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Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Abgeferkelt: Roman (German Edition)

Titel: Abgeferkelt: Roman (German Edition)
Autoren: Andrea Hackenberg
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schlaffen Händedruck und schritt in Richtung Ausgang davon. Dass er dabei eine Abkürzung nahm und kurzerhand über zwei Gräber stieg, hielt Buddington für kein gutes Omen. Dennoch war sein Entschluss gefasst: Er würde so bald wie möglich nach Frankfurt fahren und mit dem Mädchen reden.

1.
    B eim Zuschrauben des Tankdeckels kam es zu einem Lackschaden. Kati Margold hielt ihre sorgfältig manikürte Hand hoch und fluchte leise: Ein hässlicher Riss zog sich durch die Nuance »Particulière 505« auf ihrem Daumennagel, die sie am Abend zuvor peinlich genau aufgetragen hatte. Mist.
    Sie warf ihr dichtes, blondes Haar über die Schulter zurück, schnappte sich ihre Handtasche und stöckelte mit ärgerlichen kleinen Schritten auf das Tankstellengebäude zu. Hoffentlich fand sich im Kosmetik-Fundus der Redaktion ein halbwegs passender Nagellack, mit dem sich diese Beauty-Panne schleunigst beheben ließ. Sie bezahlte, verkniff sich angesichts des horrenden Benzinpreises ihr obligatorisches Schoko-Croissant und fuhr mit knurrendem Magen zur Arbeit. Einen katastrophaleren Einstieg in einen Montag konnte es aus ihrer Sicht gar nicht geben.
    Doch als sie zwanzig Minuten später ihr Büro im Verlag der Frauenzeitschrift Herzwoche betreten wollte, wurde sie schon auf dem Flur von ihrer Kollegin abgefangen.
    »Da ist Besuch für dich«, sagte Rebekka mit kaum verhohlener Neugier. »Ein Anwalt aus Norddeutschland – hast du was angestellt?«
    »Ja, vorhin an der Tankstelle.« Kati hielt ihr den ruinierten Daumennagel hin.
    »Oh, mein Gott!« Zutiefst beeindruckt starrte Rebekka auf den schlammfarbenen Nagellack. »Ist das der Echte von Chanel oder eine Kopie?«
    »Der Echte natürlich, was denkst du denn?«
    »Aber der ist doch seit Wochen überall ausverkauft!«
    »Unsinn, beim Kaufhof auf der Zeil gibt’s den haufenweise.«
    »Okay, damit fällt meine Mittagspause ins Wasser. Ich muss da hin.«
    »Erzählst du mir vorher noch, was es mit diesem Anwalt auf sich hat?« Kati schälte sich aus ihrem taillierten Wollmantel, unter dem sie einen knielangen Rock, Stiefeletten und einen hautengen Pullover trug.
    »Würde ich ja gerne, aber er hat gesagt, es handelt sich um eine Privatangelegenheit. Und dass er dich nur ganz kurz sprechen will.« Rebekka kam ein Gedanke. »Nicht dass Ralf dir diesen Typ auf den Hals gehetzt hat.«
    »Wieso sollte er? Wir haben uns im Guten getrennt. Außerdem hat er mich verlassen, nicht umgekehrt.«
    »Was ich ja nach wie vor für den Oberhammer halte. Ich meine – ausgerechnet mit unserer Chefin ins Bett steigen? Wie krank ist das denn?«
    »Nicht so laut«, erwiderte Kati mit warnendem Blick auf Chantals halb geöffnete Bürotür. »Sie könnte uns hören.«
    »Und wennschon – ich find’s unmöglich, wie sie sich in eure Beziehung gedrängt hat. Und ich frage mich, wie du bei der ganzen Sache so ruhig bleiben kannst.«
    »Ich bin nicht ruhig. Nur auf meinen Job angewiesen.«
    »Als ob du nichts Besseres finden würdest als das hier.«
    »Klar, vor lauter Headhunter-Anrufen komme ich kaum dazu, meine Artikel fertigzuschreiben.«
    »Kein Mensch zwingt dich, dein Leben lang Beauty-Redakteurin zu bleiben«, beharrte Rebekka. »Du könntest dir was anderes suchen, in einer anderen Stadt.«
    »Um dir die Kosmetik-Pakete zu überlassen, die ich jeden Tag zugeschickt bekomme? Vergiss es.« Kati öffnete die Tür zu ihrem Büro und warf ihren Mantel auf den nächstbesten Stuhl. »Ich bringe die Sache mit diesem Anwalt besser hinter mich. Wo hast du ihn hingesetzt?«
    »In den großen Konferenzraum. Aber denk dran, dass wir da um zehn unser Meeting haben – bis dahin solltest du den Typ abgewimmelt haben, sonst wird Chantal stocksauer.«
    »Wann ist die eigentlich nicht stocksauer?«, brummelte Kati vor sich hin, während sie sich auf den Weg zum Konferenzraum machte. Es schien nichts zu geben, womit sie es ihrer Chefin recht machen konnte. Seit ihrem Amtsantritt vor knapp einem Jahr mäkelte Chantal Ahlers pausenlos an Katis Texten sowie an der Auswahl ihrer Bilder und Themen. Das Einzige, was ihr jemals gefallen hatte, war Katis Freund Ralf, der als Rätselredakteur auf demselben Flur arbeitete. Von dem war Chantal so angetan gewesen, dass sie ihn bei der letzten Weihnachtsfeier mit nach Hause genommen und seither nicht wieder zurückgegeben hatte.
    Vor dem Besprechungszimmer angekommen, holte Kati tief Luft, gab sich einen Ruck und trat ein. Der Mann, der auf sie wartete, mochte Ende fünfzig
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