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Abraxmata

Abraxmata

Titel: Abraxmata
Autoren: Andrea Bannert
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gesehen?«, fragte Abraxmata und sah Murus erwartungsvoll an.
    Der betrachtete das Heinekinblatt eingehend und las Pentons Nachricht.
    Der Heinekinbaum hatte sehr große eckige Blätter. Wenn man mit einem spitzen Gegenstand Buchstaben in die oberste Schicht des Blattes ritzte, floss ein hellrotes, leuchtendes Sekret nach. Die Bewohner des Mondschattenwaldes verwendeten die Blätter, um sich gegenseitig Nachrichten zu schicken.
    Als Murus mit dem Lesen des Blattes fertig war, sah er Abraxmata beunruhigt an. »Ich verstehe gar nicht, wie du so ruhig bleiben kannst«, entgegnete er, vollkommen aus dem Häuschen. »Wenn Penton so schreibt, dann geht entweder die Welt unter oder du hast etwas Schreckliches angestellt und kannst dir jetzt deine Strafe abholen.«
    »Also, erstens«, erwiderte Abraxmata aufgebracht, »erstens habe ich nichts angestellt und zweitens«, setzte er mit ruhiger Stimme hinzu, »weiß ich gar nicht, warum du dich so aufregst, so schlimm klingt der Brief doch gar nicht.« Abraxmata nahm Murus das Heinekinblatt aus der Hand und las Pentons Nachricht noch einmal laut vor:
     
    Lieber Abraxmata,
    bitte suche mich umgehend am Mondschattenbach auf.
    Ich muss mit dir reden, es liegt etwas in der Luft, ich fühle es.
    Beeile dich!
    Penton
     
    »Umgehend« , las er noch einmal etwas spöttisch. »Der Alte glaubt doch nicht wirklich, dass ich mitten in der Nacht mein gemütliches Blätternest verlasse, um ihn zu suchen.«
    Murus rappelte sich auf, legte seinen großen Flügel um Abraxmatas Füße und sagte: »Auf geht’s, ich helfe dir, wir suchen Penton gemeinsam.«
    Penton
    Die beiden Freunde drängelten sich an den Bach vor, und Murus bot sich an, über der Wasseroberfläche zu fliegen, weil er von dort aus Penton besser sehen könne. Aber zum Glück konnte Abraxmata ihn überzeugen, lieber mit ihm am Ufer entlangzulaufen. Die beiden kamen an eine Stelle, an der sich im Bach immer mehr Sand und Schlick aufgestaut hatte, sodass hier mit der Zeit eine kleine Insel entstanden war, auf der einige gelb-rot schimmernde Blumen blühten, denen man heilende Kräfte nachsagte.
    Auf einer Seite lag eine große schwarze Wurzel, unter der man Penton oft antreffen konnte.
    »Ich fliege schnell hinüber und sehe nach, ob er da ist«, sagte Murus und brachte voller Tatendrang seine Flügel in Flugposition.
    »Nein, warte«, entgegnete Abraxmata, »das Wasser ist hier nicht besonders tief. Ich wate auf die andere Seite.«
    Und noch bevor Murus wusste, wie ihm geschah, wurde er von Abraxmata gepackt und auf dessen rechte Schulter gesetzt. Abraxmata tastete sich vorsichtig die steile Böschung hinunter. Das Waten durchs Wasser auf die kleine Insel gegen die Strömung bereitete ihm sichtlich Probleme. Immer wieder rutschte ihm im Wasser, das ihm nach einigen Schritten über den Bauch reichte, seine Vorderpfote weg. Er achtete nicht auf Murus’ Schreie, der sich auf seiner Schulter aufführte, als würde er aufgespießt, sondern konzentrierte sich voll auf seinen Weg. Das Wasser wurde schließlich wieder seichter und die beiden erreichten lebend , was Murus sichtlich zu überraschen schien, die Insel. Sie liefen zur Wurzel hinüber, klopften dagegen und als sich niemand meldete, kroch Murus hinein. Abraxmata musste draußen warten, denn er war zu groß, um auch unter die Wurzel kriechen zu können.
    »Hallo, hallo! Penton? Jemand zu Hause?«, rief Murus in die Dunkelheit hinein und strengte seine kleinen hellen Augen an, um irgendetwas erkennen zu können. Auf einer violetten Blüte lag ein Wesen und schlief. »Hevea! Wach auf!«, krächzte er.
    Doch Hevea rührte sich nicht. Anscheinend war sie vom Überbringen der nächtlichen Nachricht so erschöpft, dass sie tief und fest schlief.
    Hevea war ein Gilko. Das sind kleine zerbrechliche Wesen mit Flügeln wie ein Schmetterling, die blau schimmern. Gilkos stehen im Dienste der Bewohner des Mondschattenwaldes und überbringen für sie Nachrichten.
    Murus wurde das Rufen und Warten zu dumm. Mit der Spitze seines langen Flügels rüttelte er so lange an der Blüte, die als Bett diente, bis Hevea sich schließlich zu recken und zu strecken begann. Sie drehte sich um und öffnete die Augen.
    »Ach, du bist es, Murus«, sang sie verschlafen.
    »Wir sind auf der Suche nach Penton«, entgegnete Murus sichtlich ungeduldig.
    »Wir?«, fragte sie und hatte sich jetzt auf ihrer Blume aufgesetzt.
    »Abraxmata wartet draußen.«
    Bei Abraxmatas Namen sprang sie auf, hüpfte von der
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