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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf
Autoren: PeP eBooks
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sie Witwe und Emil war von jeher
alleinstehend. Sie hätten sich schon vor dem Krieg gekannt, seien beide bei der Bahn als Zugbegleiter eingesetzt gewesen und bei Transporten an die Front oft von Tieffliegern angegriffen worden. Viele Male seien sie dem Tod nahe gewesen, das habe zusammengeschweißt. Er sei ihre erste große Liebe gewesen und auch ihr »erster Mann«. Aber im letzten Kriegsjahr hätten sie sich aus den Augen verloren, und nach dem Krieg hätten sich ihre Wege getrennt. Sie habe einen anderen Mann geheiratet und eine Tochter bekommen, Emil sei ledig geblieben. Erst nach dem Tod ihres Mannes hätten sie sich wieder getroffen, und seither hätten sie sporadischen Kontakt gepflegt. Leider habe Emil kein Interesse mehr an einer festen Beziehung gehabt, mehr als eine Freundschaft wollte er nicht. Natürlich sei ihr klar gewesen, dass sie ihm wohl zu alt war, auch wenn ihr acht Jahre Altersunterschied als nicht allzu gravierend vorkamen. Auch Frauen könnten sich doch mal »etwas Jüngeres suchen«, oder? Wir mussten beide herzhaft lachen. Eine unglaublich nette alte Dame, die ich da durch die Stadt fuhr. Ihre unerfüllte Liebe sollte keine große Rolle spielen bei den weiteren Ermittlungen. Und dennoch berührte mich ihre Geschichte. Ihre Aussage wurde später auch vor Gericht verlesen und trieb manchem die Tränen in die Augen. Unter Tausenden Menschen, die ich in meinen Berufsleben kennengelernt habe, gehört sie zu denen, die ich nie vergessen werde.
    Natürlich sei ihr nicht verborgen geblieben, dass Emil einen Hang zu wesentlich jüngeren Frauen hatte, und sie habe auch gewusst, dass zeitweise eine junge Frau bei ihm wohnte, die noch nicht einmal 30 Jahre alt war. Monika habe sie geheißen, wie mit Familiennamen, könne sie nicht sagen. Emil habe sie als Angeklagte im Gericht
kennengelernt. Weil sie mit zwei Freundinnen einen jungen Mann drei Tage lang in einem Zimmer gefangen gehalten hatten. Ein spektakulärer Prozess damals, der wochenlang für Schlagzeilen gesorgt hatte. Emil habe mit der Frau Kontakt aufgenommen, als sie noch im Gefängnis war. Erst habe er ihr geschrieben, und dann habe er sie sogar besucht. Sie habe ihm leid getan, und er habe ihr helfen wollen, wieder Fuß zu fassen. Als sie vorzeitig frei kam, habe sie ihn tatsächlich aufgesucht und sei bei ihm eingezogen. Sie selbst habe diese junge Untermieterin nur ein einziges Mal gesehen, als sie Emil abholte. Da wusste sie dann auch, warum Emil sie gerne aufgenommen hatte. Sie entsprach wohl seinen erotischen Vorstellungen. Man könnte sie als »dralle Blondine« bezeichnen, vorsichtig ausgedrückt. Auf sie wirkte die junge Frau jedenfalls sehr ordinär. Mehr wisse sie allerdings nicht darüber, und Emil habe auch nicht viel erzählt. Dass sich zwischen den beiden eine sexuelle Beziehung entwickelt hatte, gab er unumwunden zu. Daraus hatte er noch nie ein Geheimnis gemacht. Schon gar nicht ihr gegenüber. War sie doch für ihn so etwas wie die ältere Schwester. Leider. Vor ein paar Monaten sei die junge Frau wieder ausgezogen. Es muss wohl doch nicht so optimal gewesen sein. Seine Untermieterin muss stinkfaul gewesen sein und ihn finanziell regelrecht ausgesaugt haben. Emil sei jedenfalls froh gewesen, als sie weg war.
    Als ich wieder zurück am Tatort war, berichtete mir ein Kollege von einer jungen, ziemlich großen und kräftigen Frau, die schon mehrfach unten im Hof mit einem pinkfarbenen Fahrrad hin- und hergefahren sei und wie gebannt zur Tatwohnung herauf gesehen habe. »Na
und?«, sagte ich. »Da unten stehen viele und starren herauf. Die wird wohl hier wohnen und neugierig sein wie alle anderen.«
    »Kann sein«, sagte der Kollege, »aber merkwürdig war das schon, weil sie sich nämlich auffallend von den anderen Leuten fernhielt. Als ob sie unauffällig beobachten wollte, was sich da tut. Anwohner haben mir gesagt, sie heiße Monika S. und wohne hier in der Nähe.«
    Es elektrisierte mich förmlich. »Das muss sie sein!«, rief ich und berichtete dem Kollegen kurz, was mir die alte Dame erzählt hatte. »Die schauen wir uns an. Und zwar gleich.«
    Bereits 20 Minuten später hatten wir die Wohnung gefunden, in der Monika S. mit dem pinkfarbenen Fahrrad wohnen sollte. Der Wohnblock war nicht weit entfernt von dem des Opfers, gehörte aber zu einer anderen Anlage. Am Klingelschild stand der Name »Matthias A.«. Bei ihm, so hatten wir natürlich längst ermittelt, handelte es sich um den Freund dieser Monika. Er war auch als
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