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Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Hackenberg
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sein, war hochgewachsen und hager und wirkte irgendwie angespannt. Kati war sich sicher, ihm noch nie begegnet zu sein.
    »Guten Morgen«, begrüßte sie ihn. »Ich bin Katharina Margold. Sie wollten mich sprechen?«
    »In der Tat. Mein Name ist Buddington. Dr. Cedric Buddington.« Er reichte ihr seine Karte. »Entschuldigen Sie, dass ich Sie hier an Ihrem Arbeitsplatz überfalle, aber bei Ihnen zu Hause war in den letzten Tagen niemand zu erreichen.«
    »Stimmt, da wohne ich nicht mehr«, entgegnete Kati. Nach Ralfs Seitensprung war sie überstürzt zu ihrem Halbbruder gezogen, und Ralf selbst schien sich neuerdings fast ausschließlich bei Chantal aufzuhalten.
    »Ich will mich kurz fassen«, fuhr Buddington fort. »Es geht um Ihren Vater, Herrn Friedrich Amberg.«
    Kati spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. »Das ist nicht mein Vater.«
    »Wie bitte?«
    »Das ist nicht mein Vater. Bestenfalls mein Erzeuger. Ich habe seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm.«
    Buddington räusperte sich. »Er ist gestorben, Frau Margold. Schon vor drei Wochen.«
    »Was? Aber, wieso …?«
    »Krebs. Er hat niemandem etwas gesagt.«
    Kati sank auf einen Stuhl, und die Gedanken in ihrem Kopf rasten. Friedrich war tot. Doch alles, was sie fühlte, war eine seltsame, teilnahmslose Leere.
    »Wir haben Ihnen eine Traueranzeige geschickt und Sie mehrfach angeschrieben«, sprach Buddington weiter. »Als daraufhin keine Reaktion kam, habe ich mich entschlossen, Ihnen die traurige Botschaft persönlich zu überbringen. Mein herzlichstes Beileid.«
    »Ich habe keinen der Briefe bekommen«, stieß Kati hervor.
    »Haben Sie denn keinen Nachsendeantrag gestellt?«
    »Dazu war keine Zeit. Meine … private Situation ist im Moment etwas schwierig … Ich habe mich von meinem Freund getrennt und bin kurzfristig ausgezogen, wissen Sie.«
    »Verstehe. Nun, Frau Margold – ich würde mich gern mit Ihnen über den Nachlass Ihres Vaters unterhalten.«
    »Über seinen – was? «
    »Über das, was er Ihnen hinterlassen hat – die Grümmsteiner Zeitung.«
    Kati klappte der Unterkiefer herunter. »Nie im Leben.«
    »Wieso überrascht Sie das? Der Amberg Verlag ist seit seiner Gründung durchgehend in Familienbesitz. Da war es Ihrem traditionsbewussten Vater natürlich ein Anliegen, dass seine einzige Tochter seine Nachfolge antritt.«
    »Mein traditionsbewusster Vater hat mir nicht mal meine Ausbildung finanziert«, gab Kati zurück. »Außerdem fand er, dass Frauen im Journalismus nichts verloren haben. Wieso sollte er mir da also gleich einen ganzen Verlag vererben?«
    »In der Tat hatte Herr Amberg gewisse Vorbehalte, was Ihre Qualifikation betrifft …«
    Kati lachte auf. »Er hielt mich für strunzdumm, weil ich mein Abitur nicht geschafft habe.«
    »Sagen wir lieber, dass er Sie nicht überfordern wollte. Daher hat er entsprechende Vorkehrungen für Sie und den Verlag getroffen.«
    »Ach, inwiefern?«
    »Es gibt da dieses große Medienhaus in Hamburg, die sogenannte Tredbeck-Gruppe. Dort ist man sehr daran interessiert, die Grümmsteiner Zeitung zu kaufen – zu einem überaus fairen Preis.«
    »Ich soll verkaufen?«, wiederholte Kati ungläubig. »Das hat Friedrich gewollt?«
    »In letzter Konsequenz wollte er die Entscheidung natürlich Ihnen überlassen. Doch er wusste, dass schwierige Zeiten auf den Verlag zukommen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Das Zeitungsmachen ist nicht einfacher geworden, seitdem es das Internet gibt«, erklärte Buddington. »Es werden inzwischen mehr Anzeigen auf Onlineportalen geschaltet als auf bedrucktem Papier. Da hat auch der Amberg Verlag empfindliche Einbußen hinnehmen müssen. Und das hat natürlich auch Auswirkungen auf Ihr Erbe.«
    »Heißt das, der Verlag ist verschuldet?«
    »Nein, aber Umsätze und Gewinne sind rückläufig. Auch die Zahl der Zeitungsabonnenten sinkt stetig, und so musste Herr Amberg kurz vor seinem Tod einen drastischen Sparkurs einschlagen.«
    »Sparkurs?«
    »Wir haben den Seitenumfang der Zeitung auf ein Minimum reduziert, um die Papierkosten zu senken, und außerdem sozialverträglich Personal abgebaut, indem wir die Leute, wann immer es ging, in Rente geschickt haben.« Der Anwalt machte eine bedeutungsvolle Pause. »Über eines sollten Sie sich jedoch keine Illusionen machen: All diese Vorkehrungen sind auf Dauer keine Lösung für den Verlag. Wir bräuchten neue Einnahmequellen, damit uns die Kosten nicht weiter aus dem Ruder laufen. In einer strukturschwachen Gegend
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