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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden
Autoren: Faye Kellerman
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Namen gegeben, Sergeant Decker?«
    »Das tun Sie, Ms. Rawlings.«
    »Wie wär’s mit Sally?«
    »Sally«, sagte Decker. »Sally ist ein schöner Name.« Er streichelte über die kleine weiche Wange. »Sei brav, Sally. Hörst du?«
    Das Kind lächelte ihn an, dann begrub es seine Stirn in Sophis einladendem Busen.
    Decker ging zum Auto zurück.
     
    »Wann triffst du denn diesen Abschaum von Freund?« fragte Marge Decker.
    »Gegen drei.«
    Sie wechselte auf die linke Spur des Freeway und trat das Gaspedal durch. Der 210er war heute ziemlich leer. Die Berge zu beiden Seiten der Asphaltstraße waren voller Blumen und flimmerten in der Hitze. Es war bereits Ende Juni. Der Sommer hatte sich in diesem Jahr verschlafen, doch die hohen Temperaturen in dieser Woche bewiesen, daß er schließlich doch noch aus den Federn gekommen war. Die Quecksilbersäule war bereits auf über 32 Grad geklettert. Decker stellte die Klimaanlage an.
    »Und dieser Abschaum war ein Militärkumpel von dir«, sagte Marge.
    »Yep. Nenn ihn nicht immer Abschaum.«
    »Hey, so haben wir Vergewaltiger doch immer genannt.«
    »Mutmaßlicher Vergewaltiger.«
    »Scheiße.« Marge überholte einen großen Sattelschlepper. »Jetzt wirst du aber juristisch spitzfindig. Was war denn seine Entschuldigung? ›Sie hat’s drauf angelegt‹ oder ›Ihr habt den falschen Kerl erwischt‹?«
    »Ihr habt den falschen Kerl erwischt.«
    »Typisch.« Marge schüttelte den Kopf. »Er ist Abschaum, Pete. Laß dich nicht von ihm einwickeln, weil er dir mal das Leben gerettet hat oder so was.«
    »Er hat mir nie das Leben gerettet.« Decker nahm eine Zigarette heraus.
    »Du rauchst! Offenbar hab’ ich einen Nerv getroffen.«
    »Hast du ’ne Karte von der Manfred-Siedlung dabei?« fragte Decker.
    »In meiner Handtasche. Etwa zweihundertfünfzig Häuser. Ich hoffe, du hast bequeme Schuhe an.«
    »Ich hab’ einen Wahnsinnshunger«, sagte Decker.
    »Sollen wir bei dem Seven-Eleven anhalten?«
    »Die Zeit ist zu knapp«, sagte Decker. »Deshalb rauche ich nämlich, und nicht weil du einen Nerv getroffen hast, Lady.«
    »Frieden, Bruder.«
    Decker lachte.
    Das Auto bog an der Deep Canyon Road ab, einer der Hauptstraßen durch die Gebirgsgemeinden der Foothill Division des Los Angeles Police Department. Die Straße war schmal und kurvig, doch als sie die Geschäftszone erreichten, wurde sie sechsspurig. Der Plymouth fuhr an den Geschäften vorbei – Billigläden für Bekleidung, Drive-in-Restaurants, ein Suzuki-Händler, mexikanische Lokale und Bars, in die man zum Trinken ging und nicht um jemanden anzumachen. Die Geschäfte hörten bald auf, dann folgten Großhändler – Holzlager und Ziegeleien, Firmen für Dachdeckerbedarf und Lagerhäuser. Hinter den Großhandelsniederlassungen kam Wohngebiet – kleine Holzhäuser und größere Ranches. Alle paar Meilen ragten Kirchen wie Wachtürme in die Höhe.
    Decker hatte vor Jahren in dieser Gegend unbebautes Land gekauft, direkt nach seiner Scheidung. Das Land hatte zwar an Wert gewonnen, aber nicht so stark wie die Grundstücke in den reichen Gegenden von L. A. Aber er mochte das offene Gelände und hielt auf seiner Ranch Pferde. Außerdem mochte er die Berge und genoß den Vorteil, daß er nur fünfzehn Minuten bis zur Dienststelle brauchte.
    Sie fuhren an der Abzweigung zur Ohavei Torah Jeschiwa vorbei, einem religiösen College für jüdische Männer, das bei den anderen Cops die Judenstadt hieß. Auf dem Gelände lebten auch Frauen mit ihren Ehemännern oder Vätern. Rina Lazarus war eine Ausnahme gewesen – die einzige Witwe. Vor zwei Jahren hatte Decker dieses College zum ersten Mal betreten, und zwar während der Ermittlungen in einem üblen Vergewaltigungsfall. Rina war seine Starzeugin gewesen.
    Erst zwei Jahre war das her, und in dieser Zeit hatte sich sein Leben so entscheidend verändert.
    Rina. Sie war der Typ Frau, für den Männer einen Mord begehen würden. Und sie hatte abgeschirmt in dieser schützenden religiösen Gemeinschaft gelebt, ohne sich ihrer weiblichen Zauberkräfte bewußt zu sein. Ihre Arglosigkeit machte sie für Decker noch anziehender, und so hatte er sich an eine Frau herangemacht, bei der andere noch nicht mal einen ersten Versuch gewagt hätten. Doch er mußte Kompromisse machen. Rina wollte nicht nur einen jüdischen Mann, sondern einen religiösen jüdischen Mann.
    So wurde aus dem baptistisch erzogenen Decker ein Frummie – ein religiöser Jude. Zunächst hatte er viele Bedenken gehabt,
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