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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra
Autoren: Karl May
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diesen Namen, er ist wirklich der Kraftvolle, denn er hat sich selbst besiegt, er ist der Beschützer, denn er hat mich vor sich selbst beschützen wollen. Wie schwer muß es ihm geworden sein! Und wie schwer wird es mir werden – vielleicht unmöglich, nun erst recht unmöglich!“
    Er hatte ihr ausbrechendes Schluchzen noch unter der Tür gehört, aber er kehrte nicht um. Er trat in die Umzäunung und bestieg sein Pferd. Er befestigte das Sturmband seines Hutes straff unter dem Kinn, warf die Flinte über den Rücken, zog sein Pferd vorn empor und gab ihm die unbespornten Fersen. Mit einem kühnen Sprung setzte es, den Ausgang vermeidend, über die hohen Planken hinweg und flog im Galopp gerade auf das Wasser zu. Dort warf es sich in die tiefen Fluten des Rio Puercos und schwamm an das andere Ufer. Er achtete die Nässe nicht, welche seine Kleider durchdrang, und auch des Sturmes nicht, der ihm entgegenheulte. Mitten in der Prärie endlich stand das Pferd. Er sprang ab und warf sich zu Boden, um das erschöpfte Tier ruhen und grasen zu lassen, er hatte seiner Liebe entfliehen wollen, ohne gewiß zu sein, ob dies überhaupt möglich sei.
    Der freundliche Leser weiß nun wohl, daß dieser Mann kein anderer war als Gerard, der Pariser Garotteur, den Alfonzo de Rodriganda einst mit nach Deutschland genommen hatte, um durch ihn die Gräfin Rosa töten zu lassen. Aus dem einstigen Sünder war ein Bußfertiger geworden, aber nicht ein Büßender im Sack und in der Asche, der elend seine Tage verjammert, sondern ein Büßer mit der Büchse in der Faust, der es sich zur Aufgabe gestellt hatte, das Verbrechergesindel der Savanne auszurotten. Er hatte es vorgezogen, Resedilla zu verschweigen, daß er selbst es sei, den man allgemein den ‚Schwarzen Gerard‘ nenne.
    So hatte er, ohne zu wissen wieviel Zeit, lange, lange dagelegen. Sein Pferd hatte sich sattgefressen und lag nun still im Gras. Da plötzlich sprang es auf, sträubte die Mähne und stieß glühenden Auges jenes Schnauben aus, welches dem Besitzer ein sicheres Zeichen ist, daß sich ein Mensch oder irgendein feindliches Wesen naht.
    Sofort schnellte auch Gerard empor und überflog mit scharfem Auge die ebene Prärie. Er bemerkte einen Reiter, welcher im Galopp gerade auf ihn zugesprengt kam. Seine erst so gespannten Züge nahmen den Ausdruck der Befriedigung an.
    „Beruhige dich!“ rief er dem Pferd zu. „Es ist ‚Bärenauge‘, unser Freund.“
    Das Pferd hatte den Namen so gut verstanden, daß es sich augenblicklich wieder niederlegte und kein weiteres Zeichen von Unruhe gab.
    Der Nahende war von einem Kenner bereits von weitem als ein Indianer zu rekognoszieren. Er trug zwar nicht indianisches Kostüm und wilden Rabenfederschmuck, sondern die neumexikanische Kleidung, aber seine weit vorn auf dem Hals des Pferdes liegende Gestalt bezeichnete ihn mit Sicherheit als einen Roten. Nur ein langjähriger Savannenmann reitet auf diese Weise.
    Er sprang, bei dem Wartenden angekommen, mit einem einzigen Satz und im völligen Galopp vom Pferd. Er wußte, daß sein weiterstürmendes Tier in einem Bogen zu ihm zurückkehren werde. Jedenfalls handelte es sich hier um ein Stelldichein, und es war ein Beweis für den scharf ausgeprägten Ortssinn der beiden Männer, daß sie sich so präzis auf einem freien Punkt der offenen Prärie zu treffen wußten. Weniger erfahrene Jäger hätten dies nicht fertiggebracht.
    Der Indianer war noch jung, und jemand, der einst mit ‚Bärenherz‘ bekannt gewesen war, der hätte wohl zwischen beiden eine große Ähnlichkeit konstatieren müssen.
    „Mein roter Bruder hat lange auf sich warten lassen“, sagte der Franzose.
    „Glaubt mein weißer Bruder, daß Schosheinta nicht reiten kann?“ antwortete der Indianer. „Ich bin lange geblieben, weil ich lange lauschen mußte.“
    „Lauschen? Wo?“
    „Ich war in Paso del Norte bei Juarez, dem Häuptling der Mexikaner, um ihm zu sagen, daß ich ihm fünfhundert tapfere Apachenkrieger bringen werde, um Chihuahua wieder zu nehmen. Ich sagte ihm, daß ich meinen weißen Bruder hier treffen werde, und er bat mich, dir zu sagen, daß du Señorita Emilia besuchen solltest.“
    „Ich werde es sogleich tun, denn ich selbst halte es für notwendig.“
    „Wie lange wirst du bleiben?“
    „Ich weiß es nicht; vielleicht eine Woche.“
    „So wirst du mich in Paso del Norte finden. Ich ritt über die Sierra del Diablo (Teufelsgebirge) und war bereits dem Fluß nahe, als ich die Spuren dreier
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