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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten
Autoren: Charlotte Vale Allen
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nach Hause und ließ mich voll laufen, redete mir ein, dass nun Schluss sei.
    Aber so einfach ließ Ihre Schwester andere nicht davonkommen. In meiner Naivität hatte ich mir eingebildet, nun höre die Nötigung wohl auf. Weit gefehlt! Schon am nächsten Tag war sie Feuer und Flamme und wollte die Sache gleich wiederholen. Einen Zeugen zu haben, wissen Sie, das versetzte sie richtiggehend in Erregung! Ich brauche gar nichts zu tun, meinte sie, müsse nur im Ankleidezimmer präsent sein, während sie den Doktor zur nächsten Runde herbeizitierte. Ausgeschlossen, sagte ich ihr. Wenn sie glaube, Reid lasse sich auch nur noch ein einziges Mal in ihrer Nähe blicken, dann sei sie nicht recht bei Trost.”
    „Aber sie wollte nicht hören”, führte Rowena weiter aus. „Sie fing an, ihn Tag und Nacht anzurufen.”
    „Genau.”
    „Und mit einem Mal war damit Schluss. Warum? Was war passiert?”
    „Eines Tages, nachdem sie den armen Kerl schon wochenlang terrorisiert hatte, fiel ihr plötzlich ein, dass es eigentlich gar nicht unbedingt Reid sein musste. Es konnte jeder x-Beliebige sein, Hauptsache, ich stand parat, im Ankleidezimmer in Deckung, und schaute zu. Erst versuchte sie es mit Drohungen. Entweder ich machte mit, oder Mae wäre ihren Job los. Von mir aus, sagte ich. Machen Sie, was Sie wollen. Dann reiche ich eben die Kündigung ein, und Sie können sich einen neuen Geschäftsführer suchen. Binnen eines Monats. Nein, nein, hieß es dann, natürlich werde sie Mae nicht auf die Straße setzen. War nur ’n Scherz, Ian! Ob ich’s denn dann für Geld machen würde? Sie bot mir tausend Dollar, auch zweitausend, und war völlig baff, als ich ihr eröffnete, dass ich keinen Wert auf ihr Geld legte und ohnehin kündigen würde, weil es mir allmählich reichte. Mittlerweile wirkte es sich nämlich sehr negativ auf das ganze Lokal aus. Das Personal war mit den Nerven am Ende, weil Claudia beim geringsten Anlass einzelne Angestellte oder alle miteinander attackierte. Ich legte ihr mein Kündigungsschreiben auf den Schreibtisch, bot ihr zwar an, bei der Suche nach einem Nachfolger behilflich zu sein und ihn oder sie einzuarbeiten, sagte ihr aber, meine Entscheidung sei endgültig. Mittlerweile hatte ich mich ohnehin schon wegen Mae umgetan und nach einem Job für sie Ausschau gehalten. Ich dachte, wenn ich Mae vor vollendete Tatsachen stellte, dann würde sie heilfroh sein, von Claudia fortzukommen. Das gesamte Personal dachte so. Die standen alle kurz vor dem offenen Aufruhr. Terry berichtete mir, er habe ein Stellenangebot bekommen und überlege sich ernsthaft, ob er nicht kündigen solle. Philippe hatte von Claudia die Nase gestrichen voll, Doug bereits Bewerbungen losgeschickt. Selbst die Hilfskellner moserten schon.
    Nun bekam Claudia es mit derAngst zu tun. Das könne ich doch nicht machen, meinte sie. Sie schaffe es nicht, das Lokal ohne mich zu leiten, und mit einem anderen Geschäftsführer, nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit mit mir, das komme nicht infrage. Sie werde mich auch nie wieder um etwas bitten, wenn ich nur bliebe! Aber ich ließ mich nicht erweichen – tut mir Leid, Ende des Monats bin ich weg. Ich lasse Sie nicht Knall auf Fall im Stich, sagte ich ihr, doch mich hält hier nichts mehr.
    Und was macht sie?” Wieder ließ er sein bitteres Lachen vernehmen. „Es war geradezu lächerlich! Sie ließ sich am Freitagabend einfach nicht blicken! Wir gerieten in helle Panik, hatten zu wenig Leute, keinen an der Rezeption. Und genau in dem Moment, als im Lokal Hochbetrieb herrscht, ruft sie an und droht mir mit Selbstmord, wenn ich meine Kündigung nicht zurücknehme. Sie führt mir fast wortwörtlich dieselbe Szene vor, die sie dem Doktor vorgespielt hatte. Sie solle den Unsinn lassen, sagte ich ihr. Das Lokal sei brechend voll, ich hätte alle Hände voll zu tun. Sie ließ nicht locker, redete was von Tabletten, die sie schlucken wolle. ‚Na, dann tun Sie’s doch!‘ habe ich zu ihr gesagt. ‚Ich hab keine Zeit für diesen Quatsch!‘ Dann habe ich aufgelegt.”
    Rowena führte seinen Bericht weiter. „Und sie hat die Tabletten geschluckt.”
    Er nickte. „Als ich am nächsten Morgen wach wurde, geriet ich doch ins Grübeln, ob sie wohl so verrückt gewesen war und die Tabletten geschluckt haben könnte, in der Annahme, ich würde kommen und sie in letzter Sekunde retten. Das war auch ursprünglich ihr Plan gewesen, als sie den Doktor hergelockt hatte. Allerdings hatte sie den aufgegeben, als
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