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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger
Autoren: Seth Grahame-Smith
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werden; würde zusehen, wie Reiche zu Staub zerfielen; jedes Wort Shakespeares würde er auswendig können. Er war Herr über Zeit und Raum. Booth konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als ihm ein weiterer Gedanke in den Sinn kam. Die alte Zigeunerin hat wirklich Recht behalten. Er war jung gestorben, genau wie sie es vorhergesagt hatte. Und jetzt würde er für immer sein.
    Ich bin ein Vampir, dachte er. Gepriesen sei Gott.
    _
    Doch die Unsterblichkeit entpuppte sich zunächst als Enttäuschung. Wie so viele Vampire musste Booth die schweren Lektionen des Todes ganz alleine lernen. Es gab keinen Mentor, der ihm erklärt hätte, woher die tausend flüsternden Stimmen kamen, die sich nun in seinen Kopf schlichen, wenn er vor Publikum stand. Kein Ladenbesitzer, der ihm die geeignete dunkle Brille empfahl oder die beste Methode, Blut vom Ärmel eines Mantels zu entfernen. Als die erste Blutgier ihn packte und in Wellen über seinen Verstand hereinbrach, streifte er stundenlang durch die Straßen von Richmond, folgte unzähligen schwankenden Betrunkenen endlose verschlungene Gassen entlang, ohne je wirklich den Mut aufzubringen, zuzuschlagen.
    Als die Gier unerträglich wurde und er spürte, dass er langsam in den Wahnsinn abglitt, fasste er endlich den Mut – aber nicht in Richmond. Zwanzig Tage nachdem er unsterblich gemacht worden war, stieg er nach Einbruch der Dunkelheit auf sein Pferd und ritt zu einer Plantage im nahe gelegenen Charles City. Ein wohlhabender Tabakfarmer names Harrison hatte ihn als Hamlet bewundert und ihn für die darauffolgende Woche zum Abendessen eingeladen. Booth beabsichtigte, seiner Einladung nun etwas früher nachzukommen.
    Er band sein Pferd an einem Baum im Obstgarten an, etwa achtzig Yards von den Sklavenunterkünften entfernt. Diese bestanden aus zehn baugleichen, dicht beieinanderstehenden Ziegelgebäuden. Aus ihren Kaminen drang kein Rauch. Die winzigen Fenster waren dunkel. Booth entschied sich für das Gebäude, das ihm am nächsten stand (aus bloßer Bequemlichkeit), und spähte durch ein Fenster. Drinnen brannte kein Feuer, und der Mond am Himmel war nichts als eine schwarze Sichel – und doch sah er alles, als wäre es von den gasbetriebenen Rampenlichtern erleuchtet, die ihn jede Nacht blendeten.
    Ein Dutzend Neger beiderlei Geschlechts und jeden Alters schlief drinnen tief und fest, einige auf Betten, andere auf geflochtenen Matten am Boden. Ihm am nächsten, direkt unter dem Fenster, lag ein kleines Mädchen von sieben oder acht Jahren auf dem Bauch in einem zerlumpten Nachthemd.
    Minuten später war Booth wieder im Obstgarten, hielt schluchzend ihren leblosen Körper im Arm, während ihm ihr Blut von den Fängen tropfte und übers Kinn rann. Er sank auf die Knie und drückte sie fest an seine Brust.
    Er war der Teufel.
    Booth spürte, wie sich seine Fänge in den ausgeprägten Muskel an ihrer Kehle bohrten, und fing erneut an zu trinken.
    V
    Nachdem sie den ganzen Tag lang höfliche Absagen erhalten hatten, fanden die Lincolns endlich ein Paar, das bereit war, sie ins Theater zu begleiten. Major Henry Rathbone und seine Verlobte Clara Harris, die Tochter des New Yorker Senators Ira Harris, saßen Abe und Mary gegenüber, als die Präsidentenkutsche durch den lichten Nebel glitt. Mary spürte die kalte Luft in ihrem schwarzen Seidenkleid und der dazu passenden Haube. Abe in seinem schwarzen Wollmantel und den weißen Handschuhen hingegen war es angenehm warm. Die Gruppe fuhr um kurz vor halb acht am Ford’s Theater vor, zu einer Zeit, da das Stück Our American Cousin bereits begonnen hatte. Abe, der es hasste, zu spät zu kommen, entschuldigte sich beim Portier und begrüßte seinen Ersatzleibwächter John F. Parker.
    Parker, ein Washingtoner Polizist, war ohne Erklärung drei Stunden zu spät zu seiner Schicht im Weißen Haus aufgetaucht. William H. Crook, der tagsüber Lincolns Leibwächter gewesen war, hatte ihn verärgert zum Ford’s Theater geschickt und ihn angewiesen, dort auf den Präsidenten und seine Begleiter zu warten. Schon bald würde das Land erfahren, dass Parker ein notorischer Trinker war, der bereits mehrfach abgemahnt werden musste, weil er im Dienst eingeschlafen war.
    An diesem Abend war er alleinig verantwortlich dafür, Abraham Lincolns Leben zu schützen.
    Die Lincolns und ihre Gäste wurden einen engen Treppenaufgang zu der Doppelloge hinaufgeführt, in der vier Sitzplätze auf sie warteten. Ganz rechts stand ein Schaukelstuhl aus schwarzem
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