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56,3° Im Schatten

56,3° Im Schatten

Titel: 56,3° Im Schatten
Autoren: Manfred Rebhandl
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langsam mit seinem umgehängten Lodenjopperl im Hubschrauber Platz nimmt. So unangreifbar wähnt er sich noch immer, dass er beim Einsteigen nicht einmal den Schädel eingezogen hat und ihn trotz seiner geringen Körpergröße die Rotorblätter fast geköpft hätten. Gut, dass er noch lebt, denkt sich der Biermösel erleichtert, ihm schwebt nämlich ein ganz anderes Ende für Zwerg Bumsti vor.
    Wie ein kreißender Berg hört sich an, was sich da im Biermösel zusammenbraut, wie ein blubbernder Vulkan kurz vor dem Ausbruch muss er auf die feinen Herren wirken. Die Feinfühligen von ihnen werden das drohende Beben bereits in ihren Zehenspitzen spüren, die unsensiblen Sparkünstler und Rotstiftakrobaten spüren gar nichts.
    Während die Rotoren der Hubschrauber sich mit krächzendem Motor immer schneller drehen, bringt auch der Biermösel seine Windmaschine auf Touren und schickt eine kleine Vorhut hinaus. Augenblicklich erfasst der noch sanfte Windstoß die Hubschrauber, die sich endlich mit schweren, herabhängenden Flügeln, gepeinigt von der Hitze und niedergedrückt von der gnadenlosen Sonne, in die Lüfte erheben. Und während die ersten Stahltropfen zu Boden fallen, die sich von den langsam schmelzenden Ungetümen lösen, zündet der Biermösel Stufe zwei, und das bedeutet: So wild hat seine Mutti mit dem Franzosen nicht getanzt, wie die drei Hubschrauber dann unter seinen Winden in der Luft zu tanzen beginnen, zuckend­ und schnaubend, hin und her gerissen von seiner furchtbaren Musik.
    In den Lärm der Rotorblätter und in das Donnern und Grollen aus seinen Därmen mischt sich dann zunächst kaum hörbar, schließlich immer lauter und sich zum vielstimmigen Choral ausweitend der widerständige Singsang der Flüchtlingsfamilie Bolivár aus den Anden, die mit ihren Panflöten und Mondgesichtern und in ihre bunten Strickjacken gehüllt immer näher kommen und ihr „No nos moverán!“ singen.
    Endlich einer, der sich nicht in die Hosen scheißt vor einem unterdrückerischen Schurkenregime samt folterndem Innenminister, werden sie sich bewundernd über ihn denken, sondern einer, der mit der ganzen Kraft seiner Gase dagegenhält, das gefällt ihnen.
    Sie haben ihn, schätzt der Biermösel die Lage dann nüchtern ein, sogar schon zu ihrem Gott erkoren, weil sie sich vor ihm niederknien und seine furchtbar verbrannte Rückseite anbeten (oder jedenfalls anstarren), und das ist nach allem, was ihm in den letzten Jahren im Dienst passiert ist, endlich einmal eine erfreuliche Nachricht. Nach dem ganzen Ärger, den er in seinem Leben schon gehabt hat, lässt er sich jetzt wirklich gerne anbeten, da ist er ganz Jason Castelli im Dschungel von Kongolien.
    Weil er aber ein gütiger Gott ist, wird er ihnen im Gegenzug anbieten, dass er noch heuer ein munteres Sommer-Festival für sie ausrichten wird, und zwar im bereitstehenden Bierzelt, das heuer sonst keine Verwendung finden wird, wo sie sich anziehen dürfen, wie sie wollen, und in dem es keine roten Spitznasen und blonden Schnauzbartträger gibt, die mit ihnen den Watschentanz aufführen, und erst recht keinen Chef vom Ganzen, der ihre Hand schütteln will, weil sie dann alle nicht mehr leben werden, denn jetzt endlich ist es so weit, Stufen drei, vier, fünf – Feuer! Feuer! Feuer!
    Und hoppala, plus 56,3 ° im Schatten.
    * Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund, Musik/Text: Jean Frankfurter, Robert Jung (1981)

Plus 56,3 ° im Schatten
    Du meine Güte, wenn er bedenkt, dass er nur grillen wollte!
    Erschöpft wie die Elefantenkuh nach der sehr schweren Drillingsgeburt, liegt der Biermösel dann im Wöchnerinnenbett und atmet ein paarmal kräftig durch, eine leichte Geburt war das bei Gott nicht, die er gerade abgeliefert hat, aber eine sehr schöne.
    Die drei Hubschrauber liegen weit verstreut in der Gegend herum, er sieht lodernde Feuer inmitten lodernder Feuer, bravo. Und er sieht den abgerissenen Kopf vom Chef vom Ganzen, der dort irgendwo herumliegt, gut schaut er nicht aus, aber gut hat er auch vorher nicht ausgeschaut. Und ist das da drüben nicht der Innenminister, fragt er sich, der im Todeskampf noch immer unverdauliche Kommunistenasche herauswürgt? Na freilich ist er das! Und jetzt, wo ihm kein schwarzer Verhörsack mehr über den Schädel hängt, fällt dem Biermösel auch wieder ein, woher ihm die Stimme von dem alten Kommunistenfresser so bekannt vorgekommen ist: Das ist ja der Ausbildner aus der Gendarmerieschule oben in Linz, der ihn schon damals in
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