduzieren. So war das bei mir auch immer.«
    Es war entsetzlich.
    Frau Kahl stotterte fassungslos Sätze mit vielen Ös, die keiner verstand, Sabine wiederholte, dass sie sich mehr Verständnis unter den Menschen wünsche, und Dr. Kahl ließ seinen Kopf vornüber auf die Tischplatte kippen.
    »Ich hätte es euch schon noch erzählt«, sagte Sabine. »Ich habe nur auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, damit ihr keinen Schock erleiden müsst.«
    Jetzt begann die ganze Familie zu weinen, auch Dr. Kahl.
    »Was hast du dir denn dabei nur gedacht?«, flüsterte mein Vater meiner Mutter zu.
    »Ich habe an die Leoparden gedacht«, sagte meine Mutter, sah aber ein wenig beschämt aus.
    Frau Kahl nahm Sabine in ihre Arme und sagte, dass sie doch niemals Diät gekocht hätte, wenn sie gewusst hätte, dass Sabine schwanger sei. Eine Diät sei doch für das Baby schädlich. Und Sabine versicherte ihr unter Tränen, sie müsse sich keine Sorgen machen, denn sie habe ein heimliches Folsäurekapsel- und Müsliriegellager unter ihrem Bett, weshalb die Diät
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