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Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf

Titel: Abgründe - Wenn aus Menschen Mörder werden - Der legendäre Mordermittler deckt auf
Autoren: PeP eBooks
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Jahren geschnauft hat, wenn er die Treppe hochging«, meinte sie. Alwine W. klopfte mehrfach kräftig an Emils Wohnungstür, aber es rührte sich nichts. Sie hob den Briefkastenschlitz hoch. Ein Schwall unangenehm riechender Luft wehte ihr entgegen. Sie kannte diesen Gestank nur allzu gut aus den Kriegsjahren, in denen sie viele Leichen gesehen und gerochen hatte.
    Alwine W. rief die Polizei. Die beiden jungen Beamten zögerten nicht lange und ließen die Wohnung öffnen. Einer von ihnen ging hinein. Es dauerte keine 20 Sekunden, und er kam kreidebleich wieder heraus, mit einer Hand Mund und Nase zuhaltend. »Hol die Kripo«, sagte er zu seinem Kollegen, »der ist umgebracht worden. In seinem Hals steckt ein Besen.«
     
     
    Als meine beiden Kollegen und ich am späten Nachmittag an den Tatort kamen, hatte sich vor dem Haus eine kleine Menschenmenge versammelt. Neugierige Nachbarn, denen jetzt allen einfiel, dass sie Herrn S. ja schon so lange nicht mehr gesehen hatten. Da man aber kaum engen persönlichen Kontakt untereinander hatte und lediglich normale nachbarschaftliche Beziehungen pflegte -
was in einer Großstadt bedeutet, dass man sich grüßt und gelegentlich ein paar Worte wechselt -, war niemandem aufgefallen, dass Emil S., der wie viele andere immerhin schon seit 40 Jahren hier lebte, irgendwie fehlte.
    Als ich die Ansammlung der Anwohner sah, war mir klar, dass nun allerlei Erkenntnisse und Gerüchte ausgetauscht und vermischt werden würden, was natürlich einer objektiven Informationsgewinnung abträglich war. Und oft wird das, was man erfahren hat, gerne als eigenes Wissen verkauft - besonders wenn Belohnungen ausgesetzt sind.
    Es sah nicht gut aus. Liegezeit mindestens drei Wochen, schätzte die Leichenschauerin. Da die Balkontür weit offen stand, hielt sich der Gestank in Grenzen. Es war ein grausiger, fast schon skurriler Anblick. Keiner von uns hatte Derartiges vorher gesehen. Der Besenstil ragte aus dem Hals heraus und stand kerzengerade in die Höhe, wobei die Bürste zwischen Balkontür und Türrahmen eingeklemmt war. Dadurch konnte die Tür nicht zuschlagen, und gleichzeitig hatte der Besenstiel einen festen Halt. Der Körper des Mannes war aufgedunsen, der Kopf war schwarz-klumpig, und die wohl schon dritte Generation von Maden war dabei, ihr Werk fortzusetzen. Die Leiche war bekleidet mit Hemd und Hose.
    Wir vereinbarten mit dem Erkennungsdienst, nach der fotografischen Sicherung des Tatortes den Besenstil ca. 30 Zentimeter über dem Hals abzusägen und die Leiche bekleidet und unverändert ins Institut für Rechtsmedizin bringen zu lassen. Mit bloßem Auge war lediglich erkennbar, dass wohl Gesicht und Schädel zertrümmert waren, eine visuelle Identifizierung war nicht mehr möglich. Bei genauerem Hinsehen erkannte man auch einige
scharfrandige Hautdurchtrennungen im Kopfbereich, wie sie von einem Messer hätten verursacht worden sein können. Ein solches lag aber nirgends offen herum, wie wir bei erster Durchsicht feststellten. Auf dem Tisch befand sich eine leere Geldbörse, und man konnte an den lose herunterhängenden Antennen- und Stromkabeln sehen, dass auf der kleinen Anrichte, wo die Staubschicht entsprechend ausgespart war, ein Fernsehgerät gestanden haben müsste. Ein Raubmord?
    Die Wohnungstür war unbeschädigt und nur ins Schloss gezogen. Der Schlüssel steckte an der Innenseite. Der oder die Täter müssen also eingelassen worden sein. Ein Einsteigen und auch eine Flucht über den Balkon, der zur Hofseite hinausging, konnte ausgeschlossen werden. Die Tat muss sich nicht zwangsläufig bei offenem Fenster zugetragen haben. Denkbar, dass die Balkontür erst nachträglich geöffnet und fixiert wurde. Zumal niemand bisher etwas gehört haben will und die Tat garantiert nicht geräuschlos abgelaufen war.
    Alwine W. selbst lebte seit vielen Jahren alleine in einer kleinen Altbauwohnung in der Innenstadt. In Emils Wohnung war sie schon seit Jahren nicht mehr gewesen. Die alte Dame war körperlich und geistig zwar noch sehr rüstig, aber der Vorfall hatte ihr zu schaffen gemacht. Sie saß auf der Stiege im Treppenhaus, hatte die Arme auf den angezogenen Knien verschränkt und den Kopf darauf gelegt. Ich bot ihr an, sie nach Hause zu fahren. Unterwegs könnten wir uns ja unterhalten, schlug ich vor, und sie nahm dankbar an. Es habe ja einmal eine Zeit gegeben, da habe sie sich Hoffnungen gemacht, begann sie zu erzählen, als wir in meinem Dienstwagen saßen. Seit über 20 Jahren sei
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