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90 Tage auf Bewaehrung

Titel: 90 Tage auf Bewaehrung
Autoren: Kim Fisher
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Fall. Ich brauchte Hilfe! Mutter! Zum Glück wusste sie mittlerweile, wie man mit einem Handy umgeht, und war somit rund um die Uhr erreichbar! Während ich versuchte, ihr zu erklären, in welchem seelischen Ausnahmezustand sich ihr Kind befand, erklärt sie mir, annähernd ähnlich verwirrt wie ich: »Nun rate mal, wer hier vor mir steht! Ein attraktiver junger Mann in Uniform.« »Mama, ich bin mir nicht sicher, ob ich wissen möchte, wie die Geschichte weitergeht!« »Herr Richter, so heißt er, erklärt deiner dummen Mutter, dass eines der drei Dinge zu viel waren: auf der Busspur fahren, Lippen nachziehen oder dabei telefonieren.« »Mama, gib ihm brav deine Papiere und schweige.« »Wissen Sie, ich telefoniere gerade mit meiner Tochter. Anstrengend - aber ganz hübsch; und übrigens immer noch Single; und leider immer noch so allein.« »Mama, ich werde mich zur Adoption freigeben lassen! Bis später.« Tut, tut, tut.
    Das war also auch keine gute Idee. Um wieder gute Laune zu bekommen, stellte ich mich vor den Spiegel und wollte mir eine frisch verliebte Frau angucken. Oh Gott! Vom wilden Küssen glich mein Kinn dem Hinterteil eines Pavians, meine Haare hatten eine ähnliche Konsistenz wie die Spaghetti auf meinem Schreibtisch - ich könnte sie einzeln zählen - und ich schien über Nacht um zehn Jahre gealtert und 20 Kilo schwerer geworden zu sein.
    Jetzt war es so weit: Ich heulte. Rotz und Wasser! Warum war ich nicht einfach nur toll? Schlank? Bildschön? Ordentlich? Und reich... O mein Gott. Auf einmal hatte ich Panik, dass ich ihn gleich wieder verlieren würde, weil ich nicht
so toll wie Gwyneth Paltrow war, die nach dem Aufstehen doch bestimmt auch immer noch ganz ganz schön aussieht. Ich musste dringend meine Analytikerin Frau S. anrufen. Was wäre denn, wenn er mich für eine Mogelpackung hielte, nur weil ihm nach ein paar Wochen seine rosarote Brille von der Nase rutscht?
    Ich hatte einen Kater! Einen »Der-Morgen-danach-Blues«. Na und, andere Frauen haben den Vor-während-danach-Menstruations-Blues«, den »Warum-kaufst-du-mirdie-Gucci-Brille-nicht-Blues« und den »Scheiße-schonwieder-ein-Kilo-mehr-Blues«!
    Jörg! Mein schwuler Freund. Er, und nur er würde wissen, wie man mich jetzt von diesem tragischen Zustand erlösen könnte. Er kam auch - nach zehn Minuten Überredungskunst. Die Diva hatte heute allerdings auch nicht die beste Laune! »Gott, du siehst wirklich aus wie eine Trümmerfrau. Setz bitte deine Sonnenbrille auf! Und deine Wohnung?! Was isssn dis jetzt hier? Fräullein, das geht gar nicht! Bist du unter die Schlampen gegangen? So, Prinzesschen, jetzt gehen wir mal schön raus, und du erzählst alles. Oder meinst du, ich stelle mich im Ernst hier hin und wasche ab? Ich hasse angetrocknete Spaghetti.«
    Es tat gut, im richtigen Moment den richtigen Menschen an meiner Seite zu haben. Denn ich wusste eins jetzt sehr genau. Von ihm würde ich den Kopf gewaschen bekommen und mich hinterher gut fühlen, nämlich so, wie ich bin. Auch wenn ich zugab, dass meine Wohnung dringend aufgeräumt werden musste!
    Wir redeten stundenlang. Jörg schien meine Panik zu begreifen und analysierte mit der ihm eigenen Art meinen aktuellen Ist-Zustand. »Schätzchen, sprich mir mal nach: ICH HABE EINEN FREUND!« Dabei guckte er mich an, als wäre
ich schwachsinnig. »Los, sags!« »Na ich hab’nen Freund.« Ich nuschelte und verschluckte mich dabei fast.
    »Einen was? Ich hab Dich nicht verstanden?« »Mann! Das kann man doch noch gar nicht so sagen! Wir sind doch noch ganz am Anfang.« »Entschuldige, jetzt seid ihr ein Paar, du Huhn, du selber hast gesagt, dass er es ist, dass es diesmal gaaaaanz anders ist. Also, reiß dich am Riemen, verabschiede dich von deinem Fastfood-Single-Leben, kneif die Backen zusammen und sag es!«
    »Ich habe einen Freund.«
    »Geht doch.«
    Aha, das war es also. Schiss vor der eigenen Zivilcourage. Schiss vor dem Moment der Entscheidung. Schiss vor der Verantwortung. Sich fallen lassen, einlassen, loslassen - auch mit dem Risiko, dass es eventuell schief gehen könnte.
    Ich war so weit. Und dachte: Ich rufe jetzt meinen Freund an. Ja! Meinen Freund!
    PS: Herr Richter, der attraktive Polizist, hatte auch keinen besonders guten Tag. Oder vielleicht hatte er heute auch nur eine Selbstbewusstseinsschwäche wie ich. Möglicherweise hatte er auch weniger in seinem Spiegelbild gesehen als andere in ihm. Er ließ sich nicht auf die Kupplungsversuche meiner Mutter ein. Er verstand
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