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Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Hackenberg
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der konservative Verleger in der Midlife-Crisis zu sagen hatten.
    Da er sich weder scheiden lassen noch in der Öffentlichkeit zu seiner Geliebten stehen wollte, war das Ganze nicht lange gutgegangen. Katis impulsive Mutter flüchtete sich auf Vermittlung einer Tante nach Frankfurt in einen neuen Job, stellte dort aber sehr bald fest, dass sie schwanger war. Friedrich reagierte alles andere als erfreut, versprach jedoch, sie und das Kind finanziell zu unterstützen. Allerdings unter der Bedingung, dass sie »unsichtbar« blieb: »Ich will hier keinen Staub aufwirbeln«, sagte er damals zur Begründung. »Es geht schließlich keinen etwas an, dass ich eine uneheliche Tochter habe.«
    Diesen Hang zu verklemmter Heimlichtuerei legte er auch in den folgenden Jahren nie gänzlich ab – weder nach dem Tod seiner Frau, noch nachdem Kati von Heiner Margold, der großen Liebe ihrer Mutter, adoptiert worden war. Zwar entspannte sich Friedrich insofern, dass er Kati regelmäßig besuchte, sie nach Grümmstein holte und sogar mit in den Verlag nahm, damit sie sich ansehen konnte, »wie eine Zeitung gemacht wird«. Allerdings schärfte er ihr jedes Mal ein, bloß nicht »Papa« zu ihm zu sagen. Ein Wort, das ihr in Gegenwart dieses herrischen, autoritären Fremden ohnehin nie über die Lippen gekommen wäre.
    »… und damit komme ich zum letzten Punkt, einem riesigen Patzer auf der Beauty-Seite.« Chantals durchdringende Stimme ließ Kati zusammenfahren. Ihre Chefin hielt die jüngste Ausgabe der Herzwoche hoch und sah sie herausfordernd an. »›Zehn Tipps für einen kackigen Po‹«, las sie vor. »Was zum Teufel hast du dir bei dieser Überschrift gedacht?!«
    Kati spürte, dass ihr schlagartig schlecht wurde. »Mein Gott, da … da fehlt ein Buchstabe«, stammelte sie. »Es hätte doch eigentlich knackiger Po heißen müssen …«
    »Steht hier aber nicht!« Chantal knallte das Heft auf den Tisch. »Hier steht kackig! Wie in einer gottverdammten Windelwerbung!«
    »Tut mir leid, das muss ich übersehen haben …«
    »Offensichtlich!« Chantal griff nach unten und streichelte den Mops, der angesichts ihres Wutausbruchs winselnd zu ihr herangerückt war. »Ich weiß zwar, dass sich hier jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten bemüht, seinen Job zu machen«, sagte sie und fügte mit einem Seitenblick auf Kati hinzu: »Bei einigen sind diese Möglichkeiten offenbar weniger stark ausgeprägt als bei anderen.«
    »Ähm … wäre die Endkontrolle der Seiten nicht eigentlich Aufgabe der Schlussredaktion?«, meldete sich Ralf plötzlich zu Wort.
    Sofort ließ Gertrud ihren Zeichenstift fallen. »Also, das finde ich jetzt total unkollegial«, ereiferte sie sich. »Als ob ich dazu da wäre, jeden eurer Fehler auszubügeln!«
    »Entschuldige mal, Korrekturlesen ist dein Job«, sagte Rebekka. »Für was anderes bist du doch gar nicht hier.«
    »Zumal der Fehler dick und fett in der Überschrift stand«, fügte Herbert hinzu, der sich seinen Kugelschreiber mittlerweile fast ins Trommelfell gebohrt hatte.
    »Ich frage mich gerade, was unsere Leserinnen denken, wenn sie das sehen«, meinte Janine zwischen zwei Kaugummiblasen. »Kackiger Po – unterstellen wir denen damit nicht mangelnde Hygiene auf dem Klo?«
    »Dürfte insgesamt nicht zur Leser-Blatt-Bindung beitragen«, sagte Rebekka trocken.
    »Ach, und daran soll ich allein schuld sein, ja?« Gertrud war fast den Tränen nahe.
    »Unsinn, das habe ich verbockt«, beeilte sich Kati zu versichern. »Das ist ärgerlich, aber so etwas kann doch mal passieren …«
    »Nicht in meinem Heft!«, schaltete sich Chantal ein. »Solange ich hier das Sagen habe, verlange ich, dass redaktionell alles gemieden wird, was dem Verdauungstrakt entweichen könnte …« Kaum hatte sie ihren Satz beendet, stieß Kongo unter dem Tisch ein rhythmisches Furzen aus. Betretenes Schweigen senkte sich über den Raum, gefolgt von einer merklichen Verschlechterung der Luft.
    »Schönes Schlusswort«, sagte Herbert schließlich, zog den Stift aus dem Ohr und stand auf. »Na dann: Frohes Schaffen allerseits!«
    Nach und nach verließen die Redakteure das Konferenzzimmer, doch bevor Kati die Tür erreichte, trat Ralf auf sie zu.
    »Tut mir echt leid mit deiner Familie«, sagte er leise. »Ist es jemand, den ich kenne?«
    Sie zögerte. Seit der Trennung sprachen sie nur das Nötigste, und eigentlich sah Kati keinen Grund, ausgerechnet jetzt etwas daran zu ändern. Trotzdem antwortete sie: »Mein leiblicher Vater
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