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Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika

Titel: Abenteuer von drei Russen und drei Engländern in Südafrika
Autoren: Jule Verne
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den Lauf des Flusses. Der Anblick dieser erhabenen und wilden Natur entzückte ihn und erfüllte seine Seele mit neuen Empfindungen. Der Zahlenmensch, der Gelehrte, welcher beständig in seine Bücher vertieft, Tag und Nacht an sein Fernrohr gefesselt, den Lauf der Sterne im Meridian verfolgte, oder die Verdeckungen der Gestirne berechnete, erquickte sich an diesem neuen Dasein in freier Luft, in den fast undurchdringlichen Wäldern, welche den Abhang der Hügel bedeckten, auf den einsamen Bergspitzen, welche der Sprühregen des Morgheda mit feuchtem Staub besprengte. Es war für ihn ein Genuß, die Poesie dieser weiten dem Menschen fast noch unbekannten Einöde zu erfassen und damit seinen von mathematischen Berechnungen ermüdeten Geist zu erfrischen. So vertrieb er sich die Langeweile des Wartens und stärkte Körper und Geist. Das Neue seiner Lage erklärte also seine unerschöpfliche Geduld, welche der Buschmann nicht theilen konnte. So gab es von Seiten des Jägers immer dieselben Klagen; von Seiten des Gelehrten dieselben ruhigen Antworten, die den reizbaren Mokum keineswegs beruhigten.
    Der 31. Januar kam heran, der letzte in dem Briefe des ehrenwerthen Herrn Airy bestimmte Tag. Wenn die angekündigten Gelehrten an diesem Tage nicht erschienen, so war William Emery gezwungen, irgend einen Entschluß zu fassen, was ihn sehr in Verlegenheit setzte. Die Verzögerung konnte sich unendlich in die Länge ziehen, und wie konnte er so in’s Unbestimmte warten?
    »Herr William, sagte der Jäger zu ihm, warum sollten wir nicht den Fremden entgegengehen? Wir können uns nicht auf dem Wege verfehlen, denn es giebt nur einen Weg, den Flußweg, und wenn sie ihn herauskommen, wie Ihr Stückchen Papier sagt, müssen wir ihnen unvermeidlich begegnen.
    – Sie haben da eine vortreffliche Idee, Mokum, erwiderte der Astronom. Wir wollen unterhalb des Falles ein Erkennungszeichen aufstecken, und es steht uns dann frei, über den südlichen Bergabhang nach dem Lager zurückzukehren. Doch sagen Sie mir, Buschmann, Sie kennen zum größten Theil den Lauf des Orangeflusses?
    – Ja, mein Herr, antwortete der Jäger, ich bin ihn zwei Mal vom Cap Voltas bis zu seinem Zusammenfluß mit dem Hart an den Grenzen der Republik Transvaal hinausgefahren.
    – Und er ist überall, mit Ausnahme an den Morgheda-Fällen, schiffbar?
    – Wie Sie sagen, mein Herr, versetzte der Buschmann. Ich muß jedoch hinzufügen, daß zu Ende der trockenen Jahreszeit der Orange bis zu fünf oder sechs Meilen von seiner Mündung fast ganz ohne Wasser ist. Dort bilden sich dann Sandbänke, an welchen sich die hohle See von Westen her mit Heftigkeit bricht.
    – Das schadet Nichts, antwortete der Astronom, da in dem Augenblick, wo unsere Europäer ihn erreicht haben müssen, die Mündung zugänglich gewesen. Es giebt also keinen Grund, der ihre Verzögerung veranlassen konnte, und demzufolge werden sie kommen.«
    Der Buschmann erwiderte Nichts. Er warf seinen Carabiner über die Schulter, pfiff Top und ging seinem Gefährten auf dem schmalen Fußpfade voran, welcher vierhundert Fuß tiefer unterhalb des Kataraktes wieder zu dem Fluß führte.
    Es war jetzt neun Uhr früh. Die beiden Kundschafter, – man konnte ihnen wirklich diesen Namen geben, – gingen dem linken Ufer des Flusses entlang hinab. Der Weg war nicht so leicht zu passiren, wie ein Damm oder eine zum Schiffeziehen bestimmte Straße. Das abschüssige mit Gesträuch bewachsene Ufer des Flusses, war ganz mit einem Laubdach wohlriechender Pflanzen überdeckt. Guirlanden von »
Cynanchum filiforme
«, wuchsen von einem Baum zum anderen und bildeten ein grünes Netz vor den Füßen der Reisenden. Daher blieb das Messer des Buschmanns nicht unthätig. Mitleidslos schnitt er diese unbequemen Guirlanden ab. William Emery schlürfte mit vollen Zügen die durchdringenden Gerüche des Waldes ein, der besonders von balsamischen Kampherdüften zahlloser Diosmeen durchdrungen war. Glücklicher Weise ward es durch einige lichte Stellen und von Waldung entblößte Uferwände möglich, schneller westwärts zu gelangen.
    Um elf Uhr Morgens hatten sie ungefähr vier Meilen zurückgelegt. Der Wind wehte von Westen her, also nach dem Katarakt zu, dessen Tosen man in dieser Entfernung nicht mehr hören konnte, im entgegengesetzten Fall hätte man das abwärts dringende Geräusch deutlich vernehmen können.
    William Emery und der Jäger hielten an dieser Stelle an, und überschauten von da den Lauf des Flusses, der sich
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