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50 Rituale für das Leben

Titel: 50 Rituale für das Leben
Autoren: Anselm Gruen
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wie es um uns steht. Oft beobachte ich, wie Menschen, die einen Vortrag zu halten haben, von einem Bein auf das andere tänzeln oder sich am Pult festklammern. Der Leib drückt ihre Unsicherheit aus. Aber der Leib – so sagt Graf Dürckheim, durch den ich in den siebziger Jahren die Bedeutung meines Leibes neu entdeckt habe – ist auch ein Instrument menschlicher Selbstwerdung. Wir können durch Übungen im Leib innere Haltungen einüben.
    Durch ein gutes und gesundes Stehen können wir nicht nur äußerliches Stehvermögen erwerben, sondern auch inneres. Und das ist nichts anderes als Selbstvertrauen, als Selbstwertgefühl. Dabei ist wichtig, dass wir uns nicht aufplustern. Manche werfen sich dann in die Brust. Doch wenn wir richtig stehen, haben wir unsere Mitte nicht im Brustbereich – der steht eher für das eigene Ego, das wir in den Mittelpunkt stellen –, sondern im Unterbauch (auf Japanisch Hara genannt).Wer im Hara steht, wer im Unterbauch seine Mitte hat, der ist durchlässig für etwas Größeres, letztlich für Gott. Nur wenn wir uns selbst nicht in den Mittelpunkt stellen, sondern durchlässig sind für Christus, bekommen wir wahres Selbstvertrauen. So ist die körperliche Haltung zugleich eine Einübung, das Ego loszulassen und in die eigene Mitte zu gelangen, in der wir in uns und zugleich in Gott ruhen und durchlässig sind für Jesus Christus.

    Stell dich aufrecht hin, die Füße etwa in Hüftbreite auseinander. Dann sprich dir die Sätze vor: «Ich habe einen Standpunkt. Ich stehe
etwas durch. Ich stehe für mich ein. Ich stehe zu mir.»
Wie fühlst du dich dabei?
Stimmen die Sätze in dieser Haltung?
Dann stell dich bewusst eng hin
und ziehe die Schultern nach oben. In diese Haltung kannst du dich gleichen Sätze sagen. Du wirst spüren, dass sie nicht stimmen.
Wenn du dich
breitbeinig hinstellst, werden dich die Sätze eigenartig berühren. Es ist kein klarer Standpunkt, sondern ein Standpunkt, der verschwimmt. Und das
Durchstehen ist zu gewollt.
Dann stell dich wieder in der mittleren Haltung hin. Stell dir vor, dass du wie ein Baum deine Wurzeln tief in die Erde
eingräbst. Du stehst wie ein Baum, den der Wind hin und her bewegt, aber nicht umwirft. In dieser Haltung kannst du dir Menschen vorstellen, bei denen
es dir schwer fällt, du selbst zu bleiben. Wenn sie dich kritisieren, fällst du leicht um.

    In dieser Haltung erahnst du, was es heißt, auch vor scheinbar mächtigen Menschen zu dir zu stehen und ganz du
     selbst zu sein. Es ist gar nicht so anstrengend. Du brauchst nur in dir selbst zu stehen. Dann wirft dich kein Sturm und kein Unwetter um.
47. «ICH BIN ICH SELBER»
    Selbstvertrauen zu gewinnen ist für viele Menschen eine ganz schwierige Aufgabe. Es gibt in der Bibel dazu eine Geschichte, die in diesem Zusammenhang hilfreich ist. Christus sagt nach seiner Auferstehung zu den Jüngern, die auf sein Eintreten in ihren Kreis mit Angst reagierten: «Ich bin es selbst.» (Lk 24,39) Im Griechischen steht hier: «Ego eimi autos.» Das hat eine tiefere Bedeutung. Denn «autos» ist für die stoische Philosophie das innere Heiligtum des Menschen, der innere Kern, das wahre Selbst. In der Auferstehung ist Jesus zu seinem wahren Selbst geworden.

    Menschen, die Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl haben, rate ich, folgendes Ritual zu üben:
Sie sagen sich immer wieder vor:
     «Ich bin ich selber.» Sie werden spüren, dass Sie oft nicht Sie selber sind. Wenn Sie in einen Raum kommen, passen Sie sich an, damit Sie dort angenommen
     werden. Wenn Sie in einem Gespräch sind, geben Sie sich so, dass die anderen mit Ihnen zufrieden sind. Sie richten sich nach deren Erwartungen. Nehmen Sie
     es sich ganz konkret vor, sich tagsüber immer wieder einmal vorzusagen: «Ich bin ich selber.»
Sagen Sie sich diesen Satz, wenn morgens der Wecker
     schellt. Dann werden Sie nicht von den Terminen bestimmt, die an diesem Tag auf Sie warten. Sie werden innerlich frei aufstehen.

    Sagen Sie sich diesen Satz, wenn Sie in ein Gespräch mit dem Chef oder wenn Sie in eine Sitzung gehen. In dem Augenblick,in dem Sie sich das Wort vorsagen, fühlen Sie sich frei. Ob Sie diese innere Freiheit während der ganzen Sitzung durchhalten können, ist nicht so wichtig. Zumindest beginnen Sie die Sitzung anders. Und auch der Tag wird anders sein.
    Und irgendwann wird diese innere Freiheit Ihnen immer mehr in Fleisch und Blut übergehen. Es geht nur darum, es kontinuierlich zu üben und sich diesen Satz vorzusagen: «Ich
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