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6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben

6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben

Titel: 6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben
Autoren: Lucy Gordon
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wollte gar nicht, dass er nachgab, das passte nicht zu ihm. Aber wie sollte er sich ihrer Meinung nach eigentlich verhalten? Sie kannte die Antwort selbst nicht.
    Einen Augenblick später verstärkte er ihr Unbehagen noch mit der Feststellung: „Indem ich meine Eltern jahrelang beobachtet habe, habe ich einiges über sanftes Nachgeben gelernt.“
    „Nein, bitte nicht. Du bist nicht wie Toni. Er ist glücklich damit; du wärst es nicht.“
    „Weißt du, was dein Problem ist?“, fragte er. „Du kannst nicht damit umgehen zu gewinnen.“ „Aber …“
    „Ich bin hungrig. Lass uns etwas essen“, wechselte er das Thema.
    Erst als sie ins Bett gehen wollten, schlug er vor: „Ich fahre dich lieber selbst zum Flugplatz.“ „Hältst du das für eine gute Idee?“
    „Vertraust du mir nicht? Befürchtest du, ich würde es mir in letzter Minute anders überlegen?“ Dieser Gedanke war ihr wirklich durch den Kopf gegangen. Noch während sie nach einer Antwort suchte, sagte er: „Mittlerweile habe ich etwas Besseres verdient.“
    „Mein Liebling, es tut mir leid. Ich wollte dir nicht unterstellen …“
    „Doch, das wolltest du“, bekräftigte er ohne eine Spur von Gereiztheit oder Ärger. „Du unterstellst mir immer irgendetwas. Eine Zeit lang war das auch berechtigt. Ich habe inzwischen einiges dazugelernt, was du leider noch nicht bemerkt hast.“
    „Doch, ich …“, begann sie und verstummte, als ihr die Wahrheit dämmerte. Sie hatte wohl gemerkt, dass er neuerdings viel entspannter war, aber sie hatte es sich nicht wirklich bewusst gemacht. Sie war zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen.
    „Vergiss es.“ Er zog sie fest an sich. „Morgen fahre ich dich zum Flugplatz, wenn du möchtest.“ „Natürlich will ich, dass du mitkommst – wenn es dich nicht zu sehr aufregt.“
    „Ich mache dir keine Schwierigkeiten“, versprach er.
    Celia küsste ihn liebevoll und reumütig. Auf einmal schien seine Traurigkeit auf sie überzuspringen. Sie spürte seine Angst, sie zu verlieren und sie zu verletzen.
    Ihr Herz floss beinah über vor Mitleid. „Mein Liebling, mein Liebling …“, flüsterte sie. Doch Worte allein reichten nicht mehr. Sie musste ihm auf andere Art beweisen, wie sehr sie ihn liebte. In der Nacht liebten sie sich so zärtlich und innig wie noch nie, so als hätten sie sich auf nie gekan nte Weise einander geöffnet. Ohne Worte schienen sie sich ihre tiefsten Geheimnisse anzuvertrauen. Sie entdeckten einander ganz neu und spürten die Tiefe ihrer Gefühle. Aber sie gestanden sich auch endlich ein, jeder für sich und ohne es auszusprechen, dass sie sich endgültig entscheiden mussten. Auch deshalb liebten sie sich in dieser Nacht noch leidenschaftlicher und intensiver als je zuvor. Als sie schließlich glücklich und erschöpft nebeneinander lagen, bat er sie leise: „Versprich mir, zu mir zurückzukommen – bis zum nächsten Mal.“
    Sie wusste, was er meinte. Offenbar hatte er sich damit abgefunden, dass es ein nächstes Mal geben würde. Sie hätte erleichtert sein können, doch seltsamerweise verursachte seine Bitte ihr nur neuen Schmerz und Kummer.
    „Natürlich komme ich immer zu dir zurück“, versicherte sie ihm liebevoll.
    Da er nicht antwortete, ließ sie die Finger über sein Gesicht gleiten, die hohe Stirn, das kräftige Kinn und die so überraschend weichen Lippen.

„Mein Liebling“, wisperte sie. Und dann noch einmal: „Liebling?“
    Er war eingeschlafen, ohne sie loszulassen. Tiefe Freude durchströmte sie. „Schlaf ruhig weiter, ich bleibe bei dir“, flüsterte sie.
    Während sie ihm behutsam durch das Haar fuhr, überlegte sie, warum sie das intensive Gefühl hatte, ihn beschützen zu müssen.
    Ich war im doppelten Sinn blind; wenn man die Menschen nicht sehen kann, vergisst man offenbar, was sie brauchen, schalt sie sich.
    Wie leicht wäre es, das Fallschirmspringen abzusagen und ihm zu erklären, sie hätte sich anders entschieden. Doch das konnte und wollte sie nicht. Ihr Leben lang hatte sie für ihre Unabhängigkeit gekämpft, war dabei oft genug verletzt worden, aber noch nie hatte sie daran gedacht, dass sie dabei auch andere verletzte. Diese Erfahrung hatte sie heute gemacht.
    Sie begriff, wie sehr er sich ihr ausgeliefert hatte. Sie könnte ihn viel mehr leiden lassen als er sie. Liebevoll küsste sie ihn. „Verzeih mir“, wisperte sie. „Verzeih mir das, was ich nicht ändern kann.“
    12. KAPITEL
    „Meine Mutter und du, ihr scheint die dicksten
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