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5 Tage im Sommer

5 Tage im Sommer

Titel: 5 Tage im Sommer
Autoren: Kate Pepper
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später.«
    Er schickte ihr übers Telefon einen hörbaren Kuss, was er nur machte, wenn es noch ruhig im Restaurant war. Auch wenn das Madison Square Café ihn nicht als neuen geschäftsführenden Direktor anstellen würde, würde er sich im geschäftigen Tohuwabohu bei Rolfs weiterhin wohl fühlen, das wusste sie genau. Obwohl sie ihr Traumhaus dann abschreiben mussten.
    Sie beendete das Gespräch und ließ das Handy wieder in ihre Handtasche fallen. Ein Schatten zog über sie hinweg, und in der Erwartung, dass die Wolken sich wieder zusammengezogen hatten, blickte sie hinauf in den Himmel. Sie registrierte gerade noch, dass er blau war, bevor ein ätzender Lappen auf ihr Gesicht gepresst wurde. Dann wurde es dunkel.

KAPITEL 2
    E s war schon fast Mitternacht, als Will zu Hause anfing zu kochen. Der süßliche Geruch gebratener Zwiebeln erinnerte ihn an seine Junggesellentage, als Mahlzeiten zu den unmöglichsten Zeiten stattfanden und man nie wusste, wann die nächste sein würde. Damals hatte er meistens in jeweils dem Restaurant gegessen, in dem er gerade arbeitete. Als aufstrebendem Schauspieler hatten ihm Gratismahlzeiten und nicht zu versteuernde Trinkgelder geholfen zu überleben. Inzwischen hatten vertane Jahre in dieser Tretmühle seine Sehnsucht nach den Bühnenbrettern gedämpft, und er wusste, was ein guter Job mit Vergünstigungen und Zukunftschancen wert war. Genauso wusste er nun eine Mahlzeit in der ruhigen Geborgenheit eines richtigen Zuhauses zu schätzen. Hier zu kochen hatte nichts mit Kunst zu tun; es war Heimat. Obwohl ihm Emily und die Kinder während ihrer langen Sommerferien fehlten und er sie jedes Mal besuchte, wenn er dem Restaurant ein paar Tage lang fernbleiben konnte, ging doch nichts darüber allein in der Küche zu stehen und zu kochen. Gedankenverloren sah er auf die Pfanne, in der die Zwiebeln langsam braun wurden. Jeans, Kochen, Musik; so könnte er ewig jung bleiben. Heute Abend waren es Louis Armstrong und Jack Teagarden, deren kratzige Stimmen sich vermischten.
    Als er das Gemüse klein schnitt, riefen das Kochen und die Musik und sogar die kalten Küchenfliesen unter seinen bloßen Füßen ein Gefühl wach, das er nicht entschlüsseln konnte. Doch das war nichts Neues für ihn. Es war Teil eines Lebens, an das er sich nicht mehr erinnern konnte. Das Leben vor dem Tag vor sechsunddreißig Jahren. Dem Tag, an dem seine Eltern bei einem Autounfall gestorben waren. Er war gerade vier gewesen, seine Schwester Caroline neun. An manchen Tagen prasselten Salven von Déjà-vu auf ihn ein, Fetzen von Bildern, die er doch nie vervollständigen konnte. Er hatte gelernt, dass das Einzige, was half, Ablenkung war. Dennoch blieb ein Eindruck des Losgelöstseins. Und so war er als junger Mann in Emilys Arme geschwebt, sie hatte ihn verankert. Nun, als Vater und Ehemann hatte er entdeckt, dass seine Fähigkeiten vielfältiger waren, als er gedacht hatte. Offensichtlich hatten ihm seine Eltern doch mehr mitgegeben, als ihm bewusst gewesen war.
    Will und Emily lebten bereits seit sechzehn Jahren in dieser Wohnung, seit ihrer Studentenzeit. Sie war schon vor Jahren zu klein geworden, aber erst jetzt, oder doch zumindest bald würde ihr Einkommen ihnen einen Umzug erlauben; in zwei Tagen würde er es mit Sicherheit wissen. Der neue Arbeitsvertrag war der erste Schritt auf dem Weg zu ihrem eigenen Haus. Er sah seine neue Küche bereits vor sich: eine Kochmulde von Viking mit sechs Brennern, ein Doppelbackofen, Arbeitsplatten aus Granit und Einbauschränke aus hellem Holz, vielleicht Birke. In diesem Haus würden sie ihre Kinder groß ziehen, bis sie erwachsen waren. Und wenn sie beide alt waren, Emily und er, würden sie sich auf dem Cape zur Ruhe setzen.
    Will nahm eine Hand voll Brechbohnen aus dem Sieb, legte sie in einer Linie auf dem Schneidebrett aus und schnitt erst das eine Ende ab und dann das andere. In einer Glasschüssel hatte er einen Regenbogen aus Karottenscheiben, gelber Paprika und Brokkoliröschen arrangiert. Dann schaute er nach dem Wasser für die Pasta: Eine Blase waberte auf dem Topfboden, war aber noch nicht an die Oberfläche gesprudelt. Er schloss den Deckel, rührte in den Zwiebeln und setzte sich, um einen Blick in die Zeitung zu werfen. Der vordere Teil war voll von den immer gleichen Geschichten, innenpolitischen Problemen und Krisenherden im Ausland. Nach einem kurzen Durchblättern legte er die Zeitung beiseite.
    Sams Zeichnung drohte sich von der Wand zu lösen.
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