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48 - Die Fehde von Antares

48 - Die Fehde von Antares

Titel: 48 - Die Fehde von Antares
Autoren: Alan Burt Akers
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seltsamen Orten und Tieren, die den Horizont eines einfachen Seemanns bei weitem überfordern. In diesen unheimlichen Alpträumen sieht er gelegentlich das unscharfe Abbild einer Frau, die ihn in schwer verständlicher Weise tief im Innern berührt und für die er, ohne den Grund dafür bestimmen zu können, sofort sein Leben gäbe.
    Bei Beginn unserer Geschichte dient er als Erster Offizier auf der Roscommon, einem Vierundsiebzig-Kanonen-Schiff Seiner Britannischen Majestät.
    Zu diesem Zeitpunkt seines Lebens sieht Dray Prescot auf der Erde keine Zukunft mehr für sich.
    Alan Burt Akers



1
     
     
    Ich, Dray Prescot, Erster Leutnant auf der Roscommon, einem Vierundsiebzig-Kanonen-Schiff Seiner Britannischen Majestät, sprang unserem Midshipman Mr. Simpkins zu Hilfe, der sich ausgerechnet in dem Augenblick in der Takelage verhedderte, da die Großbrahmstenge brach und auf ihn herabstürzte.
    Der Sturm hielt das Schiff fest in den Klauen, und das Deck wippte wie die schwingenden Hüften wunderschöner tahitianischer Tänzerinnen. Simpkins schrie ununterbrochen, doch im Mahlstrom der Geräusche glichen seine Schreie dem leisen Miauen eines Kätzchens. Die zügellose Wut des Windes trommelte auf unsere Sinne ein, raubte uns den Atem und quetschte unser Hirn wie mit glühenden Folterzangen zusammen.
    Doch jetzt war nicht der Zeitpunkt, dem nachzugeben. Ich rutschte auf den wasserüberspülten Decksplanken aus und hätte Simpkins um ein Haar verfehlt; er war ein pickelgesichtiger Jüngling, dem Angst die Sinne vernebelte. Ich riß den Körper mit einem wilden Ruck herum und griff nach dem Jungen. Sein Arm fühlte sich an wie das Bein eines Spatzen.
    »Komm her, Junge!«
    Eine gewaltige Welle schlug über der Reling zusammen und ließ uns hilflos umhertaumeln. Doch die Gewalt des Wassers unterstützte meinen verzweifelten Ruck, und Simpkins kam in genau dem Augenblick frei, in dem die Stenge auf die Planken krachte.
    Der Aufprall übertönte das tobende Chaos des Sturms.
    Die Großbrahmstenge schleuderte, noch immer vom Takelwerk gehalten, unkontrollierbar und gemeingefährlich über Deck. Sie federte in die Höhe, schlug leeseits aufs Schanzkleid, zerbrach in zwei Teile und verschwand inmitten eines Knäuels zerreißender Taue über der Seite. Ich ging nicht davon aus, daß wir die Rah endgültig los waren, o nein! Das verdammte Ding würde wie ein Pendel zurückschwingen, und ich hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, als der erste durchdringende Stoß den Schiffsrumpf zum Erzittern brachte.
    »Schafft das Gerümpel da vorn weg!« brüllte ich mit der weitreichenden alten Vordecksstimme, um mich gegen die tobenden Elemente durchzusetzen. Der nächste Stoß ließ die Männer springen – allerdings nicht so sehr wie der befehlende Zwang meines unbeherrschten Rufs, wage ich zu behaupten –, und sie näherten sich vorsichtig der Masse aus Takelwerk und Blöcken. Wenn wir nicht schnell etwas unternahmen, würde die Großbrahmstenge den Schiffsrumpf durchbohren.
    Alles drehte sich im Kreis, wir schaukelten auf und nieder. Die Matrosen waren zu Recht vorsichtig. Überall schlängelte sich Tauwerk über die Planken, das nur darauf wartete, sich um einen unvorsichtigen Mann winden zu können wie eine dieser im Dschungel lauernden verdammten Pythonschlangen. Äxte hoben und senkten sich, scharfe Schneiden schlugen zu. Das Tageslicht, im Aufruhr der Elemente ein geisterhaftes blutrotes Glühen, schwand langsam, und das Leben eines Mannes war nicht viel wert im Vergleich mit einem Linienschiff Seiner Majestät. Ob nun Erster Leutnant oder nicht, war ich nicht Dray Prescot? War ich Offizier geworden, damit ich meine Mitmenschen in die Gefahr schickte, während ich in Sicherheit blieb? Nun, unter gewissen Umständen entsprach das genau den Tatsachen. Aber nicht in diesem Augenblick. Während Simpkins zusammenbrach, schnappte ich mir eine Axt und stürzte mich auf das Trümmergewirr.
    Der Klumpen aus Tauen und Holz verlagerte sich auf gefährliche Weise; es galt, schnell auf den Füßen zu sein. Ein verheddertes Tau nach dem anderen wurde durchtrennt. Die entfesselten Stöße der über Bord gegangenen Großbramstenge waren wie die Schläge einer gigantischen Trommel, die uns antrieb.
    Wir hatten in dem Gefecht mit dem Achtzig-Kanonen-Schiff der Franzosen schwere Treffer hinnehmen müssen; noch immer war nicht alles Blut von den Planken gewaschen worden. Garantiert hatte es Einschüsse unter der Wasseroberfläche gegeben,
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