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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
Autoren: Karl May
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etwas für dich find!“
    Sie ging in die Hütte und kehrte gleich darauf mit einem Päckchen Tabak zurück.
    „Da hast, Pat' Sepp“, sagte sie. „Es ist ein feiner, österreichischer Kaisertabak, glaub ich.“
    Er griff schnell zu und schmunzelte vor Freude im ganzen Gesicht. Er hielt das Päckchen empor, betrachtete die Überschrift und meinte:
    „Ja, wenn ich halt doch lesen könnt! Da aber hat's stets gefehlt bei mir. Aber das kaiserliche Siegel ist schon oben darauf. Also ein österreichischer! Wie kommst denn zu dieser Sorten, Leni?“
    Sie errötete ein wenig und antwortete dann:
    „Es war halt einmal ein Bergsteiger da; der hatte mehrere solcher Paketerle in der Tasche. Da hab ich mir von ihm eins für dich ausgebeten.“
    „Schau, schau, daß du immer an mich denkst, Leni. Du bist doch ein herziges Patchen! Aber wer war denn dieser Bergsteiger? Etwa einer von der Grenz drüben herüber?“
    Er zwinkerte dabei ganz verdächtig mit den Augen.
    „Mag sein“, antwortete sie möglichst kaltblütig.
    „Ein Jäger?“
    „Weiß nicht.“
    „Oder gar ein Wilderer? Ich hab halt einmal vernommen, daß der Krickel-Anton stets nur vom besten Kaisertabak raucht.“
    Sie wendete sich ab, um die Röte, welche ihr schönes Gesicht überflog, nicht sehen zu lassen.
    „Ja, der geht dich freilich nichts an“, meinte er ein klein wenig ironisch. „Was hätte denn die Muren-Leni mit so einem berühmten Wilddieb zu tun. Also kennen tust ihn nicht, den nämlich, von welchem du dir das Paketerl ausgebeten hast; aber rauchen werde ich den Tabak dennoch. So einen feinen und guten hab ich all mein Lebtag nur selten in der Pfeifen gehabt.“
    Er begann zu stopfen, und brannte dann an.
    „Oh, ah! Sappermenterl! Der ist halt nobel! Das reine Gewürz! Fast wie Krausemünze und Muskatnuß und ein Lorbeerblatt dazu! Riech einmal!“
    Er blies ihr einen Mundvoll in das Gesicht und fragte triumphierend:
    „Na, he! Was sagst dazu?“
    Sie wehte sich verständnisvoll mit der Hand den Rauch an das Näschen und nickte bedeutsam:
    „Fein, sehr fein!“
    „Ja, der ist halt noch besser als dein Ei auf Butter. Jetzt nun werde ich mich aufmachen. Aber, fast hätte ich vergessen – was macht denn das vornehme Fräulein da drüben?“
    Er zeigte mit der Hand nach einer gegenüberliegenden Höhe, welche mit dem diesseitigen Felsen durch eine fast lotrechte Steinwand verbunden war, über deren scharfen Kamm sich wohl kein Mensch herüber oder hinüber gewagt haben würde.
    „Meinst die Mondsüchtige?“ antwortete sie. „Schau, bei der ist's halt gefehlt. Der Arzt hat ihren Eltern geraten, sie in die reine Luft des Hochgebirges zu bringen. Da sind sie da hinüber gezogen, aber es ist nicht besser geworden. Sie nachtwandelt noch ebenso wie früher.“
    „Was tut sie denn da?“
    „Sie steigt auf dem Berg herum und über die Felsen hinweg und hat dabei die Augen immer zu.“
    „Herrgott! Wenn sie nun halt abistürzt!“
    „Das tut sie nicht. Ein Nachtwandler fällt gar niemals nicht, außer wenn man ihn anruft. Wenn sie unterwegs jemand trifft, so darf dieser kein Wort sagen, um sie nicht aufzuwecken. Dann sagt sie allerlei Geheimnisvolles zu ihm, was er ist und was er denkt und was er erleben wird.“
    „Also eine Weissagende noch dazu?“
    „Ja.“
    „Hat sie dir auch bereits geprophezeit?“
    „Nein. Ich bin ihr stets aus dem Weg gangen.“
    „Daran tust recht. Die Mondsucht ist eine wunderhafte Krankheit, daran man nicht mit ordinären Finger greifen darf. Jetzt aber ist's genug, Leni. Die Pfeifen dampft, und die Sonn' geht hinab. Da muß ich nun auch abisteigen. Horch! Wer ist das?“
    Es schallte aus der Tiefe ein lauter, durchdringender Juchzer empor. Der Älpler ist da gewohnt, sofort zu antworten. Leni schritt an den Rand der Höhe vor, hielt die Hände rechts und links an den Mund, ein natürliches Sprachrohr bildend, und jauchzte wider:
    „Juhuuu! Holterroihoooo!“
    Es schallte von unten abermals herauf, und die Leni antwortete wieder. So erklang es mehrere Male herauf und hinab, bis man die Stimme von unten deutlich verstehen konnte:
    „Dirndl, laß dich's nicht grämen,
Du hast ja doch alls,
Hast ein wunderliebs Köpfchen
Und ein Kröpfchen am Hals!“
    „Ein Trutzgesangerl“, sagte Leni. „Diese Stimme kenn ich. Es ist der Jägernaz. Wart, ich werd ihm gleich antworten!“
    Naz ist die Abkürzung von Ignatius. Jäger bedeutet soviel wie Landgendarm, Flurschütz. Das Mädchen sang als Antwort hinab:
    „Du
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