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Abschied aus deinem Schatten

Abschied aus deinem Schatten

Titel: Abschied aus deinem Schatten
Autoren: Charlotte Vale Allen
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Abwesenheit sterben, nicht aus dem Zimmer traute, da hast du seine Hand gehalten und ihm etwas vorgelesen. Du hast ihn gefüttert und sauber gemacht, damit ich mal ’ne Atempause bekam und mich im Badezimmer ausheulen konnte. Und später dann, als es vorbei war, als ich rausmusste aus der Wohnung, weil ich allein da drin völlig durchgedreht wäre, hast du mir ein neues Zuhause geboten. Also, danke mir bitte nicht dafür, dass ich das heute so hingebogen habe, damit ihr zwei, Tony und du, mal alles ausdiskutieren konntet. Das war das Mindeste, was ich tun konnte. Jetzt schlaf schön und träum was Hübsches. Wir sehen uns morgen!”
    An einem Samstagabend zweieinhalb Wochen später betrat Ian das Büro des Restaurants. Es war kurz nach elf. Er war derart verblüfft, Rowena hinter dem Schreibtisch vorzufinden, dass er die Zigarette fallen ließ.
    „Na, Sie haben mir aber einen Schrecken eingejagt”, sagte er und bückte sich, um die glimmende Zigarette vom Boden aufzuheben.
    „Tut mir Leid. Aber ich wollte Sie unter vier Augen sprechen.”
    „Sie fühlen sich besser, nicht wahr? Man sieht es Ihnen an.”
    „Allmählich wird es wieder. Kommen Sie, setzen Sie sich!”
    Er sah über die Schulter in Richtung Tür. „Ich habe aber noch gar nicht abgeschlossen …”
    „Dann komme ich mit. Ich kriege hier sowieso Platzangst.” Sie folgte ihm und setzte sich an die Bar, während er die Eingangstür abschloss.
    „Kann ich Ihnen was anbieten?” fragte er, wobei er sich hinter den Tresen begab. „Ich wollte mir noch einen Brandy auf die Schnelle gönnen, ehe ich mich auf den Heimweg mache.”
    „Nein, danke.” Sie verstand sehr wohl, wieso er hinter der Theke in Deckung ging.
    Er holte sich einen Aschenbecher, drückte die Zigarette aus und zündete sich gleich die nächste an. „Oh, Entschuldigung! Auch eine?” Er hielt ihr die Schachtel hin.
    „Nein, danke. Möchten Sie sich nicht setzen?”
    „Ach, ich stehe auch gern. In welcher Angelegenheit wollten Sie mich denn sprechen?” Während er an seinem Brandy nippte, beobachtete er sie über den Rand des Schwenkers.
    „Ich halte es für an der Zeit, dass Sie erzählen, was wirklich geschah, Ian.”
    Beide wandten den Kopf, als draußen eine Polizeiwagen langsam vorbeirollte.
    „Warum konnten Sie es nicht auf sich beruhen lassen?” fragte er bekümmert. „Ich habe doch versucht, Sie zu warnen!”
    „Auf sich beruhen lassen? Wie denn? Was immer sie auch sonst gewesen sein mag – immerhin war Claudia meine Schwester!”
    „Eine Tatsache, die mir nach wie vor in höchstem Maße unbegreiflich erscheint.”
    „Hatten Sie etwas mit ihrem Tod zu tun?” fragte sie leise.
    Falls die Frage ihn aus dem Konzept brachte, ließ er es sich nicht anmerken. Er holte tief Luft. „In gewisser Hinsicht könnte man so sagen.”
    „Sie waren es, der Dr. Reid gefilmt hat, nicht wahr?”
    Er nickte, den Blick zum Fenster gerichtet.
    „Warum haben Sie das getan?”
    Ian hob die Schultern, nahm einen Schluck und zog an seiner Zigarette. „Irgendwie war es wie eine schwarze Komödie. Es gab eine Zeit, da war ich Claudia sehr zugetan, wissen Sie? Eine ziemlich gründliche und katastrophale Fehleinschätzung meinerseits. Aber was soll man machen!” Er schaute Rowena in die Augen und lächelte verlegen. „Kein Sinn, keine Logik. Ich floh aus der erdrückenden Enge einer Ehe in England. Ich flüchtete aus der Verbindung mit einer Frau, deren hauptsächliches Lebensziel darin bestand, Einladungen für sich herauszuschlagen, und zwar zu allen möglichen Feierlichkeiten – Hauptsache, einer von den Royals tauchte dort auf. Mein Gott, was für eine dumme Gans! Trotzdem hat es an die zehn Jahre gedauert, bis ich sie endlich los war. Der Pfiffigste bin ich wohl nie gewesen. Dann kam ich, auf der Suche nach einem neuen Ziel, nach Amerika, fand es aber nicht in New York und beschloss, mich stattdessen der Ruhe wegen in der Provinz niederzulassen. So nahm ich das Stellenangebot als Geschäftsführer in diesem Lokal an. Genau das Richtige für mich, wissen Sie, denn ich bin buchstäblich im Hotelgewerbe groß geworden. Meine Familie besaß mehrere Hotels, ich besuchte die schweizerischen Hotelfachschulen – das Übliche. Da kam mir dies Restaurant wie gerufen.
    Angenommen habe ich wegen Claudia. Einer Frau wie ihr war ich nie zuvor begegnet – glamourös, protzig elegant und, unter der Oberfläche, ein klein bisschen verrucht. Freilich, von der Führung eines Gastronomiebetriebs
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