Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
48 - Die Fehde von Antares

48 - Die Fehde von Antares

Titel: 48 - Die Fehde von Antares
Autoren: Alan Burt Akers
Vom Netzwerk:
obwohl sich die Froschfresser ihrer gewohnten Taktik bedient und auf Takelwerk und Spiere gehalten hatten. Nun, der Monsieur hatte Erfolg gehabt. Die beim Kampf beschädigte Großbramstenge war in die Tiefe gefallen; die Kreuzbramrah hatten wir bereits früher verloren. Regen peitschte uns ins Gesicht und spülte den Schweiß fort. Die Männer sahen aus wie eine verrückte Affenhorde aus der Hölle. Aber wir hackten und schnitten, sprangen zurück und wichen aus, und die ganze Zeit über drehte sich das Schiff und stieß die verdammte, über Bord gegangene Holzstange gegen den Rumpf.
    Als ich zurücksprang, um gerade noch rechtzeitig einem durchtrennten Tau auszuweichen, dessen heranpfeifendes Ende mich glatt guillotiniert hätte, erschien Kapitän Parsons an meiner Seite.
    »Erledigen Sie das, Mr. Prescot! Diese Rah wird ein Loch in unseren Rumpf stoßen, wenn Sie hier herumtrödeln.«
    Parsons war völlig inkompetent. Auf seinen Befehl gab es nichts zu erwidern außer einem markigen »Aye, aye, Sir«, und ich stürzte mich wieder mit erhobener Axt auf die Takelage.
    Eines durfte man nie vergessen – in Kapitän Parsons Innern schwelte ein gemeingefährlicher Jähzorn. Er gehörte zu den berühmten ›verrückten‹ Kapitänen der Royal Navy. Auf seinem Schiff war der Kapitän der allmächtige Gott. Auf gewisse Männer übte diese Macht einen ganz bestimmten Einfluß aus und korrumpierte sie auf schleichende Weise, bis sie am Ende so verrückt wie Märzhasen waren. Zweifellos beschleunigten die schrecklichen Lebensbedingungen der unter ihrem Befehl segelnden Männer und die beinahe unerträgliche Last eines Kommandos im Dienste einer Perfektion verlangenden Admiralität den Prozeß geistigen Verfalls noch mehr.
    Das alles war der Grund dafür, daß ich, der einfache Dray Prescot, einen weiten Bogen um den Kapitän machte und seine Wutausbrüche mit allem mir zur Verfügung stehenden Gleichmut ertrug.
    Glücklicherweise ließ der Sturm bei Anbruch der Nacht nach. Die mit hellen Wellenkämmen gesprenkelte See verlor an Kraft. Ich spornte die Männer zu neuen Anstrengungen an, ging Risiken ein, um zu den untrennbar ineinander verschlungenen Tauen vorzudringen, hackte das Wirrwarr entzwei und wurde schließlich von dem Anblick belohnt, wie die Großbrahmstenge uns auf lebensgefährliche Weise aus der See entgegenschnellte und uns zum Zurückspringen zwang, bevor sie das durchschnittene Tauwerk mit sich riß und endgültig verschwand. Ich nahm einen tiefen Zug der sturmgewaschenen, erfrischenden Luft, die alle Düfte der See mit sich trug. Die ganze Zeit über führte der verrückte Kapitän seinen Monolog weiter, eine Tirade aus Drohungen und Versprechungen, was er hinsichtlich der an Bord herrschenden Disziplin zu unternehmen gedachte.
    Als wohlbeleibter Mann mit rosigem Gesicht sprach er mit einer weinerlichen, näselnden Stimme. »Wenn Sie die Güte hätten und eine Behelfsrah anschlagen würden, Mr. Prescot. Und zwar zügig!« sagte er, nachdem er mir einen finsteren Blick zugeworfen hatte.
    »Aye, aye, Sir.«
    Zum Teufel mit dem verdammten Kerl!
    Mr. Harcourt, der Zimmermann, dem von seinen Anstrengungen der Schweiß in Strömen hinabrann, wandte den Kopf ab; mir war der Ausdruck reiner Verachtung auf dem mahagonifarbenem Gesicht nicht entgangen. Ich tat so, als hätte ich es nicht bemerkt. Mr. Brace, der Bootsmann, brüllte die in seiner Nähe stehenden Matrosen an, die sich nach Atem ringend das mit Schweiß vermischte Regenwasser von den Gesichtern wischten. Wenn ein Schiff des Königs durch französischen Beschuß das obere Takelwerk verloren hatte, dann – bei Gott, Sir! – mußte es auf der Stelle durch eine Nottakelung ersetzt werden.
    Auf einem Schiff der Royal Navy gibt es keine Ruhepause, bis alle Dinge, die erledigt werden müssen, auch erledigt sind. Und natürlich muß alles tadellos sein.
    Ich gab dem Zweiten und dem Dritten Offizier ihre Befehle; bei dem Zimmermann konnte ich mir das sparen, der würde zusammen mit dem Bootsmann schon alles Nötige in Angriff nehmen. Da fiel mir auf, daß der Sturm abgeflaut war. Die Nachtluft war unbewegt. Offensichtlich gab es da jemanden, der Mitleid mit uns armen Seeleuten hatte.
    Am Himmel leuchteten die Sterne. Ich holte tief Luft und sah in die Höhe. Wie immer wurde mein Blick wie hypnotisiert von dem Sternbild des Skorpions mit seinem arrogant aufgerichteten Schwanz angezogen. Dort loderte der rote Stern Alpha Scorpii, Antares, wie ein aus der Ferne
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher