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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
Autoren: Karl May
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nicht.“
    „Du denkst also, vollständig mit dieser Liebe gebrochen zu haben?“
    „Ich denke es.“
    „Selbsttäuschung!“
    „Meinst du?“
    „Ja. Ich bin überzeugt, daß sie dich wahrhaft liebt. Und, lege einmal die Hand auf das Herz und sage mir aufrichtig, kommt dir nicht zuweilen der Gedanke, daß du zu hart mit ihr warst, daß sie den unverschuldeten Umstand, keine Mutter gehabt zu haben, büßen muß?“
    Walther antwortete nicht sofort. Darum fügte Sandau hinzu:
    „Ich wiederhole, was ich bereits sagte: Deine Liebe schläft. Sie wird stärker und gewaltiger erwachen, als sie vorher gewesen ist.“
    „Soll ich aufrichtig sein, so habe ich es mir auch zuweilen als möglich gedacht.“
    „Nicht wahr! Du als Psychologe, kannst diesen Gedanken nicht als unmöglich verwerfen. Deine Liebe zu der üppigen Herzlosen ist eine sinnlich-psychologische gewesen. Du hast sie zurückgedrängt. Aus der Tiefe des Herzens wird sie geläutert hervorbrechen und – horch!“
    Er blieb lauschend stehen.
    „Was ist's?“ fragte Walther.
    „Sollte ich mich getäuscht haben? Es war mir, als ob ich eine menschliche Stimme hörte, wie um Hilfe rufend.“
    „Ich hörte nichts.“
    „Und doch! Horch! Da wieder!“
    Jetzt hörte auch Walther den Ton. Es war ein langgezogener klagender Laut.
    „Wie von dem sterbenden Knaben in Erlkönigs Umarmung“, bemerkte Sandau.
    „Aus welcher Richtung kam es?“
    „Das ist hier kaum zu bestimmen, da mitten im Wald.“
    Wieder und nach einer kurzen Pause abermals erklang der zitternde, durchdringende Laut.
    „Ich möchte behaupten, daß es da von rechts her kommt“, sagte Walther.
    „Dieser Ansicht bin ich jetzt auch.“
    „Was tun wir? Folgen wir dem Rufe?“
    „Natürlich. Wer weiß, welches arme, hilflose Wesen sich hier verirrt hat.“
    „Ich war erst ein einziges Mal hier oben und könnte mich in dieser Dunkelheit nicht zurechtfinden. Bist du besser bekannt?“
    „Ja. Ich war gestern hier, während des Gewitters, als ich deine Schwester kennenlernte.“
    „Ah! Sie nannte dich ihren Retter; du aber fielst sogleich mit etwas anderem ein. Ihr habt also darüber geschwiegen. Hoffentlich erfahre ich, auf welche Weise ihr euch kennenlerntet.“
    „Gelegentlich werde ich es euch erzählen. Da ruft es wieder.“
    „Es ist wirklich da rechts drin. Dort gibt es im Felsen eine Art von Höhle, in welcher man eine leidliche Unterkunft finden kann. Eigentlich sollten wir antworten, ich will rufen.“
    „Halt! Rufe nicht!“ warnte Walther, indem er ihn beim Arm ergriff. „Unterkunft kann man dort finden? Das bringt mich auf einen Gedanken, auf eine Vermutung. Ach, wenn sie sich bewahrheitete!“
    „Woran denkst du da?“
    „An den entflohenen Silberbauer.“
    „Das wär kühn!“
    „O nein. Er kennt wohl diese Höhlung und hat seinen Sohn herauf bestellt. Am Tag hat er sich in einem unzugänglichen Dickicht versteckt, und nun am Abend sucht er die bequeme Höhle auf.“
    „Der würde doch nicht rufen!“
    „Denke an das Wundfieber!“
    „Hat er ja gar nicht gehabt! Übrigens ist es gradezu unbegreiflich, daß ein Mensch eine solche Verwundung überstehen und dann noch nach dem Wehr laufen und schließlich unter solchen Umständen fliehen kann.“
    „Er hat eine Pferdenatur. Aber denk an seine gestrige Anstrengung, an das kalte Bad und auch daran, daß er bis jetzt die nassen Kleider auf dem Leib hatte. Da ist das Auftreten des Fiebers nicht nur erklärlich, sondern das Ausbleiben desselben wäre gradezu ein Wunder. Aber schweigen wir jetzt! Es ruft nicht mehr, sondern es stöhnt und wimmert, ganz in der Nähe.“
    „Die Höhle ist kaum noch dreißig Schritt von hier entfernt.“
    „So wollen wir alles Geräusch vermeiden und uns leise anschleichen.“
    Sie hatten schon längst den gebahnten Weg verlassen und waren, den Rufen folgend, nach rechter Hand unter den Bäumen vorgedrungen. Es war unter dem dichten Laubdach vollständig finster, so daß beide sich führen und mit den freien Händen sich von Baum zu Baum tasten mußten. So kam es, daß sie nur sehr langsam Terrain gewonnen hatten.
    Jetzt hörte auch das Wimmern auf, doch ließ sich eine sprechende Stimme in Sätzen vernehmen, deren einzelne Worte wegen der noch zu großen Entfernung nicht verstanden werden konnten.
    Nun ragte es in schwarzer Schwere vor ihnen empor. Das war der Felsen, in welchem sich das Loch befand, und als sie um die Ecke desselben bogen, konnten sie auch die Worte verstehen, welche unter
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