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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)
Autoren: Ralf Boscher
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Druck auf mich erhöhen. Ich verzichtete darauf, wach zu bleiben, um ihn auf frischer Tat zu ertappen. Das hätte nichts geändert. Die Botschaft war eindeutig (deswegen hatte K. wohl auch auf weitere Post-its verzichtet). Lese! Halt die Polizei aus dem Spiel! Veröffentliche!
    Ich glaubte nicht, dass er von meinen Recherchen Wind bekommen hatte. Dennoch las ich fleißig und begann, seine Aufzeichnungen zu ordnen, zu redigieren (und ich tat dies demonstrativ in der Sonne sitzend am Gartentisch, so dass ich bei dieser Arbeit gesehen werden konnte). Manchmal ertappte ich mich dabei, dass ich den Autor dieser Aufzeichnungen vor mir vergaß – und somit auch, dass ich nur deswegen diese Seiten las, weil er meine Eltern und mich bedrohte. In diesen Momenten las ich einfach einen Roman, der mir gefiel. Aber das waren nur kurze Momente des ungetrübten Lesevergnügens. Hörte ich zum Beispiel meine Eltern reden, so verlor ich den Draht zu den Worten. Mir fiel mir auf, dass sie auf einer Schreibmaschine geschrieben worden waren. Auf einer typgleichen Schreibmaschine, mit der ich anfangs auch geschrieben hatte. Von K., der mir mit den vor der Haustür meiner Eltern deponierten Briefumschlägen deutlich zu verstehen gab, wie nah er doch meinen Eltern kommen konnte. Von K., der vielleicht kein Schreibtischtäter war, sondern ganz real Hand anlegte.
 
     
BA-BA BA-BAA BAMM! Was für ein Film in meinem Kopf! Abschied ist ein scharfes Schwert, oh ja, und jetzt endlich führte ich das Schwert mit gewissenloser Hand.
     
    K. hatte hinter diese Zeilen kein »Ende« gesetzt, aber ich hatte den Eindruck, nun war alles gesagt. Ich las gerade den letzten Absatz von K.s Aufzeichnungen, als mein Handy auf dem Gartentisch vibrierte. Und während die Sonne unterging, klärte mich meine Quelle über K. auf:
    Unter den Kollegen meiner Quelle bei der hier am Niederrhein zuständigen Kripo gab es noch heute Stimmen, die K. als den Verursacher des Bremsschadens ansahen, der zu dem tödlichen Unfall seiner Eltern und Julia führte. Man hatte es ihm nur nicht nachweisen können. Zudem muss es in der Kindheit von K., wie sich ein älterer Kollege erinnern konnte, einige Vorfälle gegeben haben, aber die diesbezüglichen Akten waren unter Verschluss. Nun gut, das konnte Polizistentratsch sein. Aber mir passte das, so dünn dieser Faden auch war, aus dem ich geneigt war, K. einen Strick zu drehen, ins Konzept. Substanzieller waren die Erkenntnisse meiner Quelle aus Telefonaten mit Kollegen bezüglich der beiden Zeitungsartikel. Denn in beiden Fällen hatten die Zeitungen nur die halbe Wahrheit geschrieben. Im Artikel der RP über den Selbstmord im Weizenfeld wurde weder erwähnt, dass das arme, (in diesem Fall) glücklicherweise bereits tote Mädchen von den Dreschflegeln eines Mähdreschers überrollt worden war (der Tod war dem verantwortlichen Redakteur auch ohne dieses grausige Detail schrecklich genug erschienen), noch dass neben ihr ein zerfleddertes Exemplar von Hesses Gedichten gefunden wurde (das erschien dem Redakteur, der Hesses Gedichte wohl nicht kannte, als nicht wichtig genug, um es zu erwähnen). Beide Details finden sich in K.s Aufzeichnungen wieder. Futter für meine These: erst die Tat, dann der Bericht. Noch mehr Futter erhielt mein Misstrauen durch ein in der WZ unveröffentlichtes Detail über den Fund in der Müllverbrennungsanlage, ein Detail, welches nicht aufgrund der Pietät des Redakteurs, sondern aufgrund ermittlungstechnischer Erwägungen nicht veröffentlicht worden war: Der in einem Müllsack gefundene Leichnam war zerstückelt worden.
    Somit kannte K. Details von Todesfällen, Morden, die er eigentlich nicht hätte kennen dürfen. Von denen er nur Kenntnis haben konnte, wenn war dabei gewesen war. Hautnah. Als Täter.
    Natürlich hätte es auch so sein können, dass auch er seine Quelle bei der Kripo hatte. Aber diesen Gedanken verwarf ich mehrmals in der schlaflosen Nacht, die auf mein Telefonat mit meiner Quelle folgte (wobei dieser Gedanke mich bis heute begleitet: K. hatte die Zeitungsartikel aufgehangen und er hatte mir unbedingt seinen Keller zeigen wollen, diesen »Autor des Sammlers«-Schrein. Vielleicht also waren diese Artikel, von denen er ausgehen konnte, dass ich sie bemerke, doch nur ein Teil der Inszenierung. Besonders realistische Requisiten. Echte Artikel. Echte Details, die unveröffentlicht waren. Details, von denen er aber nicht deswegen Kenntnis hatte, weil K. der Täter gewesen war, sondern nur
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