Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgründe

Abgründe

Titel: Abgründe
Autoren: Arnaldur Indriðason
Vom Netzwerk:
hast ihm klargemacht, dass er euch mit in den Abgrund reißen würde. Du hast ihm gesagt, dass du einen Weg wüsstest, um ihn da herauszuhalten, du würdest seine Kredite übernehmen und seine Spur verschleiern. Sohätte man die Sache gut deichseln können. Aber darauf ist Þorfinnur nicht eingegangen, er wollte sich radikal von diesem Schandfleck befreien. Ihm war es nicht egal, woher das Geld stammte.«
    Sverrir hatte aufgehört, auf die Wand zu starren. Er richtete sich auf und setzte sich auf die Kante der Pritsche.
    »Ich habe nichts mit dem Tod von Þorfinnur zu tun«, erklärte er schließlich. »Es kann schon sein, dass das, was du über unsere Zusammenarbeit bei der Geldwäsche gesagt hast, gewisse Parallelen zur Realität hat. Ich habe keine Ahnung, was Arnar und Knútur dir gesagt haben. Ich komme wohl nicht umhin zuzugeben, dass ich mich zusammen mit ihnen und Alain Sörensen an einem Versuch zur Geldwäsche beteiligt habe, das ist mir bewusst. Dafür werde ich auch die Verantwortung übernehmen. Aber mit Þorfinnurs Tod habe ich nicht das Geringste zu tun. Wir haben uns gestritten, das stimmt. Über Geld, über unsere Geheimkonten, über die Herkunft des Geldes. Die war ihm tatsächlich nicht gleichgültig. Ich habe versucht, ihn davon zu überzeugen, dass das keine Rolle spiele, aber wenn er den Kram hinschmeißen würde, müssten wir das auch tun. Ich konnte ihn aber nicht von seiner Meinung abbringen. Er wollte dieses Geld zurückgeben und die Konten zugänglich machen – und die ganze Sache an die Polizei weiterleiten. Wir anderen drei waren nicht dagegen, die Zusammenarbeit mit Sörensen aufzukündigen, und wir wären sogar auch bereit gewesen, das Geld zurückzuzahlen. Wir waren fast zu allem bereit, was Þorfinnur verlangte, aber wir konnten nicht zustimmen, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.«
    Sverrir stand auf und holte tief Luft. »Darüber haben wir uns gestritten«, sagte er. »Das war das Einzige, was wir nicht wollten. Mit allem anderen wären wir einverstanden gewesen.«
    »Und deswegen hast du ihn über die Klippe gestoßen?«
    »Ich … Ich habe ihn einfach stehen lassen«, erklärte Sverrir. »Ich … Wir haben uns über Sörensen und diese Konten gestritten, und er blieb steif und fest bei seiner Meinung. Da habe ich ihm gesagt, er solle sich zum Teufel scheren, bin zum Auto zurückgegangen und hab ihn da allein zurückgelassen. Ich war wütend.«
    »Bislang hast du immer gesagt, dass du zum Auto gegangen bist. Es war keine Rede davon, dass ihr euch gestritten habt.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Sverrir. »Aber inzwischen wisst ihr ja alles über diese Konten. Ich wurde wütend und ließ ihn dort zurück. Ob du mir glaubst oder nicht, ist deine Entscheidung, aber so war es. Ich gebe mir die Schuld daran, was mit ihm passiert ist, und das hat mir die ganze Zeit schwer auf der Seele gelastet. Ich hatte indirekt Schuld an seinem Tod, das gebe ich zu. Weil ich ihn allein zurückgelassen habe. Aber Mord war es nicht, das bestreite ich rundheraus. Ich hatte die Absicht, zu ihm zu fahren und ihn abzuholen. Er ist verunglückt.«
    Sigurður Óli blickte Sverrir eindringlich an, aber der wich seinem Blick aus und starrte stattdessen auf die Wände, die ihn immer mehr einzuengen schienen.
    »Hat er geahnt, was du vorhattest?«, fragte Sigurður Óli. »So ganz zum Schluss?«
    »Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Ich war nicht bei ihm.«
    »War er sofort tot, als er unten auf den Felsen aufprallte?«
    Sverrir gab ihm keine Antwort auf diese Frage.
    »Oder hat er vielleicht noch eine Weile gelebt?«
    Sigurður Óli war entschlossen, keine Schonung walten zu lassen.
    »Ich habe ihm nichts getan«, sagte Sverrir.
    »Hast du seine Schreie gehört, als er abstürzte?«
    »Ich denke nicht daran, auf so eine Frage zu antworten.«
    »Es wird gewiss nicht einfach sein, das alles zu beweisen, aber es ist eine Tatsache, dass diese Fahrt auf deine Initiative zurückgeht, dass Þorfinnur mit dir losgefahren ist. Und du bist allein zurückgekehrt, und für dich ging es um deine Existenz. Ich bezweifle sehr, dass du dich da so einfach herausreden kannst.«
    Sigurður Óli drehte sich um und schlug gegen die Stahltür, damit ihm aufgeschlossen wurde.
    »Ich habe ihn nicht umgebracht«, beharrte Sverrir.
    »Ich glaube, dass du dich immer noch weigerst, den Tatsachen ins Auge zu blicken«, entgegnete Sigurður Óli. »Ich denke, die Richter werden sich in dieser Sache auf Þorfinnurs Seite stellen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher